Ulrike Helmer Verlag, 1. Auflage, März 2016
Taschenbuch, 210 Seiten,
13,95 Euro [D]
ISBN-13: 978-3-897-41387-0
Genre: Liebesroman
Klappentext
Paulina ringt mit sich und dem Leben. Sie ist Mitte zwanzig und noch immer in Ausbildung. Da verliert sie obendrein ihren Brotjob und im Häuschen ihrer Großmutter streikt die Heizung … In der Not nimmt die junge Frau einen Job als Escort Girl an. Sex verkaufen ist für sie taub – aber warum nicht mit einer Kundin gegen Bezahlung nett ausgehen?
Die Autorin
Carolin Schairer wuchs in Niederbayern auf. Die Diplom-Journalistin schrieb als Freie für Zeitungen und Magazine, war in der Medienbeobachtung, in der Markt- und Meinungsforschung und als PR-Mitarbeiterin eines Großunternehmens tätig. Sie lebt in Wien.
Rezension
Im Alter von 14 Jahren bricht Paulinas Welt zusammen: an einem regnerischen Nachmittag verliert sie nicht nur ihre Eltern, sondern auch ihre große Schwester Elisabeth. Von nun an wächst Paulina bei ihrer Großmutter auf. Zehn Jahre geht alles gut, Paulina kümmert sich um den Haushalt, verdient das nötige Kleingeld zum Leben und versorgt die kränkliche Großmutter. Doch dann gehen mehrere Dinge schief: der Boiler im Haus muss kostenintensiv ersetzt werden, und Paulina verliert ihren Job im Callcenter. Die Familie steht vor dem Ruin. Da meldet sich ihre ehemaligen Callcenter-Kollegin Jaqueline mit einem unglaublichen Angebot. Wiederwillig nimmt Paulina den Job als Escort Girl an, unter der Bedingung, nur mit Frauen auszugehen. Wenig später bekommt sie ihren ersten Auftrag. Johanna Engel bittet sie zum Dinner. Mit gemischten Gefühlen begibt sich Paulina zum Restaurant. Aus dem ersten ungemütlichen Date ergibt sich eine ungewöhnliche Freundschaft, und vielleicht sogar mehr, denn Paulina beginnt sich, in die zurückhaltende Johanna zu verlieben. Doch ein dunkles Geheimnis liegt über Johanna- ein Geheimnis, das die Beziehung der beiden Frauen für immer zu zerbrechen droht.
Nachdem Carolin Schairer in ihrem letzten Liebesroman mit Vesna eine recht laute und schillernde Hauptfigur hatte, widmet sie sich in Die Sterne vom Himmel holen wieder leiseren Tönen. Johanna ist wohlerzogen, zurückhaltend und aufgrund einer körperlichen Behinderung, die sie als Kind jahrelang ans Bett fesselte, sozial unsicher. Paulina hingegen ist eine erfrischend sympathische und offene Mittzwanzigerin mit einigen erfrischenden Eigenschaften, die sie regelmäßig ihre Beziehungen kosten. Statt Feiern zu gehen, verbringt sie ihre Tage nämlich lieber mit ihrer Großmutter oder züchtet in ihrem Garten ungewöhnliche Tomatensorten, die vom Aussterben bedroht sind. Dann ist da noch die Sache mit Lisi – obwohl Paulinas älteste Schwester vor zehn Jahren verstorben ist, wird Paulina regelmäßig von ihrer Schwester besucht. Ob in schwierigen Situationen oder an einem lauen Abend, Lisi schaut regelmäßig vorbei und leistet ihrer Schwester schweigend Gesellschaft.
Trotz dieses phantastischen Elements ist Die Sterne vom Himmel holen ein typischer Schairer-Roman inklusive berührender Hintergrundgeschichten, einfühlsamer Romantik und feinem Humor. Mit jeder Seite verliert man sich mehr in Paulina und Johanna – eine ganz eigene Dynamik entspinnt sich zwischen den beiden, und man fiebert und fürchtet den dramaturgischen Höhepunkt, der dieses Mal mit einer erstaunlichen Enthüllung einhergeht. Es ist immer wieder erschreckend, wie plötzlich Schairer ihre Figuren von verliebt und fürsorglich zu verletzend und dickköpfig schalten lassen kann.
Die Geschichte ist durchgehend aus der Ich-Perspektive geschrieben. Im Gegensatz zu anderen Romanen ist Paulina dieses Mal die einzige Erzählerin, während wir von Johannas Innenleben und ihrer tragischen Geschichte nur nach und nach in Dialogen erfahren. Schairer wählt dieses Mal den Präsens und scheint selbst etwas schwer in die Materie gefunden zu haben. Denn am Anfang liest sich die Geschichte etwas holprig. Im Lauf der Geschichte wird der Stil aber wieder gewohnt fließend und einfühlsam. Größtes Plus ist jedoch Schairers Charakterdesign. Kunstvoll schafft sie es, mit nur wenigen Worten komplexe Figuren zu zeichnen und mit Leben zu füllen und ihre Geschichte zu erzählen. All dies auf kleinstem Raum. Vielleicht zu kleinen Raum, denn etwas mehr Seiten hätten es schon sein dürfen. So wirkt die Geschichte am Ende etwas gedrängt, der Abschluss etwas übereilt.
Fazit
Die Sterne vom Himmel holen erzählt die komplexe Geschichte von Paulina, die als Jugendliche ihre Familie verlor. Seitdem boxt sie sich mehr schlecht als Recht durchs Leben. Als sie in Geldnot gerät, muss sie widerwillig das Angebot annehmen, als Escort-Girl zu arbeiten und lernt die ältere Johanna kennen. Carolin Schairer erzählt wieder einmal eine spannende, einfühlsame Liebesgeschichte mit wundervollen Charakteren. Ein intensives, aber recht kurzes Lesevergnügen.
Pro/Contra
+ Charakterdesign
+ einfühlsamer Erzählstil
+ fein nuancierte Liebesgeschichte
o Präsens
- leicht überhastet wirkender Abschluss
Bewertung:
Charaktere: 5/5
Handlung: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5
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