Die Erbin (Simona Ahrnstedt)

Verlag: LYX Egmont (Oktober 2015)
Broschiert, 14,99 €, 606 Seiten
ISBN: 978-3802599453

Genre: Belletristik


Klappentext:

Sie ist die Erbin einer großen schwedischen Familiendynastie.
Er ein Emporkömmling aus der Arbeiterschicht.
 
Sie kämpft um die Anerkennung ihres Vaters.
Er hat nur ein einziges Ziel vor Augen: ihre Familie zu zerstören.
 
Sein Plan ist, sie auf seine Seite zu ziehen.
Aber ihre Loyalität ist unantastbar.
 
In einer Welt, in der nichts zählt außer Macht, Geld und Status, treffen zwei Menschen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
 
Und deren Liebe unmöglich ist.
 
Doch eine einzige Nacht lang sind sie keine Rivalen. 
Eine einzige Nacht lang sind sie eine Frau und ein Mann, die all das vergessen, was zwischen ihnen steht. 
 
Und in dieser einen Nacht wird sich ihr Leben für immer verändern.
Rezension
 
Natalia de la Grip gehört zu einer der reichsten, mächtigsten und einflussreichsten Familien Schwedens. Nicht nur, dass sie vom adligem Geblüt ist, ihre Familie verkehrt auch in den höchsten Wirtschaftskreisen des Landes. Kein Wunder also, dass Natalia in die Fußstapfen ihres Vaters und großen Bruders treten und eine Finanzkarriere hinlegen möchte. Doch ihr Vater hält nichts von Frauen in Führungspositionen, sodass Natalia bereits ihr Leben lang um dessen Anerkennung kämpfte. Mit ihrem eigenen Deal will sie ihm beweisen, dass sie kompetent genug ist, um eine Führungsposition in dem angesehenen Familienunternehmen zu erhalten und sich seiner würdig zu erweisen. Doch dann kommt unerwartet ein gut aussehender, attraktiver Mann daher, der niemand geringeres ist als David Hammer, berüchtigter Corporate Raider und zudem ein Erzfeind der Familie. Unschlüssig willigt sie auf das Angebot ein, mit ihm Mittagessen zu gehen - und verliert schon bald ihr Herz an diesen Menschen, der so ganz anders daherkommt als erwartet. Doch David verfolgt eigene, düstere Pläne. Womit er jedoch niemals gerechnet hätte, ist, dass ihm die Tochter seines Erzfeindes so unter die Haut gehen würde. Und bald schon steht er vor einer der wichtigsten Entscheidungen seines Lebens: Kann er das Leben der Frau, die er liebt, wirklich zerstören?
 
»»  So etwas tue ich normalerweise nicht «, sagte sie und verzog dann erneut das Gesicht.» Auch wenn das jetzt ziemlich dämlich klingt. « Sie lächelte.  » Aber es stimmt. «
» Kein Problem «, entgegnete David und blinzelte. » Denn ich tue so etwas natürlich andauernd. ««
(Zitat aus: Die Erbin, S.144)
 
Mit Die Erbin legt Simona Ahrnstedt ein beeindruckendes und mitreißendes Debüt vor, dass mit einem fantastisch abwechslungsreichen Setting, authentischen Figuren und einer gut recherchierten Grundstory zu überzeugen weiß. Dabei spielt die Geschichte im heutigen Schweden und zeigt viele tiefsitzende Vorurteile der adligen Welt auf, konfrontiert dabei Klischees sowie Klassenhass und bindet dabei eine Liebesgeschichte ein, die gleichermaßen durch Liebe wie von Rache dominiert wird. Eine gelungene Mischung aus Lovestory und moralischen Grundsätzen bietet die Säulen dieser Geschichte, welche definitiv zu überzeugen weiß.
 
Schon zu Beginn kann man sich dabei kaum von diesem Pageturner losreißen, der die Zeit des Lesers völlig in Beschlag nimmt. Dabei wird man entführt in ein authentisches Setting, in die Welt Schwedens, seiner Sitten und Vorurteile, seiner moralischen Abgründe und wunderbaren Ortswechsel, welche die Glaubwürdigkeit und Tiefe der Storyline unterstreichen. Doch am wichtigsten sind die Charaktere. Dabei wird die Geschichte nicht nur aus einer, sondern gleich aus mehreren Perspektiven erzählt, was dem Leser einen Einblick in das Innere der jeweiligen Figuren erlaubt und diese mehr als glaubwürdig in Szene setzen (sowie Anreize für Fortsetzungen bietet). Die Protagonisten der Storyline, Natalia de la Grip und David Hammer, stehen dabei natürlich im Fokus des Plots. Während Natalia als ruhige, jedoch willensstarke und attraktive Frau gezeichnet wird, erhält David ein Bad Boy Image im Bezug auf seine Tätigkeit in der Finanzwelt. Wo sie als liebevoll und moralisch daherkommt, haftet ihm eine Rücksichtslosigkeit an, die er selbst nicht mal abstreitet. Dennoch kommt er nicht als Macho daher und man kann sofort die Faszination Natalias auf David sowie andersherum nachvollziehen. Die Chemie stimmt einfach und beide Figuren sind in ihrer Gedankenwelt, ihren Emotionen sowie ihren Handlungen absolut glaubwürdig, was den Lesefluss der Geschichte begünstigt, obgleich man zwischendurch Natalias Gedanken und Handlungen als etwas irrational auffassen könnte (in Bezug auf die Entwicklung der Figur). Doch nicht nur die Protagonisten sind individuell gezeichnet, auch die Nebenfiguren der Storyline können von sich überzeugen. Natalias beste Freundin (Asa), Davids vertrautester Geschäftspartner und bester Freund (Michel) sowie Natalias Familie und andere Figuren geben der Story, auch im Hinblick auf die Erzählung aus deren Perspektive heraus, immerwährend neuen Zündstoff. Und obgleich die Entwicklung der Geschehnisse zum Ende des Romans vielleicht etwas zu schnell daherkommen und auch die Beziehungsstrukturen sich wohl etwas zu rasch entwickeln, kann man von einer durchgehend authentischen Zeichnung der Charaktere sprechen, die eine Identifikation durch den Lesern zulassen und deren Sympathie zu Recht verdienen.
 
Besonders spannend im Hinblick auf den Plot ist das Setting. Die Liebesgeschichte spiel nämlich ausschließlich in Schweden und konzentriert sich dabei auf unterschiedlichste Orte, welche auch Abwechslung mit sich bringen. Des Weiteren verschafft die Autorin den Lesern eine eindrucksvolle und überzeugende Darstellung der schwedischen Finanzwelt, deren Vorgänge und Abläufe sowie grobe Strukturen. Was ganz wichtig ist, denn ein Großteil des Romans beschäftigt sich zwar (und wirklich vordergründig) mit der Liebesgeschichte zwischen David und Natalia, gewährt jedoch auch einen großen Einblick auf moralische Werte, welche in der Finanzbranche kaum existent zu sein scheinen. Klassenhass, Rassismus sowie Gleichberechtigung sind Themen, die immer und ständig die Handlungen sowie Gedanken der Charaktere beeinflussen. So ist es nicht verwunderlich, dass der Job und die Finanzwelt einen großen Teil der Gespräche zwischen den Protagonisten und anderen Figuren ausmachen, ebenso wie die Anerkennungsversuche Natalias im Bezug auf ihren Vater und dessen Einstellung gegenüber sogenannter "Gleichberechtigung" zwischen Männern und Frauen, von denen er natürlich nichts hält. Dabei diskutiert der Roman die verschiedenen Entwicklungen und Einstellungen, kritisiert gleichermaßen die Unterschiede zwischen Ober- und Unterschicht, macht deutlich, dass noch immer große Diskrepanzen herrschen und diese mitunter das Leben vieler Menschen bestimmen. Gekonnt verwebt Simona Ahrnstedt dies mit einer glaubhaften Romanze, die schwere Hürden nehmen muss, um zu bestehen - falls sie besteht. Schlussendlich kann man insgesamt und auch mit fortschreitender Seitenzahl diesen gelungenen Roman loben und hoffen, dass in den Folgebänden weitere spannende und interessante Fäden gewoben, und dabei auch andere Figuren der Nebengeschichten in den Vordergrund gerückt werden. 
Fazit
 
Die Erbin von Simona Ahrnstedt ist eine gelungene und authentische Liebesgeschichte, die emotionalen Tiefgang, logische Gedankengänge, eine schöne Figurenzeichnung und ein tolles Setting in sich vereint. Ein Pageturner, der keine Sekunde lang Langeweile aufkommen lässt, mit den Gedanken und Gefühlen des Lesers spielt und diesen in eine wunderbare Geschichte eintauchen lässt, in der starke Frauen eine große Rolle einnehmen, jedoch auch moralische Grundsätze diskutiert werden. Auch wenn sich zum Ende hin die Geschehnisse etwas zu einfach entwickeln und man sich vielleicht ein kleines bisschen mehr Dramatik zum Schluss gewünscht hätte, überzeugt der Roman dennoch mit einer schönen Lovestory und gut recherchierten Fakten, welche einen definitiv in das Buch eintauchen und nicht mehr loslassen möchten.

Pro & Contra
 
+ Überzeugender Weltenaufbau
+ Gut recherchiert
+ Setting man wo anders (Schweden)
+ Überzeugende Lovestory mit Tiefgang
+ Ständige Perspektivwechsel
+ Pageturner
+ Verbindet Liebesgeschichte mit moralischen Grundfragen
+ Regt zum Nachdenken an, obwohl die Liebesgeschichte klar im Fokus steht
+ Angenehmer Schreibstil

- Das Ende war etwas zu unspektakulär und einfach gestrickt
- Zu wenig "Willendkampf" zum Schluss (Natalia)
- Abschluss der Geschichte etwas zu leicht gemacht
 
Bewertung: 
 
Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5