Das Gewölbe des Himmels – Der Vergessene (Peter Orullian)

Orullian P-Das Gewoelbe des Himmels 01

Blanvalet Verlag, 1. Auflage, 2014
Taschenbuch Broschiert, 670 Seiten,
OT: The Vault of Heaven – The Unremembered
aus dem Englischen von Katharina Volk
15,00 Euro [D] | € 15,50 [A]
ISBN-13: 978-3-442-26839-9

Genre: Fantasy


Klappentext

Die Schöpfer formten die Welt, doch einer von ihnen verdarb ihr Werk, und die Welt war verdammt.

Tahn Junell muss seine Heimat verlassen, nachdem ein Dämon das Baby seiner Schwester entführt und der junge Mann es nicht verhindern konnte. Auf seiner Suche erwarten Tahn Rückschläge, Krieg und Verrat. Und jener, dessen Name vergessen werden musste, regt sich in seinem Gefängnis. Tahn schwankt zwischen Bangen und Hoffen. Denn vielleicht ist er derjenige, auf den die Schöpfer des Guten warten – oder er ist das Werkzeug des Vergessenen!


Der Autor

Der Autor und Musiker Peter Orullian wurde 1969 in Salt Lake City geboren, Utah, USA geboren. Seine epische Trilogie Das Gewölbe des Himmels ist sein Romandebüt. Er lebt gemeinsam mit seiner Frau im Nordwesten der USA.


Rezension

Der junge Tahn ist auf der Jagd, als ihm ein Geschöpf begegnet, das er nur aus den alten Geschichten kennt. Vor seinen Augen bändigt der Velle Magie, um einen Hirsch zu erschlagen. Als der Velle des jungen Jäger bemerkt, beginnt eine Hetzjagd durch den Wals. Tahn entkommt dem dunklen Geschöpf knapp mit dem Leben. In seinem Dorf trifft er nicht nur auf seinen besten Freund Sutter, den er sogleich einweiht, sondern auch auf einen Sheson. Der Magiebändiger warnt Tahn und seine Freunde vor weiteren Geschöpfen der Dunkelheit. Hinter dem Nebel erwacht der Vergessene und schickt seine Schergen. Tahn glaubt zuerst nicht daran. Als aber seine Schwester ihr Kind tot gebiert und das Kind von einem weiteren dunklen Geschöpf entführt wird, folgt er dem Sheson aus der Stadt. Zusammen mit seinen Feunden und gejagt von den dunklen Geschöpfen, folgt Tahn mysteriösen Sheson Vendanji auf dem weiten Weg zur Stadt Decalam. Dort soll sich ihr Schicksal offenbaren. Doch die Stadt ist fern, und die dunklen Geschöpfe sind nicht die einzigen Gefahren auf dem Weg.

Peter Orullian folgt eingetretenen Wegen. Wie in vielen Geschichten zuvor beginnt auch dieses Buch mit einer ominösen Vorgeschichte. In Das Gewölbe des Himmels – Der Vergessene wird einer der Weltenschöpfer nach einem undurchsichtigen Streit über Verantwortung und Gleichgewicht von den anderen Schöpfern in die Verbannung geschickt. So wird Der Vergessene, der Antagonist der Geschichte, geboren. Nach dem Prolog, in dem der Vergessene bittere Rache schwört, beginnt die richtige Geschichte: Eine Gruppe Jünglinge aus einem kleinen vergessenen Dorf werden von dem Bösen bedroht und brechen in die Welt aufb, um diese vor dem Untergang zu bewahren. Es ist eine typische Heldengeschichte, in der aus Normalbürger über sich hinaus wachsen. Ein langer Weg, dunkle Geschöpfe und andere Gefahren sowie Magie und politische Intrigen sind die Zutaten dieser Geschichte, und Orullian hat alles dabei. Es gelingt ihm auch stellenweise Spannung zu erzeugen, wirklich fesselnd wird die Geschichte allerdings nie.

Dies liegt zum einen an der gewählten Perspektive. Denn Das Gewölbe des Himmels – Der Vergessene ist eine Geschichte der Vielen. Es gibt keinen roten Faden und keinen wirklichen Hauptcharakter. In kurz gefassten Abschnitten springt Orullian beständig von einer Figur zum anderen, dabei auch Charaktere, welche weitab vom Geschehen agieren. Das gibt zwar interessante Einblicke, sorgt aber auch für einen Verlust an Tiefe und ein Gefühl von Abgehacktheit und Verwirrung. Tahn, Sutter, Braethen – sie alle bekommen ihre eigene Agenda, ihre eigenen Wünsche und Ziele. Der Eine will seine Schwester beschützen, der andere sucht Abenteuer und der Dritte seine Bestimmung. Dennoch lesen sich die Figuren bis auf wenige Unterschiede fast identisch. So bleiben Männer wie Frauen oberflächlich. Neben der Oberflächlichkeit zeichnet alle Figuren etwas Künstliches aus. Viele Dialoge wirken konstruiert, fehlplatziert oder in der jeweiligen Situation unangebracht. Zusätzlich legen sie teilweise nicht nachvollziehbares Verhalten an den Tag – sei es, wenn Tahn und Sutter entgegen aller Warnungen ihre Herberge verlassen, um sich in der Stadt umzusehen - nackt-, oder Tahns Schwester Wendra auf ihren Entführer wartet. Eine Charakterentwicklung ist in den 670 Seiten in kaum einer der Figuren zu entdecken.

Inhaltlich scheitert Peter Orullian an seinem Ideenreichtum. Er versucht einfach zu viel auf einmal. Innerhalb kürzester Zeit führt er zu viele Figuren, Begriffe und Orte ein, so dass dem Leser rasch der Kopf schwirrt. Ein fehlendes Glossar sorgt zudem dafür, dass man mit den Begriffen Velle, Bar’dyn, Sheson etc. zu Beginn nicht wirklich etwas anzufangen weiß. Dabei gestaltet sich bei näherem Hinsehen gerade der Entwurf der mystischen Geschöpfe interessant. Hier beweist Orullian durchaus Kreativität. Leider wird diesen Kreaturen nur wenig Raum zur Entfaltung gegeben. Fehlen tut es auch an der notwendigen Balance. Obwohl die Bar’dyn größer und stärker als Menschen sind und die Velle Elemente biegen können, gelingt der Gruppe um Tahn beständig die Flucht. Dadurch fehlt es insgesamt der Welt an Tiefe und dem Handlungsgerüst an Glaubwürdigkeit. Hinzu kommen Stellen, die sprachlich – dies ist vielleicht der Übersetzung geschuldet – kaum zu verstehen sind. Merkwürdige Satzkonstruktionen und Formulierungen, die kunstvoll und geheimnisvoll wirken sollen, lassen den Leser an diesen Stellen in Unverständnis zurück.

Ebenso schwer zu Verstehen bleibt auch lange Zeit, warum Tahn und Co. eigentlich dem Sheson Vendanji folgen. Nahezu ohne Widerworte verlassen sie ihre Familien, ihre Freunde und ihre Heimat, um dem fremden Mann durch das halbe Land hinterherzureiten. Eine Erklärung lässt auf sich warten. Auch nach der knappen Hälfte des Buches werden die Charaktere und der Leser mit der Antwort abgespeist: „Ihr werdet es bald erfahren.“ „Jetzt ist keine Zeit.“ usw. Neben dieser Hinhaltetaktik, die leider wenig zur Spannung beitragen kann, versucht Orullian mit einer Liebesgeschichte etwas Würze in die Geschichte zu bringen. So verliebt sich Tahn bereits auf den ersten Blick in die geheimnisvolle Begleiterin des Sheson. Diese stellt sich rasch als Fern heraus, eine menschliche Rasse, der nur ein kurzes Leben geschenkt ist. Diese Liebe auf den ersten Blick wäre an sich noch zu verkraften, wäre die Fern Mira nicht so eine klischeebeladene Figur. In Gedenken an Legolas und Co. sieht Mira nicht nur blendend aus, sondern versteht es mit Schatten zu verschmelzen und sich lautlos zu bewegen - was sie auch ohne Not beständig unter Beweis stellt. Zudem ist die junge Fern in dem mysterösen Umhang eine meisterhafte Reiterin und nahezu unschlagbar mit dem Schwert.


Fazit

Peter Orullians Debutroman ist im Deutschen über den Blanvalet Verlag in mehreren Teilen erhältlich. Der erste Band Das Gewölbe des Himmels – Der Vergessene besticht auf den ersten Blick durch ein schön gestaltetes Cover und eine interessante Welt aus Licht und Schatten. Unausgereifte, eindimensionale Charaktere, fehlendes Gleichgewicht zwischen Gut und Böse sowie eine zähe Handlung in altbekannter Heldenreisemanier gestalten die 670 Seiten allerdings zu einer Mühsal. So versinkt die Reise von Tahn und seinen Freunden ohne wirkliches Alleinstellungsmerkmal im Meer der Fantasyromane.


Pro/Contra

+ Welt
+ Grundidee der Figuren, gerade auf Seiten der Bösen
+ Gestaltung des Einbands, Weltkarte im Inneren

o wechselnde Erzählperspektive

- abgehackt wirkende Kapitel
- fehlplatzierte, teilweise unsinnige Dialoge
- unverständliche Sätze
- eindimensionale, klischeebeladene Figuren
- die Handlung kommt lange nicht in Fahrt
- keine Spannung
- fehlendes Glossar

Bewertung: sterne1.5

Charaktere: 1/5
Handlung: 2/5
Lesespaß: 1,5/5
Preis/Leistung: 1,5/5