Verlag: Splitter-Verlag; (März 2015)
Gebundene Ausgabe: 152 Seiten; 29,95 €
ISBN-13: 978-3958399006
Genre: Abenteuer/ Science Fiction
Klappentext
Eine außergewöhnliche Reise
Großbritannien 1927.
Noemie und Emilien sind keine Kinder wie alle anderen. Die Cousins aus einer reichen Familie haben ihre gesamte Kindheit im Internat verbracht und ihre Eltern kaum gesehen. Als die beiden kleinen Genies wieder ins elterliche Gutshaus geholt werden, sind sie zunächst gar nicht begeistert über den vermeintlichen Verlust ihrer Unabhängigkeit. Schnell jedoch werden sie in den Bann des alten, riesigen Familiengemäuers gezogen, dessen Räume, angefüllt mit den Erfindungen von Emiliens Vater, zu so einigen Entdeckungstouren einladen. Als Letzterer plötzlich spurlos verschwindet, ist die Aufregung groß. Wäre es möglich, dass die mysteriöse Maschine, die er für den Jules-Verne-Wettbewerb gebaut hat, mit seinem Verschwinden zusammenhängt?
Rezension
Sieben Jahre haben Emilien und Noemie nur durch Postkarten aus der ganzen Welt Kontakt mit ihren Eltern, bzw. ihrem Vater. Da plötzlich teilt ihnen der Leiter ihres Internats mit, dass Noemies Eltern sie abholen und zum Familiensitz bringen wollen, mindestens für die Ferien. Weder Noemie noch Emilien ist davon begeistert, aber das ändert sich schnell, als sie die Erlaubnis bekommen, das Haus erforschen zu dürfen. Ebenso wird ihr Baumhaus vom Ort des Internats auf das Anwesen gebracht. Eine wichtige Sache für die Beiden, schließlich lieben sie es, dort an technisch weit fortgeschrittenen Sachen zu basteln. Noemies Eltern sind nach wie vor kaum an ihrer Tochter interessiert, aber das stört diese auch nicht weiter, schließlich hat sie in ihrem Cousin Emilien jemanden, mit dem sie ausgiebig forschen und erfinden kann. Dann taucht Amelia als neue Gouvernante auf und ab da überschlagen sich die Ereignisse. Wie sich herausstellt, war Amelia eine Assistentin von Emiliens Vater und half ihm und seinem Forschungskollegen Terence bei der Arbeit an einen Prototypen für den Jules-Verne-Wettbewerb. Der erste Testlauf ging schief und wie sich kurz darauf herausstellt, wurden Terence und Emiliens Vater von einem geheimnisvollen Geldgeber entführt. Der Entschluss Emiliens Vater zu finden, ist schnell gefasst und dazu müssen die Vier am Jules-Verne-Wettbewerb teilnehmen, aber bereits die Reise nach Paris ist mit etlichen Steinen gepflastert.
Eine außergewöhnliche Reise ist ein großes Abenteuer für alle Altersklassen. Geschrieben von Denis-Pierre Filippi und gezeichnet von Silvio Camboni entführt es in eine recht eigenwillige Version der 20er Jahre. Der erste Weltkrieg dauert noch an und wird zwischen England und dem Festland geführt, wobei die Parteien nie klar genannt werden. Sicher ist aber, dass sich in diesen Konflikt eine dritte Partei einmischt – Die dritte Achse. Wer dahinter steckt, weiß keiner und ebenso auf welcher Seite sie steht, denn sie scheint wahllos auf beiden Seiten einzugreifen. Dies bildet den Hintergrund für Noemis und Emiliens Geschichte. Da mag es auf den ersten Blick etwas seltsam wirken, dass so etwas wie der Jules-Verne-Wettbewerb, bei dem die Teilnehmer mit ihrem Gefährt Hindernisse zu Lande, zu Wasser und in der Luft überwinden müssen, stattfindet, aber seltsamerweise fällt das während des Lesens gar nicht so auf, sondern wirkt eher sehr organisch. Der Krieg hält nun schon lange an und irgendwie haben sich alle mit der Unsicherheit arrangiert und gelernt damit zu leben und genau das tut auch der Leser.
Das mag daran liegen, dass er sich in einer überbordenden Welt wiederfindet, in der riesige schwebende Festungen auf Kampfroboter und seltsame Erfindungen treffen. Es ist pure Phantasie und ein Haufen verrückter Einfälle, die Autor und Zeichner hier präsentieren. Sie fordern den Leser auf zum Staunen und mit ihnen eine Welt zu erkunden, die so einem Jules-Verne-Roman entsprungen sein könnte. Allerdings verlassen sie sich nicht allein auf die Macht des Neuen und Verrückten, sondern Filippi erzählt dazu eine verwickelte Geschichte, die als Abenteuer à la 20000 Meilen unter dem Meer beginnt und im Prinzip wie bei James Bond endet. Seine Charaktere stellt er alle durch die Bank sehr gut dar und gibt ihnen genügend Raum und findet dabei die Zeit, sehr viele Anspielungen auf reale Ereignisse und die Popkultur einzubauen. Da werden Midichlorianer zusammen mit Hobbits erwähnt und Tim und Struppi schauen ebenfalls ganz kurz vorbei. Dazu verknüpft Filippi seine Geschichte mit realen Persönlichkeiten. Howard Hughes, der für jedes Abenteuer zu haben war, spielt ebenso eine wichtige Rolle, wie Al Capone, der hier allerdings rehabilitiert wurde. All diese Elemente würzt Filippi mit viel Humor und an ein, zwei Stellen darf es sogar mehr oder weniger offensichtlich etwas zweideutig werden. Allerdings immer so weit im Rahmen, dass Eine außergewöhnliche Reise auch für etwas ältere Kinder geeignet bleibt. Vermutlich dürften Kinder und Jugendlichen so mancher Witz entgehen, über die Erwachsene lachen können, denn es sind einfach unheimlich viele Anspielung in Wort und Bild enthalten. Einziges Manko ist, dass die Geschichte nur zu einem vorläufigen Ende kommt, welches zwar durchaus rund ist und so stehen bleiben könnte, aber Lust auf mehr macht. Glücklicherweise wird in diesem Jahr in Frankreich die Reihe mit einem neuen Zyklus fortgesetzt.
Silvio Camboni hat aus Eine außergewöhnliche Reise einen wirklich außergewöhnlichen Band gemacht. Er hat bereits für Disney gearbeitet und dies sieht man an seinem klaren Strich und seinen vielen kleinen Details, die er in seine Zeichnungen einbaut. Leicht cartoonhaft wirken seine Bilder, was keineswegs negativ gemeint ist. Seine Figuren sind etwas überzeichnet, wobei die übergroßen Augen am meisten auffallen. Ansonsten kann er sich so richtig austoben bei all den Maschinen, Robotern und Erfindungen, die vorkommen und der Spaß an seiner Arbeit ist in seinen Zeichnungen klar erkennbar. Er kombiniert die Vorstellungen an die 20er Jahre hervorragend mit einer Steam Punk ähnlichen Optik und verbindet das mit Elementen aus alten Jules-Verne-Filmklassikern und herauskommt ein wirklich beeindruckendes graphisches Kunstwerk, in dessen Betrachtung man sich allzu leicht bei all den kleinen Details verlieren kann. Künstlerisch einer der interessantesten und besten Comics der letzten Jahre und eigentlich bereits deshalb ein Pflichtkauf für alle.
Splitter hat im Übrigen die drei in Frankreich erschienen Einzelbände zu einem Band zusammengefasst und dies war auf jeden Fall das richtige Vorgehen. So kann Emiliens und Noemis Abenteuer in einem Rutsch gelesen werden. Die Cover der ersten beiden Bände sind am Ende abgedruckt worden.
Fazit
Filippi und Camboni präsentieren mit Eine außergewöhnliche Reise eine wilde Mixtur aus realen Persönlichkeiten, Abenteuer, Humor und überbordender Phantasie. Dazu ist ihre Geschichte einer der am Schönsten anzuschauenden Comics der letzten Jahre. Mehr Kaufargumente braucht es da nicht mehr.
Pro & Contra
+ phantasiereich
+ Roboter Luftschiffe, Zeppeline und jede Menge verrückte Erfindungen
+ viel Humor, der auch mal subtiler daher kommt
+ viele Anspielungen
+ wunderbare Zeichnungen
Bewertung:
Charaktere: 4/5
Handlung: 5/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Humor: 4/5
Preis/Leistung: 5/5
Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Denis-Pierre Filippi:
Rezension zu Spirou & Fantasio Spezial – Stiftung Z
Rezension zu Der Letzte Schatten Bd.1
Rezension zu Der Letzte Schatten Bd.2