Eisige Schwestern (S.K. Tremayne)

Tremayne SK-Eisige Schwestern
 
Droemer Knaur Verlag, 1. Auflage, Mai 2015
Taschenbuch, 390 Seiten,
OT: The Ice Twins
aus dem Englischen von Susanne Wallbaum
14,99 Euro [D] | € 15,50 [A]
ISBN-13: 978-3-426-51635-5

Genre: Psychothriller/ Thriller


Klappentext

Kirstie oder Lydia?
Gut oder böse?
Lebendig oder tot?
Welches meiner Mädchen bist du?


Der Autor

S. K. Tremayne ist ein englischer Bestsellerautor und preisgekrönter Reisejournalist, der regelmäßig für internationale Zeitungen und Magazine schreibt. Er wurde in Devon geboren und lebt heute mit seinen beiden Töchtern in London.


Rezension

Sarah und Angus Moorcroft hatten ein wundervolles Leben. Seine Arbeit als Architekt erlaubte ihnen einen luxuriösen Lebensstil, und zusammen hatten sie zwei wundervolle Kinder: Die eineiigen Zwillinge Kirstie und Lydia. Doch eines Tages zerbricht ihr Glück. Lydia stürzt vom Balkon, und die Familie zerbricht nahezu an der Trauer. Angus stürzt sich in den Alkohol und verliert seinen Job. Ohne das stetige Einkommen sieht sich die Familie gezwungen umzuziehen. Glücklicherweise hat Angus von seiner Großmutter eine kleine Insel in Schottland geerbt. Das alte Leuchtturmhaus darauf soll ihr neues Zuhause werden, ihnen abseits Londons einen Neuanfang ermöglichen. Während des Umzugs geschieht etwas Seltsames. Kirstie, der überlebende Zwilling, behauptet plötzlich Lydia zu sein. Am Anfang hält Sarah dieses Verhalten noch für eine vorübergehende Verwirrung, für unterdrückte Schuldgefühle, doch mit der Zeit kommen ihr ernsthafte Zweifel und die Ruhe der Insel wird zu einer Zerreißprobe. Welches ihrer Kinder starb bei dem tragischen Unfall?

Eisige Schwestern beginnt als tragisches Familiendrama. Tremayne beschreibt hier einfühlsam die Trauer des Ehepaars Moorcroft, das, jeder auf seine Weise, versucht mit dem Tod der Tochter Lydia umzugehen. So ertränkt der Vater Angus seine Trauer in Alkohol, obwohl er aus eigener Erfahrung weiß, wie dieser Familien zerstören kann. Seine Frau Sarah hingegen zieht sich mehr und mehr zurück. Sie war zu dem Zeitpunkt des Unfalls mit den Kindern allein im Haus und kämpft daher mit schweren Selbstvorwürfen. Trotz ihrer Trauer möchten die beiden für den Überlebenden Zwilling da sein, doch Kirsties Behauptung Lydia zu sein, trifft sie unvorbereitet.

Der spannende Anfang der Geschichte lebt von der Trauer auf der einen Seite, dem Mysterium um die Identität der Zwillinge auf der anderen sowie dem unterschwelligen Zorn und Misstrauen der Eheleute. Die stumme Feindseligkeit, die in der Luft liegt, vermischt sich mit der düsteren Atmosphäre auf der Insel zu einem beklemmenden Hintergrund. In der graukalten schottischen Landschaft gestaltet sich der Neuanfang schwieriger als gedacht. Denn das Haus ist nicht nur einsam, es ist eine Bruchbude, inklusive Schimmel, Ratten und morschen Brettern, aus denen die Nässe nicht weichen will. In dem beginnenden Winter wird die gesuchte Zuflucht zu einer nasskalten Falle. Die Abgeschiedenheit tut ihr übriges, die Eheleute physisch wie psychisch an ihre Grenzen zu bringen.All dies sind gute Zutaten für einen Psychothriller, doch Tremayne verschießt ihr Pulver zu schnell. Das gelegte Bett aus Verwirrung, Schuld, Trauer und Vorwürfen verliert rasch an Intensität, sobald die wahre Identität des Kindes geklärt wird. Danach entwickelt sich der Psychothriller mehr und mehr zu einem Ehedrama. Geheimnisse werden aufgedeckt, die Ehe, die ohnehin schon lange Zeit mehr Fassade als alles andere war, bröckelt zusehends.

Tremayne erzählt die Handlung hierbei abwechselnd aus der Sicht beider Eltern. Dies bringt interessante Einsichten in das Seelenleben von Sarah und Angus. Der Leser erfährt, warum Angus so wütend auf seine Frau ist und wie er zu seinen Kindern stand. Ebenfalls werden einige unschöne Informationen über Sarah offengelegt, die nach und nach ein komplexes Bild des Todestages zeichnen. Die Sichtwechsel bringen Tiefe in die Charaktere, sorgen allerdings auch dafür, dass einige Szenen wiederholt werden. Zusätzliche Längen entstehen dadurch, dass Sarahs Gedanken nach einer Weile keine wirklichen Neuerungen bringen. Wie ein Karussell dreht sie sich im Kreis und verliert die Sympathiepunkte des Lesers. Zwischen Sarahs Monologen widmet sich Tremayne der Landschaft, die etwas Dunkles und Mysteriöses auf sich hat. Von Geistern ist die Rede, und tatsächlich geschehen im Haus seltsame Dinge. Sarah sieht Erscheinungen im Spiegel und hört die Stimme ihrer toten Tochter. Hier zeigt sich durchaus Potenzial. Am Ende erfährt man, was am Todestag wirklich geschah, und die Wendung ist in der Tat überraschend. Dies liegt allerdings eher an der übertriebenen Gestaltung der Ereignisse, den an der Handlung per se.

Fazit

Eisige Schwestern ist eine interessante Mischung aus Psychothriller und Familiendrama. Der Roman hat durchaus seine Stärken, lässt aber ab der Mitte rasch nach. S.K. Tremayne stürzt ein trauerndes Ehepaar mit Problemen in eine tiefe Krise, als es herausfindet, dass es vielleicht die falsche Tochter begraben hat. Vor der imposanten Kulisse schottischer Inseln kämpfen Sarah und Angus Moorcroft mit Gespenstern der Vergangenheit und den Geistern der Gegenwart. Am Ende scheitert die Geschichte an einer zu schnellen Auflösung, Wiederholungen und dem Ungleichgewicht aus Thriller und Drama.


Pro/Contra

+ interessantes Grundkonzept
+ tolle Atmosphäre
+ psych. Intensität und Einfühlung der Autorin

o Perspektivenwechsel
o Charakteren fehlt das gewisse Etwas

- Wiederholungen
- zu frühe Auflösung
- übertriebenes Ende

Bewertung: sterne2.5

Charaktere: 3/5
Handlung: 3/5
Lesespaß: 2,5/5
Preis/Leistung: 2/5