Naris - Die Legenden von Mond und Sonne (Lucy Hounsom)

Verlag: Piper; (Mai 2015)
Broschiert: 528 Seiten; 16,99 €
ISBN-13: 978-3492703482

Gerne: Fantasy


Klappentext

Wie rettet man eine verlorene Welt?

Stürme peitschen das Land, und die Geister der Menschen vergehen in einem Wahn, der sich wie eine Seuche verbreitet. Alte Kräfte, derer sich niemand erinnert, werden plötzlich wieder gewirkt. Und tief in den Ruinen einer versunkenen Festung regt sich Widerstand gegen die Herrschaft eines Ordens, den man längst ins Reich der Legenden verbannt hatte. Dass die verborgenen Fähigkeiten der jungen Kyndra Vale der Schlüssel zur Zerstörung und gleichzeitig zur Rettung einer ganzen Welt sein könnten, ahnt derweil noch niemand....

„Die beste Fantasy-Saga seit Trudi Canavan!“
John Gwynne


Rezension

Kyndra Vale ist eigentlich ein normales Mädchen, bis zu dem Tag, an dem sie erwachsen wird. Wie alle ihres Alters, soll sie bei einer Zeremonie mit einem uralten Artefakt erfahren, wie ihr wahrer Name lautet und wofür sie sich am Besten eignet. Als sie an die Reihe kommt, zerbricht das Artefakt, eine Schale, und plötzlich steht sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Zu ihrem Glück und Unglück, bricht ein Sturm über das Dorf herein. Die Bewohner wollen sie deswegen lynchen, weil sie ihr die Schuld an diesem Unglück geben, doch sie wird von zwei Fremden gerettet, die den Blitzeinschlägen bereits seit Wochen und Monaten folgen. Mit diesen Beiden verlässt Kyndra mehr gezwungen als freiwillig ihren Heimatort und betritt die Welt, die ihr viel zum Staunen zu bieten hat. Das Wundersamste wartet aber am Ende ihrer Reise mit Solinaris, der Festung der Machtlenker, wo sie fortan leben soll. Aber nicht alles ist so einfach und klar unterteilbar in Gut und Böse wie gedacht.

Auf den ersten Blick ist Naris nur ein weiteres Buch, in dessen Mittelpunkt ein Junge oder ein Mädchen steht, der/ die dazu bestimmt ist, eine Welt zu retten und dabei auf besondere Fähigkeiten bauen kann. Glücklicherweise aber nur auf den ersten Blick. Dass man diese wohlbekannte Geschichte frisch erzählen und mit neuen Ideen aufwerten kann, beweist Lucy Hounsom immer wieder aufs Neue.
Es fängt schon damit an, dass Kyndra eben nicht ein kleines Mädchen ist, sondern eine erwachsene, junge Frau, die ihren Platz in der Welt zwar noch finden muss, aber dennoch nicht wie ein kleines, trotziges Kind wirkt. Ihre Gedankenwelt ist erwachsener, sie macht sich bereits über bedeutend mehr Dinge sorgen, als ein Kind es tun würde. Sicher hat sie auch noch die typischen Gedankengänge einer Jugendlichen, aber sie befindet sich eben auf der Gratwanderung zwischen Jugendlicher und Erwachsener, was Lucy Hounsom sehr gut darstellt. Ebenso gelingen ihr die anderen Figuren. Sie zeichnet sie als Menschen mit Fehlern und Schwächen und nicht als Überwesen, die über den Dingen stehen, egal ob sie Gut oder Böse sind. Wobei das allein schwer zu bestimmen ist, denn Figuren, die anfangs „böse“ wirken, können sich durchaus als „gut“ entpuppen oder „gute“ als „böse“. Lucy Hounsom versteht sich gut darauf Erwartungen zu wecken und diese dann ganz anders als gedacht zu erfüllen oder ins Gegenteil zu verkehren. Geschichte und Charaktere werden dadurch einzigartig und keinesfalls zu Abziehbildern eines Standards.

Wodurch Naris aber vor allem besticht, ist die liebevoll konstruierte Welt, in der es fast an jeder Ecke etwas zu staunen und entdecken gibt. Kleine Einfälle sind dabei genauso eingeschlossen, wie die großen Besonderheiten, wie etwa Luftschiffe, die Zeppelinen gleichen und an einer langen Kette quer durch das Land gleiten, mit großen Häfen, die alles bieten, was eine interessante Geschichte braucht. Zusammen mit Kyndra darf der Leser diese schöne, aber mitunter gefährliche Welt entdecken, die Lucy Hounsom mit passenden Worten beschreibt und einen in sie entführt. Selten wurde eine neue Fantasywelt dermaßen aufregend und gleichsam romantisch präsentiert, ohne in Kitsch abzugleiten oder Geschichte und Charaktere zu vernachlässigen.
Der Schreibstil der Autorin passt sich den Gegebenheiten an und trägt den Leser durch den Roman, der viel zu kurz vorkommt und ungeduldig auf die Fortsetzung warten lässt, die wohl erst nächstes Jahr erscheint.

Und noch eine Besonderheit gibt es bei diesen Roman. Leser, die gerne zur englischen Version greifen, um möglichst schnell einen Roman lesen zu können, werden sich verwundert die Augen reiben, denn Piper veröffentlicht Naris praktisch gleichzeitig wie der Verlag in Lucy Hounsoms Heimatland England und hat dazu den passenderen Titel für die Reihe gewählt. Der Englische verrät nämlich zu viel von der Geschichte. Für einen Debütroman bemerkenswert.


Fazit

Naris – Die Legenden von Mond und Sonne ist der Fantasy-Roman im Sommer, den man gelesen haben sollte. Lucy Hounsom beschreibt mit schönen Worten eine faszinierende Fantasy-Welt und umschifft dabei die häufigsten Klischees. Kaufen! Lesen! Genießen!


Pro & Contra

+ wunderbarer Schreibstil
+ frische Ideen
+ einzigartige Welt
+ passendes, schönes Titelbild

Bewertung:

Handlung 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5