Interview mit Juliane Seidel
Literatopia: Hallo, Juliane! Schön, dass Du Dir Zeit für unsere Fragen nimmst. Erzähl uns doch zuerst etwas über Dich – wer bist Du und was schreibst Du?
Juliane Seidel: Hallo Judith. Ich freue mich sehr auf die Fragen – mal schauen, was mich erwartet. Mein Name ist Juliane Seidel, ich komme ursprünglich aus Suhl (Thüringen), bis es mich während meines BA-Studiums zunächst nach Mainz und schließlich nach Wiesbaden verschlagen hat. Da ich mich damals in die Stadt verliebt habe, lebe ich noch immer hier, wenngleich ich in Bad Homburg als Technischer Redakteur arbeite.
In meiner Freizeit bin ich in verschiedenen Richtungen aktiv – ich habe mal gezeichnet (wozu mir unterdessen aber die Zeit fehlt), gestalte und designe mit meiner Freundin zusammen aber noch Buchcover, Flyer und Lesezeichen, lese mit Freuden Kinder- und Jugendbücher, Fantasy und Gay Romane, organisiere für mein Leben gerne Messen und Veranstaltungen und schreibe natürlich.
Meine bevorzugten Genres sind hierbei Kinder- und Jugendbücher, Fantasy und natürlich auch queere Geschichten – sprich zumeist das, was ich gerne lese.
Literatopia: Kürzlich ist Dein Urban Fantasy-Roman „Nachtschatten“ erschienen. Was erwartet Deine Protagonistin Lily? Und warum will ihr niemand etwas über ihre Vergangenheit erzählen?
Juliane Seidel: In „Nachtschatten“ erwartet Lily eine Reise in ihre Vergangenheit und natürlich ein gewaltiges Abenteuer, das sie mit ihrem Schutzengel Adrian bestehen muss. Dabei lernt sie nicht nur ihre große Liebe Silas kennen, einen Magier des Ordens Tenebrae, sondern erfährt stückchenweise auch, was in ihrer Vergangenheit passiert ist. Lily leidet nämlich unter Amnesie und Adrian weigert sich ihr von ihrer Familie und Kindheit zu erzählen. Dafür hat er natürlich seine Gründe – in allererster Linie hat er Angst, denn was er vor Lily geheim hält, ist schon ein ziemlicher Schock, den sie jedoch erst in Band 2 „Ungebrochen“ herausfindet.
Literatopia: In „Nachtschatten“ hat jedes Wesen, ganz gleich ob Mensch, Vampir, Werwolf oder Fee, einen Schutzengel. Wie genau helfen diese ihren Schützlingen?
Juliane Seidel: Schutzengel sind in der Geschichte ein elementarer Bestandteil – sie warnen ihre Schützlinge vor Gefahr, können mit ihnen sprechen und aktiv an ihrem Leben teilnehmen. Dies trifft zumindest auf Vampire, Werwesen und Feenwesen zu. Menschen können ihre Begleiter zumeist nicht sehen – erst nach einer Nahtoderfahrung (oder einem magischen Ritual) sind sie in der Lage mit ihren Schutzengeln zu kommunizieren.
Menschliche Schutzengeln stehen im Notfall bestimmte Zauber zur Verfügung, um ihren Schützling zu unterstützen, ebenso ist es möglich, dass sie kurzzeitig den Körper übernehmen (dafür bedarf es allerdings viel Übung und Vertrauen, - etwas, was nur ausgebildeten Jägern gelingt). Vampire und Werwesen verbinden sich komplett mit ihren Schutzengeln – Vampire erhalten dadurch ihre übernatürliche Stärke und Geschicklichkeit, Werwesen sind dadurch in der Lage sich zu verwandeln. Feenwesen haben einen tierischen Begleiter, der je nach Machtlevel größer und gefährlicher werden kann – zudem können sie mit Tieren und Pflanzen kommunizieren.
Literatopia: Inwiefern unterschieden sich die Schutzengel der verschiedenen Wesen?
Juliane Seidel: Jetzt habe ich bei der vorherigen Antwort schon einiges vorweggenommen. Die Schutzengel entsprechen zumeist den Wesen, die sie beschützen. Begleiter von Werwesen sind zumeist wild und ungezügelt, die der Vampire etwas ruhiger und kultivierter. Feenwesen haben ganz normale Tierbegleiter - Cionaodh wird zum Beispiel immer von einer roten Katze begleitet, die sich notfalls in einen Löwen verwandeln kann. Ansonsten haben nur menschliche Schutzengel Flügel, die der übrigen Wesen nicht.
Literatopia: Die Schutzengel sind quasi immer bei ihren Schützlingen – wie verhalten sie sich in intimen Situationen, wo Zuschauer unerwünscht sind? Und respektieren alle Schutzengel die Privatsphäre ihrer Schützlinge?
Juliane Seidel: Normalerweise sind sie dahingehend diskret und verlassen das Zimmer. Sie können sich ja bis zu einem gewissen Grad von ihrem Schützling entfernen. Ausnahme wäre, wenn sie Gefahr spüren und sich irgendwie bemerkbar machen müssen. Dann bleiben sie natürlich und versuchen ihren Schützling darauf aufmerksam zu machen – bei Vampiren, Werwesen und Feen ist das einfach, weswegen man die nur schwer überraschen kann (es sei denn, sie ignorieren ihre Begleiter), bei Menschen funktioniert das im Grunde nur auf der Gefühlsebene: ein Schaudern, ein Grummeln im Magen oder ein unangenehmes Gefühl).
Lediglich Lily hat das Problem, dass Adrian manchmal verflucht neugierig ist und sich nicht immer so diskret verhält wie er sollte. Daher hatte sie durchaus ein paar Mal einen ungewünschten Beobachter neben dem Bett stehen (und sie hat es gehasst, glaube mir!)
Literatopia: In „Nachtschatten“ gibt es auch eine fünfte Art, wobei diese eigentlich auch menschlich ist: Die Magier. Was unterscheidet sie von gewöhnlichen Menschen?
Juliane Seidel: Im Grunde unterscheiden sich Magier optisch nicht von Menschen – sie haben als Neugeborene lediglich ein Ritual durchlaufen, durch das sie in der Lage sind ihren Schutzengel zu sehen und auf seine Seelenenergie zuzugreifen. Dieses erste Ritual schwächt den Schutzengel stark, nicht selten büßt er für die Verbindung zum Magier einen Flügel oder ein anderes Körperteil ein. Dennoch können sie anschließend zu einem Magier ausgebildet werden und sind in der Lage Zauber zu wirken, schaden jedoch gleichzeitig ihrem eigenen Begleiter, da sie ihm immer wieder Energie entziehen. Aus diesem Grund sind ihre Schutzengel immer verstümmelt, etwas woran jemand wie Lily (die über die Fähigkeit des Erkennens verfügt – sprich alle Schutzengel sehen kann) erkennen kann, ob sie es mit einem gewöhnlichen Menschen oder einem Magier zu tun hat.
Literatopia: „Nachtschatten“ spielt in Deiner Heimatstadt Wiesbaden – dürfen wir daher annehmen, dass es die Schauplätze des Romans auch wirklich gibt? Warum hast Du Dich entschieden, die Geschichte in Wiesbaden und nicht in einer Großstadt wie Berlin anzusiedeln?
Juliane Seidel: Es gibt einen Großteil der Schauplätze wirklich – Lily wohnt quasi bei mir um die Ecke, denn sie lebt im gleichen Viertel wie ich. Sprich ihre Flucht durch die Straßen, als Silas sich dem Vampir Henri entgegenstellt, kann man selbst erleben – bis hin zu den Mülltonnen am Elsässer Platz. Warum Wiesbaden? Weil ich diese Stadt einfach liebe, sie toll ist und im Umkreis genügend Möglichkeiten bietet, um beispielsweise Aldwyns Palast zu verstecken und die Geschichte glaubhaft anzusiedeln. Es ist einfach eine Stadt, die ich gut kenne und dementsprechend gut beschreiben kann.
Ich weiß, wie die Leute ticken, kenne die Örtlichkeiten und kann alles viel lebendiger gestalten, als wenn ich eine Großstadt gewählt hätte, die ich nur flüchtig kenne. Ich hätte viel recherchieren müssen, hier kann ich auf mein Wissen zurückgreifen. Daher spielen meine Bücher zumeist in Wiesbaden und ich bin froh, dass ein befreundeter Fotograf dieses tolle Bild der Marktkirche für das Cover in petto hatte – dadurch erkennt man gleich, wo es spielt.
Aus diesem Grund spielt mein Kinderbuch „Assjah“ auch in Wiesbaden – Kim wohnt im Grunde nur eine Straße von Lily entfernt ;) Und um noch etwas zu verraten: da ich an „Assjah“ schon ewig arbeite, sind die Figuren immer mit mir umgezogen – bevor ich nach Wiesbaden zog, spielten die ersten Bände von „Assjah“ nämlich in Gera (wo ich studiert habe) und später in Mainz (wo ich nach meinem Studium lebte).
Literatopia: Erzähl uns etwas über Dein Kinderbuchprojekt „Assjah“. Was erwartet die jungen Leser?
Juliane Seidel: „Assjah“ ist in vielen Punkten mein Herzprojekt – wie man vielleicht schon an der vorherigen Antwort erkennen kann, begleiten mich die Figuren schon seit vielen Jahren. Vor Kim war es dessen Freund Chris, dem ich meine Aufmerksamkeit schenkte und über den ich Geschichten schreib. „Assjah“ war in vielerlei Hinsicht mein erstes richtiges Buchprojekt, daher hatte die Reihe gut 6 Jahre lang keinen Reihentitel, da mir nichts passendes einfallen wollte. Erst später kam ich auf „Assjah“ und widmete mich, nach einem Hinweise meiner Freundin Tanja, zunächst Kims Abenteuer. Inzwischen ist er mir unheimlich ans Herz gewachsen, ebenso seine Freunde.
Den jungen Leser erwartet ein fantastisches Abenteuer in Kims Traumwelten und (zumindest im ersten Teil) einen Kampf gegen die Namaren – Traumdiebe, die Kims Fantasie fressen wollen. Diese sind auf Kim aufmerksam geworden, nachdem er während einer Mutprobe ein magisches Artefakt findet, mit dem er seine Fantasiefreunde in die Realität holen kann und damit für ein heilloses Durcheinander sorgt. Für Kim ist das jedoch nur der Anfang seines Abenteuers, denn es geht um viel mehr als den Traumspiegel und seine Fantasie.
Literatopia: Du hast ja seeehr lange an „Assjah“ gearbeitet. Was hat sich im Lauf der Zeit alles verändert?
Juliane Seidel: Ohje – damit könnte ich jetzt Seiten füllen, denn es hat sich wirklich eine Menge geändert – im Grunde alles. Die ersten Geschichten von „Assjah“ drehten sich um Kims Freund Chris und dessen Abenteuer sind ganz anders als Kims. Chris muss sich nämlich mit Engeln und Dämonen herumschlagen, die seine Hilfe brauchen, während es Kim in seine Träume verschlägt und er seine Fantasie retten und verteidigen muss.
Inzwischen ist das ein ziemlich gewaltiger Geschichtenkomplex geworden, der aus 3 Staffeln bestehen soll (was es umso schwieriger macht, einen passenden Verlag zu finden): 1. Staffel – Kims Abenteuer, 2. Staffel – Florians Abenteuer (ein weiterer Freund von Kim), 3. Staffel – Chris' Abenteuer. Die Staffeln bauen indirekt aufeinander auf, bzw. gehören zusammen, wenngleich die Zusammenhänge erst recht spät klar werden.
Es hat sich also eine Menge geändert – aus Chris und seinen Begleitern Teoma und Lionare, Himmel und Unterwelt wurden Kim und seine Freunde Silberfünkchen und Goldlöckchen, der Rattendrache Finn und der Magier Annatar in einem Kampf um Träume, Fantasie und 12 magische Gegenstände. An kann also sagen, dass sich da eine Menge verändert hat, wenngleich ich Chris' Geschichte irgendwann erzählen möchte!
Literatopia: Wie bist Du eigentlich zum Schreiben gekommen? War der Weg seit Deiner Kindheit vorgezeichnet oder hat es Dich wie ein Blitz getroffen?
Juliane Seidel: Das ist schwer zu beantworten – ich habe eigentlich schon immer irgendwie geschrieben. Die Anfänge von Assjah entstanden noch während meiner Schulzeit, als ich 14/15 Jahre alt war. Ich hatte damals keinerlei Ambitionen gehabt, Autor zu werden – für mich war das Schreiben eher ein Ausgleich zum Schulstress. Gerade während meines Abiturs, habe ich eine Menge geschrieben, aber nie daran gedacht, meine geistigen Ergüsse anderen zum Lesen zu geben.
Während meines Studiums habe ich es dann gänzlich gelassen, da mir die Zeit fehlte – erst vor einigen Jahren packte es mich und ich begann ernsthaft nach Agenturen und Verlagen zu suchen. Es kamen eine Menge Absagen, eine Agentur fragte mich u.a. ob „Assjah“ für Jugendliche oder für Erwachsene sei, denn das es da Unterschiede gibt, war damals überhaupt nicht klar. Ich überlegte und entschied mich aus „Assjah“ eine Jugendbuchreihe zu machen. In gewisser Weise sorgte die Absage der Agentur dafür, dass ich mich für den Weg des Jugendbuchautors entschied, denn fortan entwickelte ich eher Bücher und Romane für Jugendliche. Dass „Assjah“ letztendlich als Kinderbuch vermarktet wurde, habe ich dem Bookshouse Verlag zu verdanken, die Kims Alter auf 10 senkten und das Buch damit zu einem Kinderbuch machten.
Insgesamt bin ich wohl nach und nach zum Schreiben gekommen – kein berühmter Blitz, der mich traf, sondern eine Entwicklung, die schleichend voranging und der ich mich nicht entziehen wollte.
Literatopia: Du liest unter anderem gerne homoerotische Romane und Comics – was reizt Dich an Liebesgeschichten zwischen Männern?
Juliane Seidel: Oh, was für ein Sprung von meinem Kinderbuch zu schwulen Comics und Romanen ;)
Ich lese schon seit über 10 Jahren schwule (und lesbische) Comics und Mangas – ich bin da recht früh zu gekommen (ich glaube, damals war ich 18 Jahre alt). Die ersten Boys Love Mangas erschienen in Deutschland (ich kannte die ersten dieses Genres sogar schon bevor sie in die hiesigen Gefilde kamen) und ich hab den Boom von Anfang an miterlebt. Mit der Zeit kamen natürlich auch Geschichten und Romane dazu, inzwischen lese ich mehr Gay Romane als Mangas, da letztere sich extrem wiederholen und man inhaltlich immer dasselbe geboten bekommt. Da ich jedoch für eine Mangaplattform Rezensionen verfasse und dort für die queeren Titel verantwortlich bin, lese ich noch immer sehr viele Boys Love und Girls Love Mangas.
Was mich daran reizt, ist immer schwer zu sagen – vielleicht die Tatsache, dass man zwei Männer zum Preis von einem bekommt, oder dass die Liebesgeschichte zwischen zwei Männern gefährlicher, spannender und fesselnder ist. Dabei lege ich inzwischen Wert auf Realität – sprich Gay Romance, in denen man häufig eher von der Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau mit männlichen Attributen liest, sind weniger mein Fall. Denn das findet man leider recht häufig, weswegen 90% der Leser weiblich sind. Die Geschichten sind eher für Frauen konzipiert – Liebe, Drama, ein wenig Erotik – schwule Männer greifen eher zu realistischeren Stoffen (wobei ich auch einige schwule Freunde haben, die mehr Gay Romance lesen als ich und die Bücher toll finden ;)). Im Grunde ist Gay Romance den Boys Love Mangas nicht unähnlich – es sind Werke von Frauen für Frauen, denn wie bei den Romanen sind 90% der Mangaleser in diesem Genre weiblich.
Literatopia: Welche Genres tummeln sich in Deinen Bücherregalen? Kommst Du neben dem Schreiben überhaupt noch zum Lesen?
Juliane Seidel: Ich lese aktuell enorm viel, da ich gar nicht ohne Bücher leben kann. Da ich in Wiesbaden wohne und in Bad Homburg arbeite, habe ich im Zug viel Zeit zum Lesen, sprich da kommen binnen einer Woche etliche Seiten zusammen. Zumeist lese ich 3-4 Bücher parallel, teilweise lese ich sie sogar meiner Freundin vor, da diese nur selten zum Lesen kommt. Ich bevorzuge schwule und lesbische Literatur, lese aber auch sehr gerne Kinder- und Jugendbücher, am liebsten fantastische und fantasievolle Geschichten.
Hin und wieder greife ich auch zu High Fantasy, Krimis oder Thriller, wobei mir letztere nur bedingt liegen (dazu bedarf es dann schon schwuler Hauptcharaktere oder es handelt sich um Romane von befreundeten Autoren). Auch Belletristik lese ich gerne mal, ebenso Sachbücher, insofern mich der Inhalt interessiert. Aber 50% machen locker Gay Romane aus, 30% Kinder- und Jugendbücher, 10% Fantasy und der die restlichen 10% die übrigen Genres.
Literatopia: Du bist Organisatorin des Lesefestivals „QUEER gelesen“ und gehörst dem Filmteam der „Homonale“ an. Hast Du vielleicht eine kleine Anekdote von diesen Veranstaltungen für uns auf Lager?
Juliane Seidel: Anekdoten nicht unbedingt, wenn ich ehrlich bin. Ich könnte natürlich von den Vorbereitungen und Diskussionen erzählen, die im Vorfeld ablaufen, den tollen Teams, die solche Veranstaltungen auf die Beine stellen und (im Falle von QUEER gelesen) den vielen Autoren, die ich kennenlernen durfte – jede Veranstaltung ist toll, macht viel Arbeit aber auch eine Menge Spaß. Ich hab in den letzten Jahren viele tolle Leute kennengelernt, die ich nicht mehr missen möchte, am meisten den stellvertretenden Leiter der Aidshilfe Wiesbaden, der mich mit seinem Engagement, seinen Ideen und seiner Offenheit wirklich beeindruckt hat. Es macht Spaß mit ihm zusammenzuarbeiten, denn inzwischen ist er ein festes Teammitglied von QUEER gelesen, der viele Kontakte vermittelt hat und mit tollen Ideen aufwartet.
Literatopia: Du schreibst auch selbst Rezensionen – hat sich Dein Blick auf Deine eigenen Werke dadurch verändert? Und gehst Du dadurch auch anders an Rezensionen zu Deinen Büchern ran?
Juliane Seidel: Um ehrlich zu sein, ist es eher umgedreht – es ist ein Fluch zu schreiben und Rezensionen zu verfassen. Seitdem ich selbst mit Lektoren zusammenarbeite und Bücher herausbringe, sehe ich leichter Fehler in Romanen und Büchern, die mir meine Lektoren ankreiden würden. Das Ergebnis ist, dass ich nicht mehr 100% unvoreingenommen an ein Buch herantreten kann – ich habe es fast vollständig verlernt ein Buch ohne die „Stimme eines Lektors“ zu lesen, stolpere schneller über Logiklöcher und Ungereimtheiten und stilistische Fehler. Deswegen bin ich wohl ein recht strenger Kritiker, da ich eher selten 5 Sterne vergebe und kein Blatt vor den Mund nehme, wenn mir ein Buch nicht gefällt – ich schreibe immer meine Meinung, das habe ich mir vor etlichen Jahren vorgenommen. Natürlich begründe ich entsprechend, immerhin soll der Autor ja etwas davon mitnehmen.
Meine eigenen Bücher bewerte ich grundsätzlich nicht – das ist auch nicht möglich, da ich viel zu nah an ihnen dran bin. Allerdings schätze ich mich durchaus als kritikfähig ein. Natürlich schmerzt eine schlechte Rezension, allerdings habe ich kein Problem damit, wenn sie gut begründet ist. Nicht jedem gefällt, was ich zu Papier bringe – im Grunde ich es unmöglich etwas zu schreiben, was jeder mag. Daher bin ich offen für Kritik. Es ist die Meinung eines Lesers, und was dem ersten gefallen hat, mag der zweite überhaupt nicht. Da ich selbst ein strenger Kritiker bin, kann ich schwerlich kritikunfähig sein. Ich weiß, wie viel Arbeit eine Rezension macht und werde keinem Rezensenten böse sein, wenn ihm meine Bücher nicht gefallen. Immerhin will ich als Rezensent nicht schlecht behandelt werden, wenn ich eine schlechte Kritik schreibe – also sollte ich mich als Autor ebenso verhalten, wie ich es von anderen verlange.
Literatopia: Kannst Du uns einen kleinen Ausblick auf zukünftige Projekte geben?
Juliane Seidel: Aktuell arbeite ich an zwei Projekten gleichzeitig: „Nachtschatten“ Band 2 und der Gay Crime Novelle „Rotten Games“, die zum „9 mm“- Universum gehört, an dem ich mit meiner Freundin Tanja Meurer schreibe. Ihre Novelle trägt den Titel „Schweiß und Blut“ und soll zusammen mit meiner noch dieses Jahr beim deadsoft Verlag erscheinen. Für „Nachtschatten“ 2 peile ich Oktober 2015 an, wenngleich ich mir nicht sicher bin, ob ich das wirklich schaffe – in den kommenden Wochen steht für mich eine Hochzeit und ein Umzug an, zudem habe ich an einer Benefiz-Anthologie teilgenommen, die vor wenigen Tagen erschienen ist: „Zusammen finden“, bei der einige tolle Autoren des Gay Genres vertreten sind.
Neben „Nachtschatten“ und „Rotten Games“ will ich irgendwann auch mein Jugendbuch „Geisterkinder“ veröffentlichen, ob mit Verlag oder ohne, zudem plane ich ein realistisches Jugendbuch, das mir sehr am Herzen liegt, jedoch eine Menge Recherche bedeutet. Und natürlich will ich irgendwann „Assjah“ fortführen – jetzt wo die Rechte an der Reihe wieder bei mir liegen, will ich alles daran setzen, einen neuen Verlag für Kim und seine Freunde zu finden und ihre Abenteuer weitererzählen.
Literatopia: Herzlichen Dank für das ausführliche Interview, Juliane!
Juliane Seidel: Ich habe für das tolle Interview zu danken – hat wirklich Spaß gemacht.
Autorenfoto: Copyright by Juliane Seidel
Autorenhomepage: www.juliane-seidel.de
Rezension zu "Nachtschatten - unantastbar" (Band 1)
Rezension zu "Nachtschatten - ungebrochen" (Band 2)
Rezension zu "Nachtschatten - unbezwingbar" (Band 3)
Dieses Interview wurde von Judith Madera für Literatopia.de geführt. Alle Rechte vorbehalten.