Dynamit gegen den Brutalkapitalismus
«Ein aufgeblasenes Monsterpuzzle», zürnte Michiko Kakutani, die einflussreiche wie berüchtigte Chefkritikerin der New York Times. Andere mäkelten, 1596 Seiten seien für einen Roman «unanständig dick» und wiegen Bücher wie dieses aufs Gramm genau aus, um auf dieser Basis nach der Nützlichkeit des Objekts, verglichen etwa mit dem heimischen Toaster, zu fragen – ein US-Kritiker hat sich den flauen Scherz erlaubt. Denis Scheck kommentierte diese McBook-Haltung lakonisch: «Gewisse Kunstwerke erfordern nun einmal so viel an Aufmerksamkeit und schlicht und einfach auch an Lesezeit.» Wer diesen Backstein von einem Abenteuerroman bis zum Ende liest, wird reich beschenkt: Es bleibt «die Euphorie, einen literarischen Ozean überquert und eines der größten Abenteuer der Gegenwartsliteratur bestanden zu haben» (Focus).
"Gegen den Tag umspannt den Zeitraum zwischen der Weltausstellung in Chicago 1893 und den Jahren kurz nach dem Ersten Weltkrieg und führt von den Arbeiterunruhen in Colorado über das New York der Jahrhundertwende, London und Göttingen, Venedig und Wien, den Balkan, Zentralasien, Sibirien zur Zeit des Tunguska-Ereignisses und Mexiko während der Revolution ins Paris der Nachkriegszeit, Hollywood während der Stummfilmära und an ein, zwei Orte, die auf keiner Landkarte zu finden sind. Während sich die weltweite Katastrophe schon am Horizont abzeichnet, beherrschen hemmungslose kapitalistische Gier, falsche Religiosität, tiefe Geistlosigkeit und böse Absichten an hohen Stellen das Bild. Derweil treibt Thomas Pynchon sein Spiel. Figuren unterbrechen ihr Tun, um größtenteils alberne Liedchen zu singen. Seltsame und abseitige Sexualpraktiken werden ausgeübt, obskure Sprachen gesprochen, und das nicht immer idiomatisch richtig. Kontrafaktische Ereignisse finden statt. Vielleicht ist dies nicht die Welt, aber mit ein, zwei kleinen Änderungen könnte sie es sein." T.P.
Quelle: Rowohlt Verlag