Basar der bösen Träume (Stephen King)

king basar

Heyne, 18.01.2016
Originaltitel: The Bazaar of Bad Dreams (2015)
Übersetzt von Wulf Bergner, Ulrich Blumenbach, Jürgen Bürger und dreizehn weiteren Personen
Gebunden, 766 Seiten
€ 22,99 [D] | € 23,70 [A] | 33,90 CHF
ISBN: 978-3-453-27023-7

Genre: Horror, Mystery, Krimi, Belletristik


Inhalt

Vorbemerkung des Autors - Vorwort - Raststätte Mile 81 (Mile 81) - Premium Harmony (Premium Harmony) - Batman und Robin haben einen Disput (Batman and Robin Have an Altercation) - Die Düne (The Dune) - Böser kleiner Junge (Bad Little Kid) - Ein Tod (A Death) - Die Knochenkirche (The Bone Church) - Moral (Morality) - Leben nach dem Tod (Afterlife) - Ur (Ur) - Herman Wouk lebt noch (Herman Wouk Is Still Alive) - Ein bisschen angeschlagen (Under the Weather) - Blockade Billy (Blockade Billy) - Mister Sahneschnitte (Mister Yummy) - Tommy (Tommy) - Der kleine grüne Gott der Qual (The Little Green God of Agony) - Jener Bus ist eine andere Welt (That Bus Is Another World) - Nachrufe (Obits) - Feuerwerksrausch (Drunken Fireworks) - Sommerdonner (Summer Thunder)


Rezension

Basar der bösen Träume versammelt auf 766 Seiten zwanzig zum Teil sehr lange Geschichten mit einem Umfang zwischen sechs und neunzig Seiten. Ein paar Storys sind Erstveröffentlichungen, die meisten wurden in den Jahren 2009-2015 verstreut publiziert. Einige Geschichten sind auch deutschen Lesern leicht zugänglich gewesen, zumeist die e-books, so dass King-Fans nicht alles unbekannt sein dürfte. „Böser kleiner Junge“ erlebte seine Welt-Erstveröffentlichung in deutscher Fassung. Die Sammlung beginnt mit einer kurzen Vorbemerkung und einem längeren Vorwort. Jede Story wird eingeleitet mit einem Text zur Entstehung der Geschichte und über das Schreiben im Allgemeinen. Manches ist bekannt aus Kings Sachbuch „Das Leben und das Schreiben“. King fühlt sich offenbar wohler, wenn er nicht weiß, wohin eine Story sich entwickelt („wenn ich nicht weiß, wie es ausgeht, dann weiß es der Leser auch nicht.“)

In „Raststätte Mile 81“ erzählt King ein weiteres Mal von einem bösen Automobil, einem Motiv, das ihn durch seine Karriere begleitet. Der kleine Pete langweilt sich und stromert durch die Gegend. In der verlassenen und heruntergekommenen Raststätte findet er jede Menge interessante Dinge, darunter Nacktfotos von Frauen und eine angebrochene Flasche Wodka. Während er seinen Rausch ausschläft, erleben andere Menschen, darunter die kleine Rachel, die sich erwachsen fühlen möchte, auf dem Parkplatz das Grauen: Ein Auto frisst Menschen, bis Pete herausfindet, worum es sich bei dem Monsterauto handelt und wie es bekämpft werden kann. Ein Nachmittag reicht dabei aus, das Kind durch eine Coming-of-age-Geschichte im Zeitraffer zu schicken. Ein kritischer Blick auf die Geschichte führt zu einer weniger wohlwollenden Einschätzung. „Raststätte Mile 81“ funktioniert im Grunde nur, weil es ausreichend Erwachsene gibt, die dumm genug sind, den Kindern nicht zu glauben, was diese gesehen haben, und sich deshalb als Happen anbieten, obwohl das Monsterauto über sichtbare beunruhigende Merkmale verfügt.

„Premium Harmony“ handelt von einem Ehepaar, das offensichtlich schon zu lange verheiratet ist und im Zuge der Beziehungsbuchhaltung zu viele Altlasten angespart hat, denen entsorgungstechnisch nur schwer beizukommen ist. „Batman und Robin haben einen Disput“ erzählt von einem Mann und seinem dementen Vater, beschreibt auch obszöne Details einer solchen Beziehung. „Ur“ wurde ursprünglich als Auftragsarbeit zur Kindle-Vermarktung geschrieben. Herausgekommen ist die Geschichte eines Literaturdozenten an einer durchschnittlichen Universität in Kentucky, dem ein sehr spezieller Kindle den Zugang zu Paralleluniversen ermöglicht, in denen Ereignisse als Alternativweltgeschichten konstruiert sind. Die Story enthält einige ausgezeichnete Einfälle und ausreichend Redundanz, um bald arg vorhersehbar zu werden.

In „Die Düne“ (deren unverständlich übersetzter Anfang in der Neuauflage noch einer Nachkorrektur bedarf) und „Böser kleiner Junge“ führen zwei Männer ein Gespräch, in dessen Verlauf der eine von ihnen eine Geschichte über Todesfälle und deren Ursachen erzählt. Beide bedienen sich Erzählmuster klassischer gemächlicher Mysterygeschichten, und es gibt am Ende keine Auflösung im Sinne einer Erklärung. „Ein Tod“ ist eine gute Story über die Freude von Menschen an Gewalt und über Probleme mit bestimmten Vorstellungen von Recht und Beweisführung. Das Ende lässt von vier logischen Möglichkeiten zwei als plausibel übrig, wer der Täter gewesen sein könnte. In „Moral“ beschreitet eine Frau unter Anleitung eines Geistlichen einen fragwürdigen Pfad, der nicht nur das Ende ihrer Ehe bedeutet. Sie begeht eine Sünde, stellvertretend für den Geistlichen, nimmt ihre Tat auf Video auf und erbt im Gegenzug. Nicht die Sünde, sondern die Schuld ist Thema dieser reizvollen Erzählung. In „Blockade Billy“ wird die Biographie William Blakelys recherchiert, der in der Baseball Major League als Fänger zu Berühmtheit gelangte. Eine Story mit Interviewcharakter und einer interessanten Wendung, die auch ohne Baseballkenntnisse nachvollzogen werden kann.

„Die Knochenkirche“ und „Tommy“ sind zwei, zumindest in der deutschen Fassung, sprachlich schwer verdauliche Gedichte oder Verserzählungen. „Der kleine grüne Gott der Qual” befasst sich als Horrorerzählung mit einer neuen Erklärung für chronische Schmerzen, die als Idee gut sein mag, die Geschichte ist jedoch, wie einige andere im Buch, banal und von geringem Unterhaltungswert. Manche Storys, darunter „Feuerwerksrausch“, basieren auf einer dünnen Idee, die dünn vermittelt wird. Andere, wie „Ur“ und „Nachrufe“, haben zwar eine gute Idee, sind aber zu offensichtlich in ihrem Verlauf. Zum Abschluss lesen wir “Sommerdonner”, eine gut erzählte und schöne Kurzgeschichte über den Weltuntergang, die zwei Männer und einen Hund als Hauptfiguren hat.

Stephen King behandelt auch in Basar der bösen Träume Themen, die für sein Werk bestimmend sind, darunter: Eheprobleme, Alkohol, Alter und Krankheit. Auffällig ist der geringe Anteil an Phantastik, Horror und unnatürlichen Todesfällen. Der Tod ist hier kein Monster, sondern verstärkt ein natürliches Phänomen, das Ende, dem sich jedes Leben irgendwann ausgesetzt sieht. Ein Teil der Geschichten folgt dem erklärten Wunsch Kings, wie andere Autoren zu klingen. Zu den ansprechendsten Titeln in dieser Sammlung gehören die längeren Erzählungen, die zum Teil als Novellen durchgehen, „Raststätte Mile 81“, „Ur“, „Nachrufe“, auch „Böser kleiner Junge“.


Fazit

Basar der bösen Träume bietet zumeist klassischen Stephen King, einfach und geradeheraus, aber insgesamt etwas unausgewogen und mit wenig inhaltlichem Zusammenhang: halt ein Basar, wie der Titel schon klärt.


Pro und Kontra

+ Figuren mit Charaktertiefe
+ King hat jeder der Geschichten einen einführenden Text vorangestellt

- Einführungen tragen wenig bei zur Leseerfahrung
- zu viel Redundanz und Vorhersehbarkeit

Wertung: sterne3.5

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


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Tags: Stephen King