Undertaker Bd.1 - Der Goldfresser (Xavier Dorison, Ralph Meyer)

Verlag: Splitter-Verlag; (Mai 2015)
Gebundene Ausgabe: 48 Seiten; 14,80 €
ISBN-13: 978-3958391277

Genre: Western


Klappentext

Jonas Crow, so sein offizieller Name, ist ein „Undertaker“, ein Leichenbestatter. Auf seinem Leichenwagen bereist er all jene dunklen Orte, wo seine Dienste gebraucht werden. Eines Tages wird er nach Anoki City gerufen, zu einem gewissen Cusco, dem reichen Besitzer einer Goldmine, der ihn darum bittet, sich um seine Bestattung zu kümmern – die für den nächsten Tag vorgesehen ist! Jonas Crow soll Cuscos Leiche überführen, der seinen Selbstmord plant und zuvor seine kostbaren Goldnuggets verschlucken will. Eine dramatische Reise beginnt....


Rezension

Jonas Crow ist ein Mann der seinen Weg alleine durch den Westen geht. Begleitung lehnt er ab. In seinem Geschäft vielleicht auch nicht unbedingt hinderlich. Denn er ist ein Leichenbestatter, wo immer er gebraucht wird, taucht er auf, richtet die Toten her und kassiert sein Geld. Sein neuester Auftrag führt ihn nach Anoki City. Bevor er allerdings die Reise antritt, bricht er selbst eine seiner Regeln und nimmt einen Geier als Mitfahrer auf seine Kutsche auf. In der Stadt angekommen, eröffnet ihn Cusco, sein Klient und reicher Goldminenbesitzer, er werde in der folgenden Nacht sterben und wünsche in seiner ersten Mine begraben zu werden. Für Crow kein Problem, für Cuscos Hausdame schon. Die kann ihn jedoch nicht von seinem Plan abbringen. Und damit steht Jonas Crow mit einer Leiche da, deren Transport zwar beschlossen ist, die ihn aber eine Menge Ärger einbringt und hinter deren Überführung mehr steckt als eine einfache Beerdigung.

Nach Long John Silver und damit einer der legendärsten Figuren der Literatur und einer dank Fluch der Karibik erneut populären Epoche beschäftigt sich Xavier Dorison mit einem anderen ikonischen Genre, dem Western. Innerhalb des Genres etwas vollkommen Neues zu erzählen, ist ziemlich schwer. Xavier Dorison unternimmt folgerichtig erst gar nicht den Versuch das Rad neu zu erfinden, sondern er nimmt viele Elemente des klassischen und des Italo-Westerns und mischt sie neu, ordnet sie auf andere Weise an. Es gibt, wie so häufig, den brutalen Hilfssheriff, eine schöne Frau, den geheimnisvollen Helden, der etwas verbirgt und ein Ereignis, welches all diese Personen aufeinander prallen lässt und für große Unruhe in der Goldgräberstadt sorgt. Die Frage ist nur, wie das Ganze präsentiert wird und dafür hat sich Xavier Dorison etwas einfallen lassen, um alles möglichst frisch und neu wirken zu lassen.

Sein Jonas Crow ist auf den ersten Blick noch nicht einmal der typische Antiheld, wie der namenlose Reiter, der z.B. oft von Clint Eastwood verkörpert wurde, sondern ein Leichenbestatter. Ein Beruf, der es ihm ermöglicht, unbeachtet durchs Land zu ziehen und seine Ruhe zu genießen. Das es dabei nicht bleiben kann und seine wahre Identität entdeckt wird, dürfte jedem Westernfan klar sein. Aber auch hier ist die Frage wie. Und solche Auflösungen und Rätsel beherrscht Xavier Dorison, wie er zuvor bereits bei Long John Silver bewiesen hat. Seine Geschichte ist spannend und zeichnet ein düsteres, dreckiges Bild des Westens, wo jeder sich selbst der Nächste ist und bereit ist über Leichen zu gehen. Wenn es auch ein, zwei Ausnahmen gibt. Jonas Crow ist dabei ein recht zwiespältiger Charakter. Zum einen ist er auf seinen Vorteil bedacht, auf sein Überleben und schreckt nicht davor zurück sich notfalls mit Gewalt durchzusetzen, andererseits ist er unerwartet hilfsbereit und gesetzestreu.

Zumindest so weit es bis jetzt absehbar ist. Dabei ist er ein gesuchter Verbrecher. Sein Charakter ist dadurch relativ komplex angelegt und erinnert fast an einen Long John Silver. Dorison scheinen solch vielschichtigen Figuren zu liegen. Ansonsten haben die anderen auftauchenden Personen ebenfalls einiges zu bieten und zeigen jeweils einzelne Facetten ihrer Persönlichkeit in einer Welt die rau, dreckig und gewalttätig ist. Teilweise erinnert die Inszenierung Undertakers – Der Goldfresser an die Filme der Dollartrilogie oder die ersten Djangos. Eine ähnlich hoffnungslose, staubige und trostlose Atmosphäre wird in diesem Comic gezeichnet und tut Geschichte und Charakteren richtig gut. Somit könnte Undertaker einer der großen Western in Comicform werden. Xavier Dorison ist jedenfalls zuzutrauen, dass er das Niveau in Charakterzeichnung und Handlung hält. Leider ist die Geschichte nicht zu Ende erzählt und es heißt nun, ungeduldig auf den zweiten Band zu warten.

Während Ralph Meyers Zeichnungen bei Asgard nicht so recht zu überzeugen wussten, sind sie bei Undertaker bedeutend besser aufgehoben und ergänzen die Geschichte. Sein Stil ist immer noch kantig und nicht ganz so ausgearbeitet wie bei manch anderer Serie von Splitter, allerdings erfüllen sie damit genau die Erfordernisse der Geschichte, die ebenso hart und kantig ist. Emotionen sind in den viel detaillierteren Gesichtern als noch bei Asgard ablesbar. Kämpfe und Actionszenen sind von der nötigen Rasanz und Spannung geprägt. Zwar scheut Meyer weiterhin vor Experimenten im Aufbau zurück und bevorzugt eine klassische Panelaufteilung, die aber hier gut zur Geschichte passt. Undertaker ist ein harter, blutiger Western, ohne Schnickschnack oder besonderes Brimborium und so müssen auch die Zeichnungen sein. So vermag Ralph Meyer dieses Mal die Geschichte mit seinen Bildern zu tragen und voranzutreiben.

Als Bonusmaterial ist ein Portfolio enthalten, welches die vielleicht besten Zeichnungen Ralph Meyers beinhaltet.


Fazit

Ein Western wie aus einem Sergio Leone Film. Undertaker ist hart, dreckig und randvoll mit zwielichtigen Gestalten, die alle meist weit jenseits von Gut und Böse sind.


Pro & Contra

+ Jonas Crow ist vielschichtig
+ spannend
+ gute, gelungene Zeichnungen von Ralph Meyer

Bewertung:

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4/5
Zeichnungen: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5


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