Flammenwüste (Akram El-Bahay)

flammenwueste

Bastei Lübbe (August 2014)
Klappenbroschur, 526 Seiten, 9,99 EUR
ISBN:  978-3-404-20756-5

Genre: High Fantasy / orientalisches Märchen


Klappentext

Die Gerüchte verbreiten sich wie ein Lauffeuer durch das Wüstenreich Nabija: Ein Drache soll Karawansereien und Dörfer niederbrennen! Dabei glaubt kaum noch jemand an die Existenz dieser Wesen. Dem Märchenerzähler Anûr bescheren die Gerüchte ein großes Publikum. Aber auch er hält die alten Geschichten über feuerspeiende Ungeheuer nur für Märchen. Bis er auf Drachenjagd geschickt wird – und in der Tiefen Wüste auf ein uraltes Wesen trifft, so schwarz wie die Nacht selbst ...


Rezension

Anûr will in die Fußstapfen seines Großvaters, der ein großer Geschichtenerzähler ist, treten – und das lieber gestern statt morgen. Er darf bereits vor Publikum die Geschichten weitererzählen, wenn sich sein Großvater zurückzieht, und so kommt es zu einer schicksalsträchtigen Verwechslung: Anûr wird zum Sultan gebracht, um ihm bei der Lösung eines uralten Rätsels zu helfen. Ein Drache treibt sein Unwesen in Nabija und der Sultan glaubt, dass in einem Erbstück der Schlüssel zum Sieg über diesen Drachen liegt. Tatsächlich gelingt es Anûr, das Rätsel zu lösen – mit Hilfe einer Geschichte, die er sich ausgedacht und noch niemandem erzählt hat. Gemeinsam mit dem Sohn des Sultans soll Anûr auf Drachenjagd gehen. Und so ist der junge Mann bald selbst ein Teil einer phantastischen Geschichte …

„Flammenwüste“ wurde mit dem Seraph für das beste Debüt ausgezeichnet und in der Tat hat Akram El-Bahay einen außergewöhnlichen Fantasyroman in der Tradition der alten orientalischen Märchen verfasst. Als Leser fühlt man sich sofort in 1001 Nacht versetzt: Die Geschichte nimmt ihren Anfang in einer Wüstenstadt, über deren niedrige Häuser ein gewaltiger Palast mit atemberaubend schönen Gärten und einem prunkvollen Thronsaal ragt. Die Soldaten bewegen sich auf Kamelen fort und trotzen der Wüste, in der nur die Kenntnis um versteckte Brunnen und Oasen ein Überleben garantiert. Die Wüste in Nabija bietet neben der unerträglichen Hitze jedoch noch andere Gefahren: Im Pfad der Blinden scheint der Sand so hell, dass jeder, der ihn ansieht, erblindet. Im Herzen der Wüste lauern die Schatten, die die Herzen der Wanderer mit Angst vergiften. Und unter dem Sand hausen phantastische Kreaturen wie Ghoulas und Dschenniyas.

Anûr muss erkennen, dass in den Geschichten, die er erzählt, einiges an Wahrheit liegt. All die magischen Kreaturen gibt es wirklich – und leider auch das Böse, das nach einem ganz besonderen und mächtigen Schatz giert. Zunächst soll Anûr den Sohn des Sultans als Chronist begleiten und dessen Abenteuer aufschreiben, doch bald wird er selbst in einen uralten Kampf verstrickt. Getrieben von dem Wunsch, ein Held wie in seinen Geschichten zu sein, lässt sich Anûr auf das Abenteuer ein, doch je mehr dunkle Wesen seinen Weg kreuzen, umso unsicherer wird er. Letztlich ist er eben doch ein Erzähler und kein Krieger. Doch Anûr erhält Hilfe von einem jungen Magier, dem einzigen in ganz Nabija, und einer taffen jungen Frau, die Kontakt zu den mysteriösen Nori pflegt. Jenen Drachenwächtern, die sich einst von der Menschheit abgewandt haben und vergessen wurden. Sie zu finden, ist Anûr größte Hoffnung.

Die kleine Heldengruppe wird von einem Sammler komplettiert, einem zwergenhaften Wesen, das aus einer unterirdischen Stadt stammt. Der Lebensinhalt dieser Sammler ist das Tauschen und das Bewahren ihrer Schätze. In ihrer Stadt gibt es eine ganz besondere Bibliothek, in der sich Bücher finden, die noch gar nicht geschrieben sind. Überhaupt spielen Geschichten eine ganz besondere Rolle in „Flammenwüste“ und so finden sich auch kleine Erzählungen im Roman, die die Handlung ergänzen und die märchenhafte Atmosphäre verstärken. Geschichten sind zudem eine wichtige Quelle für Informationen, denn Anûr und seine Freunde bekommen es mit einem alten Feind zu tun, der bisher nur eine Legende war.

Abgesehen von kleinen Längen im Mittelteil liest sich „Flammenwüste“ spannend und abwechslungsreich. Zudem überzeugt der Roman durch einen geschickten Handlungsaufbau: Die Drachenjagd ist nur der Einstieg in ein viel größeres Abenteuer, in dem es um nichts Geringeres als um das Schicksal der Welt geht. Anfangs scheint Anûr viel Glück zu haben und erhält sogar ein magisches Geschenk, doch später zeigt sich, dass hinter den vielen Zufällen ein größerer Plan steckt. Bis zum Schluss warten Überraschungen auf den Leser, auch wenn der Ausgang des Finales abzusehen ist. Denn die Geschichte um Anûr und die Drachen ist nach diesem Roman noch nicht zu Ende. Viel mehr hat sie hier ihren Anfang genommen.

In „Flammenwüste“ wurde bereits ein großer Teil der Welt Nabija erkundet, wie man auf der im Buch enthaltenen Karte erkennen kann. Allerdings waren die jungen Helden noch nicht im Süden Nabijas, wo Ruinen, Städte und die Heimat weiterer phantastischer Kreaturen auf sie warten. Damit dürfte der nächste Band ebenso viel Abwechslung bieten und als Leser freut man sich darauf, die orientalische Welt weiter zu erforschen.


Fazit

„Flammenwüste“ entführt die Leser in eine magische Welt aus 1001 Nacht, in der Drachen sowohl Schrecken verbreiten als auch wertvolle Verbündete sind. Geschichtenerzähler Anûr schliddert in ein phantastisches Abenteuer, bei dem er finsteren Kreaturen trotzen muss, aber auch Hilfe von Freunden erhält.  Kleine Längen im Mittelteil trüben den Lesespaß ein wenig, doch insgesamt ist „Flammenwüste“ ein herrlich atmosphärischer Fantasyroman, der sich angenehm von der Masse abhebt.


Pro & Contra

+ Flair von 1001 Nacht
+ ein Geschichtenerzähler als Protagonist
+ die geheimnisvollen Nori
+ Drachen in der Wüste
+ glückliche Zufälle, die sich später als geplant erweisen
+ geschickter Handlungsaufbau
+ dramatisches Finale
+ stimmungsvolles Cover

- im Mittelteil ein bisschen langatmig
- der junge Magier Fis geht im Finale leider unter

Wertungsterne4

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5


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Tags: orientalische Fantasy, Akram El-Bahay, Drachen, 1001 Nacht