Die Maschinen (Ann Leckie)

leckie maschinen

München 2015, Wilhelm Heyne Verlag
Originaltitel: Ancillary Justice (2013)
Übersetzung von Bernhard Kempen
Mit einer Vorbemerkung des Übersetzers und einem Interview mit der Autorin
Paperback, 541 Seiten
€ 14,99 [D] | € 15,50 [A] | CHF 20,90
ISBN 978-3-453-31636-2

Genre: Science Fiction


Rezension

Ann Leckies Space Opera Die Maschinen ist der erste Band einer Trilogie, die einige tausend Jahre in der Zukunft spielt. Die Hauptfigur und Ich-Erzählerin ist Breq, einziges überlebendes Segment des Raumschiffs Gerechtigkeit der Torren. In menschlicher Gestalt trifft sie auf einem Winterplaneten den schwer verletzten Seivarden Vendaai, mit dem sie durch das Eis zieht. Lange Zeit bleibt unklar, warum Breq sich mit Seivarden belastet, zumal er ihr von früher in schlechter Erinnerung geblieben ist.

Breq ist dabei, einen lange vorbereiteten Racheplan umzusetzen. Vor neunzehn Jahren, während der feindlichen Übernahme des Planeten Shis’urna durch die Radchaai, wurde sie von der Herrscherin der Radchaai, Anaander Mianaai, gezwungen, einen ihrer Offiziere zu erschießen. Später dann wurde die Gerechtigkeit der Torren zerstört. Breq ist auf der Suche nach Anaander Mianaai, die in tausenden Manifestationen existiert. Sie trifft schließlich auf mehrere von ihnen, die sich im Bewusstsein auseinander entwickelt haben und einander bekämpfen.

Die Radchaai sind eine auf fortwährende militärische Expansion angelegte kulturell hoch entwickelte galaktische Supermacht, technologisch überlegene Imperialisten, die ihre Gefangenen entweder liquidieren oder in Hilfseinheiten transformieren, lebende Tote, die durch implantierte Chips gesteuert werden, künstliche Intelligenz, die aus ihnen funktionierende Soldaten macht.

Die Radchaai dominieren zwar die Galaxis, bekommen jedoch die Presger nicht in den Griff. Die Presger zwingen anderen Spezies Verträge auf, deren Durchsetzung sie mit ihrem überlegenen technologischen und militärischen Stand sicherstellen. Das körperliche Erscheinungsbild der Presger wird zumindest im ersten Band der Reihe nicht beschrieben, anders als die Rrrrrr, die aussehen wie bepelzte Schlangen mit mehreren Extremitäten und sich in tierischen Lauten verständigen. Leckie thematisiert in diesem durch verschiedene Spezies bestimmten Handlungsraum den Zusammenhang von Barbarei und Zivilisation, menschlich und nicht-menschlich, als von Interessen abhängige soziale Konstruktion.

Der Radchaai Seivarden, über den Breq zu Beginn des Romans stolpert, ist die uninteressanteste Figur und scheint allein dem Zweck zu dienen, für Breq im Verlauf der Handlung von Nutzen zu sein. Da er ansonsten unerheblich ist, erholt er sich die meiste Zeit, ist bewusstlos oder schläft.

Stilistisch ambitioniert, mit glaubwürdigen und differenzierten Charakteren sowie einer Verschwörungsgeschichte, spricht das Buch eine breite Leserschaft an. Bemerkenswert ist Leckies langsame Konstruktion eines Weltentwurfes, insbesondere des Radchaai-Universums.

Die Maschinen erzählt auch von einer künstlichen Intelligenz, die lernt, menschlich zu werden. Die empfindsame Breq erfährt die Welt um sich herum, lernt fremde Sprachen, verfügt jedoch nicht über die Lebenserfahrung von Menschen. Breq ist älter als 2000 Jahre und repräsentiert einen Entwicklungsstand künstlicher Intelligenz, die über ein höheres Bewusstsein verfügt. Die künstlichen Intelligenzen sind wie ein System organisiert, in dem es ein kollektives Bewusstsein gibt, welches sich über eine Vielzahl von Körpern verteilt.

Leckie ersetzt in Die Maschinen das generische Maskulinum durch ein Femininum. Dies fällt bei der Lektüre zuerst ins Auge und ist folgerichtig Gegenstand nahezu jeder Veröffentlichung über den Roman. Die Radchaai und die Ich-Erzählerin Breq unterscheiden sprachlich nicht zwischen Geschlechtern. Unterschiede gibt es nur, wenn Breq sich mit einer Person aus einer Kultur unterhält, in der Geschlechtsunterschiede sprachlich wichtig sind. Um nicht (unangenehm) aufzufallen, versucht sie in diesen Zusammenhängen herauszufinden, ob sie es mit einem Mann oder einer Frau zu tun hat. Uns ergeht es bei der Lektüre ähnlich, wissen wir doch oft nicht oder nicht sofort, ob wir es mit einem Mann oder einer Frau zu tun haben.

Im Jahr 2013 wurde Die Maschinen einer der am meisten diskutierten Genreromane, weil er fünf Literaturpreise als bester Roman erhielt: von der World Science Fiction Society (WSFS) den Hugo Award; von den Science Fiction and Fantasy Writers of America den Nebula Award; den Arthur C. Clarke Award; von der British Science Fiction Association den BSFA Award; den Locus Award. Außerdem wurde er für den Compton Crook Award der Baltimore Science Fiction Society nominiert, kam auf die Shortlist für den Philip K. Dick Award und auf die Ehrenliste für den James Tiptree, Jr. Award, als Genreroman, der das Genderverständnis erweitert oder untersucht.


Fazit

Ann Leckies Romandebüt Die Maschinen ist eine Space Opera, in der die Hauptfigur Breq, ein früheres Raumschiff, sich an einer mächtigen Figur rächen will. Auf dem Weg zu ihrem Zielort berichtet sie die neunzehn Jahre zurückliegenden Ereignisse, die ihre Handlung motivieren.


Pro und Kontra

+ künstliche Intelligenz als Hauptfigur
+ interessante Behandlung räumlich verteilter Intelligenz
+ Experiment mit dem generischen Femininum

o aufgrund der Eigenschaften der Hauptfigur eher distanziert und kalt erzählt

Wertung: sterne4

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5

Tags: Space Opera, Künstliche Intelligenz, Ann Leckie, SF-Autorinnen, progressive Phantastik