Titan Publ. Group Ltd. (27. Februar 2015)
Taschenbuch
387 Seiten, 9,60 EUR
ISBN: 978-1783295401
Genre: Fantasy
Klappentext
Most people only know one London; but what if there were several? Kell is one of the last Travelers - magicians with a rare ability to travel between parallel Londons. There's Grey London, dirty and crowded and without magic, home to the mad king George III. There's Red London, where life and magic are revered. Then, White London, ruled by whoever has murdered their way to the throne. But once upon a time, there was Black London....
Rezension
Kell ist ein Antari, ein Blutmagier. Als solcher kann er nicht nur Zauber wirken, die anderen Magiern unmöglich sind, sondern auch zwischen den verschiedenen Versionen Londons wechseln - Fixpunkten in Welten, deren Magie und historische Entwicklung völlig andere Richtungen eingeschlagen haben. Kell wurde auf magische Weise seiner frühesten Erinnerungen beraubt und in die Königsfamilie von Red London adoptiert, die ihn immer wieder auf diplomatische Missionen schickt. Eine davon führt ihn in das von den skrupellosen Dane-Geschwistern regierte White London, wo ihm durch eine Verkettung sonderbarer Ereignisse ein Stein in die Hände fällt, der die unberechenbare, unkontrollierbare Magie Black Londons in sich trägt.
Dieser erweist sich als ein für seinen Träger ebenso mächtiges wie gefährliches Werkzeug, weswegen auch die Dane-Geschwister und ihr Vollstrecker Holland, der einzige andere Antari, hinter ihm her sind. Auf seiner Flucht vor ihnen gerät Kell in Grey London an die Diebin Lila. Obwohl ihre erste Begegnung alles andere als friedlich verläuft, beginnen sie schließlich widerwillig, zusammenzuarbeiten, um sich und vor allem den Stein aus der Reichweite ihrer Feinde zu bringen. Gemeinsam machen sie sich auf eine gefährliche Reise durch sämtliche Londons, nur um eines festzustellen: Solange sie den Stein bei sich haben, ist es nirgendwo sicher.
Der Aufbau der Welt in „A Darker Shade of Magic“ ist nicht nur originell, sondern auch ausgezeichnet ausgeführt: Der Leser hat lebendige, atmosphärische Bilder der verschiedenen Londons vor Augen und erfährt alles, was er über ihre Kultur und Magie wissen muss, ohne je von ausufernden Beschreibungen gelangweilt zu werden. Die beschriebene Magie ist vielgestaltig (es gibt eine Form von Elemente-Magie, Runenmagie und die Magie der Antari, welche durch vergossenes Blut und gesprochene Kommandos funktioniert). Die Bewohner der verschiedenen Londons unterscheiden sich auch in der Form der Magie, die sie bevorzugen, und ihrem Verhältnis zu dieser: Im lebendigen, farbenfrohen Red London mit seiner rot schillernden Version der Themse wird vor allem Elemente-Magie genutzt und beinahe als ein Freund betrachtet. White London hingegen leidet unter seiner Nachbarschaft zu Black London, das zur Gänze von chaotischer Magie geflutet wurde. In der sonderbar ausgeblichenen, von Gewalt und Verzweiflung geprägten Stadt geht es ausschließlich um Kontrolle. Magie wird als ein Feind gesehen, den es zu beherrschen gilt, und es gibt zahlreiche Zauber, um auch den Willen anderer Menschen zu beherrschen. Trotz dieser Vielfalt wirken die Fähigkeiten der Zauberer in „A Darker Shade of Magic“ immer stimmig und nie beliebig.
Obwohl Kell als Mitglied der königlichen Familie zahlreiche Privilegien genießt, kann er nicht anders, als sich zu fragen, welche Erinnerungen ihm auf magische Weise gestohlen wurden. Er handelt zwar gelegentlich unüberlegt und tritt abweisend auf, aber ist dennoch ein Protagonist mit Identifikationspotential, vor allem, da er sich auch verantwortungsbewusst und loyal zeigt, wenn es darauf ankommt. Lila beginnt die Handlung als eine Diebin, die nur an ihrem eigenen Vorteil und ihrer Unabhängigkeit interessiert ist, durchläuft aber im Laufe der Handlung eine Entwicklung und lernt, eine gewisse Nähe zu Kell zuzulassen. Obwohl sie jäh mit Magie und Parallelwelten konfrontiert ist, passt sie sich bemerkenswert schnell an die neue Situation an und wird zu einer wertvollen Verbündeten des Antari.
Weder Lila noch Kell haben Hemmungen, zu töten, wenn sie oder diejenigen, die sie beschützen wollen, bedroht sind. Andernfalls hätten wie wohl kaum eine Chance, die Ereignisse zu überleben, in die sie verwickelt werden, denn auch die Gegenspieler des Duos sind bemerkenswerte Gestalten: Astrid und Athos Dane sind vielleicht einseitig bösartig, aber dennoch Charaktere, die sich dem Leser ins Gedächtnis schreiben und die vor allem eine Bedrohung darstellen, die den Ausgang der Geschichte bis zum Ende zweifelhaft erscheinen lässt. Dasselbe gilt für Holland, den verbitterten Antari, der gezwungen ist, ihnen zu dienen, und der sich als ebenbürtiger Gegner für Kell erweist. Und dann ist da noch die Magie des Steins, die ihren ganz eigenen Willen hat…
„A Darker Shade of Magic“ ist aus wechselnden Perspektiven in der Vergangenheitsform geschrieben (man könnte vielleicht anmerken, dass es ein paar „Wegwerf-Charaktere“ zu viel gibt, aber das ist Jammern auf hohem Niveau). V.E. Schwab hat ein Talent für atmosphärische Beschreibungen und erweckt Schauplätze und Charaktere gleichermaßen zum Leben. Die Handlung schreitet rasch voran und es kommt immer wieder, oftmals unerwartet, zu dramatischen, bildgewaltig geschilderten Konfrontationen.
Fazit
„A Darker Shade of Magic“ verbindet eine originelle Grundidee mit einer sehr gelungenen Umsetzung. Charaktere, Schauplätze und Handlung überzeugen gleichermaßen und die nicht abreißende Spannung macht es schwer, das Buch zur Seite zu legen.
Pro und Contra
+ originelle Grundidee
+ alternative Londons mit völlig verschiedenen, plausiblen Kulturen und Magiesystemem
+ atmosphärische Beschreibungen
+ durchgängige Spannung
+ ernstzunehmende Gegner
- „Wegwerf-Charaktere“ in den Nebenrollen
Wertung:
Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5