Nacht ohne Sterne (Gesa Schwartz)

cbt (September 2015)
Hardcover mit Schutzumschlag
544 Seiten, 18,99 EUR
ISBN: 978-3-570-16320-7

Genre: Phantastik / Jugendbuch


Klappentext

Die 16-jährige Naya ist Tochter einer Elfe und eines Menschen. Ein Mischwesen, das keine Magie zu beherrschen scheint und sich weder der geheimnisvollen Elfenwelt New Yorks noch der Welt der Menschen gänzlich zugehörig fühlt. Ihr bester Freund Jaron ist ein Lichtelf, der New York vor den Machenschaften der Dunkelelfen bewahren soll. Doch dann wird Naya mitten hinein gezogen in den jahrhundertealten Krieg zwischen den beiden Völkern. Und als sie den Dunkelelf Vidar kennenlernt, wird all ihr bisheriges Wissen auf den Kopf gestellt. Welche Ziele verfolgt Jaron, welche Geheimnisse verbirgt Vidar? Wem kann sie trauen? Naya muss auf ihr Herz hören, doch das ist leichter gesagt als getan ...


Rezension

Naya ist die Tochter eines Menschen und einer Askari, einer Lichtelfe, und damit ein Halbblut. Sie weiß um die andere, magische Welt, die die meisten Menschen nicht sehen können, doch sie selbst kann kein Teil von ihr sein und wird von den meisten Askari als minderwertig angesehen. Einzig ihr bester Freund Jaron, den sie seit Kindertagen kennt und der inzwischen zu einem Krieger des Lichts herangewachsen ist, hält zu ihr und nun scheint sich in ihrer Freundschaft etwas zu verändern. Als Naya jedoch eines Nachts bemerkt, dass ein Bharassar, ein Dunkelelf, ihre Träume stiehlt, ist dies der Beginn eines gefährlichen Abenteuers, das sie zwischen die Fronten eines uralten Krieges zwischen Askari und Bharassar führt. Der Dunkelelf Vidar entpuppt sich als äußerst charmanter Krieger der Nacht, doch er wirkt ebenso beängstigend auf Naya. Sowohl Jaron als auch Vidar haben Geheimnisse vor ihr und bald weiß Naya nicht mehr, wem sie wirklich vertrauen kann und für welchen Weg sie sich entscheiden soll. Licht oder Dunkelheit? Oder gibt es noch einen anderen Weg?

Mit „Nacht ohne Sterne“ legt Gesa Schwartz erstmals einen Einzelroman vor und zwar eine schwer romantische und aufwühlende Geschichte  über ein halbes Menschenkind, das die Wunder und Alpträume der magischen Welt entdeckt. Naya ist im Wissen um die Elfen und andere Wesen wie Feen und Kobolde aufgewachsen und sie kennt ihren Glanz und ihre Finsternis. Sie selbst fühlt sich jedoch zerrissen zwischen der Menschenwelt und der fernen Welt der Elfen, die ihr ebenso ablehnend gegenüber stehen wie ihrer verstorbene Mutter, die aufgrund ihrer Liebe zu einem Menschen verbannt wurde. Aber Naya lässt sich nicht unterkriegen und hat eine diebische Freude daran, die Rekruten des Lichts in die Irre zu führen. Zudem hilft sie verfolgten Elfen dabei, in die Zwischenwelt zu fliehen. Von der Unterwelt, aus der Vidar stammt, hat Naya noch nichts gesehen, umso anziehender und gleichzeitig erschreckender wirkt sie auf sie.

„Nur die Augen verbargen sich in den Schatten, als würde alles Licht in ihnen erlöschen, oder als würden sie keine andere Helligkeit akzeptieren als die, die in ihnen lag. Ein fast herablassend stolzes Lächeln flog über den sanft geschwungenen Mund, und da flammten seine Augen in kühler, grüner Glut auf wie zwei Tore zu einer Nacht, die unter der Fassade des schönen Gesichts lag – zwei Tore in eine andere Welt.“ (Seite 42 und 43)
 
Als die Wogen des Krieges über ihr zusammenschlagen, bleibt ihr nichts anderes übrig, als in die schrecklich-schöne Schattenwelt zu flüchten und an sich selbst zu wachsen. Naya entwickelt sich von einem sehnsüchtigen und ängstlichen Menschenmädchen zu einer kämpferischen jungen Frau, die für die, die sie liebt, über sich hinauswächst und sich dem kältesten Licht und der finstersten Dunkelheit stellt. Ihr bester Freund Jaron steht ihr anfangs immer zur Seite und wenn man den sanftmütigen jungen Mann mit Naya scherzen sieht, kann man kaum glauben, dass er ein eiskalter Krieger des Lichts ist, der ohne zu Zögern seine Feinde vernichtet. Auch Vidar zögert nicht, wenn sich ihm ein Feind entgegenstellt, und seine vollkommene Dunkelheit ist für Naya noch beängstigender als Jarons Kälte. Doch sie lernt auch einen anderen Vidar kennen, einen Träumer in den Schatten, der sie, ein halbes Menschenkind, staunend und voller Ehrfurcht für ihre Träume betrachtet.  Als Leser ist man ebenso wie Naya hingerissen von Vidar, auch wenn man nie weiß, ob man ihm wirklich trauen kann.

Oberflächlich betrachtet gibt es in „Nacht ohne Sterne“ viele Parallelen zu den „Chroniken der Schattenwelt“, denn wieder dreht sich alles um den ewigen Konflikt zwischen Licht und Schatten, zwischen Eis und Feuer. Zudem scheint Gesa Schwartz eine besondere Beziehung zur Schneekönigin zu hegen, da dieses Mal sogar zwei eisige Herrscherinnen vorkommen. Im Detail ist „Nacht ohne Sterne“ jedoch eine ganz andere und eigene Geschichte, die als Jugendroman den Fokus auf Nayas Emotionen und ihre Entwicklung legt. Man merkt dabei kaum, dass Naya erst sechzehn ist, außer wenn sie in ihrer jugendlichen Hitzigkeit überreagiert. Auch Vidar und Jaron kommen einem aufgrund ihrer vielen Kriegserlebnisse älter vor, allerdings verhalten sie sich oft genau wie das, was sie letztlich sind: junge Männer, die ihr Herz verloren haben. Alle drei sind einzigartige und faszinierende Charaktere, die man schnell ins Herz schließt. Vidar etwas mehr als Jaron, der anfangs ein bisschen die Rolle des gutmütigen Kerls, der leer ausgeht, einnimmt. Zum Ende hin zeigt er jedoch, was wirklich in ihm steckt, und die zunächst etwas seltsame Dreieckskonstellation wird äußerst spannend.

„Er war ihr so vertraut, dass die Furcht in sie zurücksank, und als sie auf flüsternden Steinen aufkam und die Augen öffnete, sah sie es vor sich: ein tiefschwarzes Meer, das die Sehnsucht gebar und die Hoffnung ebenso wie Trauer und Verzweiflung – und darüber leuchteten unzählige Sterne wie Träume in allen Farben der Nacht.“ (Seite 367)

Über den superflüssigen und verträumten Schreibstil von Gesa Schwartz kann man nur immer wieder staunen: Scheinbar spielend leicht formuliert sie verschachtelte Sätze, die ihre magische Welt in allen möglichen und unmöglichen Farben erblühen lassen. Trotz ihrer Kunstfertigkeit wirkt die Sprache niemals schwer und die Seiten fliegen nur so dahin. Allerdings ist ein so schillernder Schreibstil auch Geschmackssache und in manchen Szenen stürzen so viele phantastische Bilder auf den Leser ein, dass er erst einmal Luft holen muss. Doch wenn man sich einmal in den Stil der Autorin verliebt hat, wünscht man sich nur noch, diese wunderschönen Bilder malen zu können. „Nacht ohne Sterne“ ist damit allerdings kein typisches Jugendbuch und die vielen Graustufen fordern ein Lesen zwischen den Zeilen und die Bereitschaft, die Sätze wirklich auf sich wirken zu lassen. Wenn man das tut, wird man mit einem mitreißenden Roman belohnt, den man in dieser Form kaum ein zweites Mal lesen wird.   

Das Hardcover punktet mit seiner schönen Gestaltung samt funkelnden Sternen und Glitzerschrift auf dem Cover. Die abgebildete junge Dame lässt sich allerdings schwer mit Naya in Einklang bringen – viel mehr erscheint sie einem wie das junge Elfen-Ich der Autorin.


Fazit

„Nacht ohne Sterne“ raubt seinen Lesern die nächtlichen Träume – und ersetzt sie durch schattenbunte Magie und eine Welt voller Licht und Schatten, die sich in verschiedenste Graustufen auffächern. Naya ist eine wahnsinnig sympathische Protagonistin, die sich nach der Dunkelheit sehnt, sich gleichzeitig davor fürchtet und sich dabei immer wieder selbst überwindet. Zwar ist dieses schwindelerregende Spiel mit den Gegensätzen bei Gesa Schwartz nicht neu, doch man kann kaum genug davon bekommen. „Nacht ohne Sterne“ ist darüber hinaus ein ganz zauberhaftes Jugendbuch voll berührender Romantik und Momenten des leisen Staunens.  


Pro & Contra

+ magische Geschichte voller Romantik
+ Nayas nachvollziehbare Wandlung
+ Vidar fasziniert mit seiner dunklen Aura ungemein
+ Freundschaft zwischen Naya und Jaron
+ Graustufen zwischen Licht- und Unterwelt
+ unheimlich spannend und mitreißend
+ wunderschöne, kunstvolle und leichte Sprache
+ düstere, magische Atmosphäre
+ sehr schöne Covergestaltung

o Parallelen zu den „Chroniken der Schattenwelt“

- leider sieht man nur wenig von New York

Wertungsterne4.5

Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5


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Tags: Gesa Schwartz, Elfen, New York