Titelillustration von Geoff Taylor
Titelgestaltung von Nele Schütz Design, München
Paperback, Klappenbroschur
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http://www.boriskoch.de
Genre: Düstere Phantastik / Dark Fantasy
Inhalt:
Vampire in Berlin!
Es heißt, da ist ein Junge, der einst von einem dunklen Wesen gebissen wurde. Seltsame Veränderungen sind ihm damals widerfahren, die er jedoch verbergen konnte. Jahre später, gerade als er die Liebe seines Lebens trifft, holt ihn seine Vergangenheit ein. Denn sie sind mitten unter uns – die Vampire. In den Tiefen Berlins lauern sie, sie nähren sich von unserem Blut und unseren Tränen, und es bleibt nur wenig Zeit, ihre Rückkehr aufzuhalten …
Boris Koch, der junge deutsche Autor von „Der Drachenflüsterer“ und preisgekrönter Jugendkrimis, legt mit „Gebissen“ eine großartige und einmalige Vampirgeschichte vor.
Atemberaubende Mystery vom Shootingstar der deutschen Phantastik!
Meinung:
GEBISSEN
... das ist Berlin
... das ist lebendig
... das ist modern
... das ist ein Vampirroman aus einem Guss.
Der Prolog des Romans bietet einen Rückblick auf den Protagonisten Alex Gruber – im August 1986 in einem kleinen Dorf (Niederbachingen). Alex begegnet mit seinen Freunden abends in einer Scheune einer sonderbaren Kreatur, die dort gefangen gehalten wird, und wird von ihr gebissen. Die Jugendlichen legen einen Brand in der Scheune, durch den diese, aber auch das düstere Wesen verbrennt.
Im Mai 2009 geht die Geschichte in Berlin weiter, denn dort lebt Alex – mittlerweile Anfang dreißig. Er hat in Berlin Journalismus studiert und ist dort geblieben, lebt seit elf Jahren in Friedrichshain an der Spree. Alex arbeitet als Freelancer und DJ und fühlt sich seit seiner letzten Beziehung vor drei Jahren einsam. Und kämpft gegen die innere Leere, aber auch seine Todessehnsüchte an.
Dann lernt er die Jurastudentin Lisa kennen, die er gerne wiedersehen möchte. Als er jedoch mit seinen Freunden einen Freitagabend im „Gilgamesch“ (Club) verbringt, sieht er eine wunderschöne Blondine (sinnliche Ausstrahlung und arrogante Haltung). Auf Alex übt die Schöne eine starke sexuelle Wirkung aus – aber er reagiert auf sie auch mit einer sonderbaren Abneigung, die fast an Hass grenzt. Alle Männer starren sie an und Alex will nur noch eines: sie unbedingt „flachlegen“.
Danielle, so der Name der Fremden, spricht ihn an und nimmt fortan die Zügel in die Hand – auch als sie in Alex’ Wohnung landen.
Doch am nächsten Morgen ist Danielle verschwunden – außer einer kleinen Abschiedsnotiz, die sie hinterlässt, bleibt Alex nichts von ihr. Die Narbe, die ihm von dem Biss der Kreatur geblieben ist, scheint in der Nacht mit Danielle wieder geblutet zu haben. Alex spürt wieder die Einsamkeit und die Wut Danielle gegenüber kehrt zurück – aber ebenso die Erregung, wenn er an die gemeinsame Nacht denkt. Dann verebbt die Wut und er fühlt: Verlust.
Darüber hinaus stellt er fest, dass er plötzlich im Dunklen besser sehen kann. Und ihm begegnet ein mysteriöser Fremder mit den Augen eines Hais, der etwas von einem Nephilim redet, den „sie“ in Berlin brauchen.
Alex versteht kein Wort, auch nicht wen der Unbekannte mit „sie“ meint – aber dem Leser dämmert es sicher allmählich.
Und Alex dämmert, dass Lisa immer noch in seinem Kopf herumspukt und so ruft er sie an, um sich mit ihr zu treffen.
BORIS KOCH lässt den Leser an Alex’ Wandlung teilhaben – seine geschärften Sinne, sein „Revierverhalten“, seine absonderlichen Wünschen (z.B. Lisa zu beißen bis sie blutet) ...
In Berlin mehren sich derweil sonderbare Vorkommnisse und Verbrechen, aber auch die Zahl der vermissten Personen. Alex hat das Gefühl, dass in der Stadt irgendetwas nicht stimmt. Erst geschieht ein Ritualmord, dann werden Blutkonserven gestohlen, ein Student förmlich abgeschlachtet und die Vermisstenzahlen steigen.
Alex fragt sich, ob es noch andere gibt, die sich wie er verändern. Und er stellt sich die Frage, was der Fremde mit seiner Nephilim-Bemerkung meinte.
Alex weiß, dass die Nephilim im Alten Testament erwähnt wurden, und dass es Nachfahren von Gottessöhnen (event. Engeln) waren, die sich mit Menschenfrauen eingelassen hatten.
Was Alex besonders beschäftigt: Der Fremde hatte zu ihm gesagt: „Du riechst nach Nephilim.“
Ein weiterer interessanter Charakter des Romans ist Sandy, Lisas Freundin, frisch verlassen und mitten in einem persönlichen Tief. Eines nachts macht sie während eines Streifzuges durch die Stadt eine mysteriöse Begegnung, die ihr Leben komplett verändert.
Als Alex das erste Mal mit Lisa im Bett landet, klopft es plötzlich an der Tür und Danielle taucht wieder auf - und Alex’ Welt gerät endgültig aus den Fugen. Besonders als Danielle ihm eröffnet, dass er ein Vampir sei und sie eine Nephilim – und ihre „Rassen“ seit Sodom verfeindet seien.
Alex flieht mit Danielle, als diese ihm eröffnet, dass er in Gefahr sei – er stellt etwas Besonderes dar: halb Mensch/halb Vampir erweckt von einer Nephilim (Danielle).
Danielle erzählt ihm auch über die Nephilim und Sodom und ihre Begegnung mit Lot und seiner Familie – und wie es zu der Feindschaft zwischen Vampiren und Nephilim kam
Zum ersten Mal erfährt Alex von ihr auch von Blutvätern (Blutmüttern), und dass die Kreatur, die ihn gebissen hat, vermutlich sein Blutvater war.
Einer dieser Blutväter soll nun in Berlin wiedererweckt werden – eine Kreatur, die noch unter der Stadt ruht.
Für das Erwecken benötigen die Vampire das Blut eines Nephilim.
Doch das wollen Alex und Danielle verhindern.
Währenddessen hat Sandy bei Lisa gegen Alex intrigiert und versucht Lisa in den Kreis der Vampire zu bringen.
Alex ist derweil hin- und hergerissen zwischen seiner wachsenden Liebe zu Lisa und dem alles überdeckenden sexuellen Verlangen Danielle gegenüber.
Das Finale, in dem alle roten Fäden bei der Kreatur unter der Stadt zusammenfinden, wird immer turbulenter.
Fragen über Fragen werden beantwortet.
Können Alex und und Danielle das Erwecken der Kreatur erhindern?
Ist Alex tatsächlich ein Vampir?
Was wird aus Lisa? Was aus Sandy?
Wird Alex Lisa wiedersehen? Und kann er sich aus Danielles sexuellem Einfluss wirklich lösen?
Vor allem aber, was wird aus Berlin? Sind die 3 Millionen Einwohner dem Untergang geweiht?
Boris Koch erzählt wieder einmal eine flotte und temporeiche Geschichte, in der er geschickt die lovecraftsche Tradition, einen Vampirplot der „etwas anderen Art“ und das moderne Berlin verquickt. Mit angenehm dezentem, aber dennoch gut eingefügtem Lokalcolorit, das nicht so aufgesetzt erscheint, wie bei manchem Roman dieser Art.
Erfrischend auch, dass sich zwar auch hier in den Laken gewälzt wird, aber keine Vampirromanzenschmonzette geboten wird. Das hätte mich bei BORIS KOCH aber auch im höchsten Grade enttäuscht.
Ebenso merkt man dem Roman die persönlichen Bezüge des Autors an: seien es nun literarische Hinweise (EAP) oder musikalische (z.B. „The House of Usher“, mit deren Frontmann und Sänger ihn eine lange Freundschaft verbindet) und einiges mehr – was den Roman „dichter“ an den Leser heranlässt.
Das ist kein Vampirroman aus der Retorte, wie sie mittlerweile inflationär den Markt ermüden. Das ist ein Roman, den man „in einem Rutsch“ liest und der ausgzeichnet unterhält.
Im Anschluss an den Romantext findet der geneigte Leser noch eine neunseitige Leseprobe des Vampirromans „Die Saat“ von Guillermo del Toro (einer der bekanntesten Regisseure) und Chuck Hogan.
Das Covermotiv von „Gebissen“ wurde geändert – das Erste war mehr auf die Zielgruppe ausgerichtet, das aktuelle Cover wirkt völlig anders, als die üblichen Vampirromane. Was nun geeigneter für die Zielgruppe ist, ist mit Sicherheit dem persönlichen Geschmack unterworfen. Ich bevorzuge die aktuelle Version, weil sie weniger plakativ wirkt, angenehm minimalistisch und auch von der Art aus der Masse heraussticht. Da hat der Verlag betriebswirtschaftlichen Mut bewiesen, der hoffentlich belohnt wird. Steht und fällt so mancher Kauf doch mit dem Eyecatcher „Cover“.
Bleibt ein rundes Werk, das Hoffnung aufkeimen lässt, dass die Vampirliteratur endlich auch wieder vermehrt mit eher klassischen oder modernen Titeln vertreten ist und nicht nur Dark Romance den Mark überschwemmt.
Somit verdient auch hier der Verlag ein uneingeschränktes Lob!
Fazit:
Moderner, hipper Vampirroman, der in die lovecraftsche Tradition und dennoch ins Berlin von heute entführt. Absolut empfehlenswert für Liebhaber des Genres, aber auch Leser, die sich einfach gut und flott unterhalten lassen wollen.(AB)
September 2009 - Alisha Bionda