Brennnesseljahre (Daniela Schenk)

Schenk Brennnesseljahre

Ulrike Helmer Verlag, 1. Auflage, März 2016
Taschenbuch, 355 Seiten,
17,95 Euro [D]
ISBN-13: 978-3-89741-360-3

Genre: Jugendroman


Klappentext

Nicola Dummermuth, dreizehn, tritt 1977 ihre Reise ins Erwachsenwerden an. Sie hofft, dass sie bei der Geburt vertauscht wurde, denn ihre Hippie-Mutter ist vom Karma besessen, der Vater ein Nichtsnutz, Schwesterchen Lydia sammelt seltsame Steine und die geliebte Oma verliert langsam ihr Hirn.
Noch schwieriger wird es, als die Jungs mit ins Spiel kommen, bei denen die Liebe auf Asphalt fällt. Am schrecklichsten jedoch ist die mandeläugige Neue in der Klasse, die ihr komplett auf den Keks geht. Bis alles anders kommt, als Nicola je gedacht hätte …


Die Autorin

Daniela Schenk recherchierte lange zu Verwechslungen und unglücklicher Liebe. Als Prinzessin im Schultheater erglühte sie für König Drosselbart. Er hatte raue Hände und erhörte sie nicht. Schon da zeichnete sich ab: Sie musste selbst Geschichten schreiben und sich von Prinzen verabschieden.


Rezension

Nicola Dummermuth führt nur auf den ersten Blick ein beschauliches Teenagerleben. In Wahrheit trägt sie schon seit Jahren die Verantwortung für ihre kleine Schwester, da die Eltern in ihren eigenen Welten leben. Der Vater spricht nach der Arbeit regelmäßig dem Alkohol zu. Die Mutter verliert sich auf der Suche nach ihrem Karma in pseudotherapeutischen Ideen und vergisst darüber den Haushalt. Die anderen Familienmitglieder indes streiten sich regelmäßig darüber, wie mit der steigenden Demenz der Großmutter verfahren werden soll. Trotzdem kämpft Nicola um etwas Eigenständigkeit und Normalität. Dazu gehört auch ihre beste Freundin Trice. Die beiden teilen jedes Geheimnis, unter anderem auch Nicolas Herzschmerz mit den Jungs. Die tägliche Routine wird gestört, als eine Neue in Nicolas Klasse kommt und die Eltern beschließen, ihr altes, tristes Leben hinter sich zu lassen. Plötzlich steht Nicola in Frankreich vor einer Ruine, die ihr handwerklich unbegabter Vater in ein Haus umbauen möchte. Die Demenz der Großmutter nimmt Überhand, und auch zwischen Trice und Nicola ist plötzlich nichts mehr wie es war. Zum Glück hat Nicola einen Plan. Mit einer neuen Geschäftsidee will sie genügend Geld verdienen, um ihren Eltern ‚Auf Wiedersehen‘ zu sagen. Bevor es dazu kommt, überschlagen sich die Ereignisse.

Daniela Schenk versucht sich in Brennnesseljahre an einer interessanten Mischung aus Humor, Liebesgeschichte und Roman übers Erwachsenwerden. Mit trockenem Humor versehen lässt sie dazu ihre Protagonistin in der Ich-Perspektive durch eine Familie stolpern, wie sie eigensüchtiger und verrückter nicht sein könnte. Die Geschichte wird in kurzen, teilweise nur 1-2 Seiten umfassenden Kapiteln aus der Ich-Perspektive der Protagonistin Nicola erzählt. Dabei dauert es eine Weile bis die Geschichte in Fahrt kommt. Ein Großteil der ersten Hälfte des Buches wird zur Etablierung der Charaktere und der Familienverhältnisse verwandt.

Weder die Mutter noch der Vater scheinen sich sonderlich für ihre Kinder zu interessieren. Die Mutter vernachlässigt zudem den Haushalt und die Kindererziehung, so dass viele der alltäglichen Aufgaben, wie zum Beispiel das Anziehen und Versorgen der fünfjährigen Schwester, von Nicola übernommen werden müssen. Wenn man Nicola glauben kann, befindet sich die Wohnung in einem konstanten Zustand der Verwahrlosung. Dennoch scheint sich niemand in der Familie zum Einschreiten genötigt. Ebenso irritierend ist die Protagonistin selbst, die sich auf der einen Seite über die Situation beschwert, es gleichzeitig aber auch als normal betrachtet, obwohl sie über ihre Freundschaften durchaus andere Vorbilder hat. Einerseits ist sie verantwortungsbewusst, geradezu erschreckend abgeklärt, wenn sie ihr eigenes Geschäft aufzieht, welches vorsieht, gegen Geld alten Menschen ihre Einkäufe nach Hause zu tragen. Auf der anderen Seite scheint Nicola entsetzlich frühreif und kindisch, wenn sie mit ihren 13 Jahren ständig darüber nachdenkt, welcher Junge als nächster Freund in Betracht käme. So schwankt man konstant zwischen Weinen und Lachen, während sich die abstruse Geschichte entfaltet.

Um die Handlung voranzutreiben, lässt Schenk kaum ein Unglück aus. Die Familie ist auf einer konstanten Spirale abwärts. Humor wird zu Tragik, wenn der Vater gefeuert wird, der geplante Ausstieg schief geht und die kleine Lydia Verhaltensauffälligkeiten entwickelt. Auch von den anderen Mitgliedern der Familien erhält Nicola keinen Beistand, und so stehen die Geschwister nachher allein vor einem Scherbenhaufen. Etwas Ruhe und positive Elemente bringt nur die kleine Liebesgeschichte, über die an dieser Stelle nicht zu viel verraten werden soll.


Fazit

Was sich auf den ersten Blick als origineller Roman übers Erwachsenwerden darstellt, entwickelt sich trotz oder gerade wegen zahlreicher Wendungen als verwinkelte Geschichte, die immer wieder ins Abstruse abgleitet. Brennnesseljahre erzählt die dramatische Jugend einer Protagonistin, die mit einem alkoholkranken Vater und einer unfähigen Mutter aufwachsen muss. Daniela Schenks Wortwitz-geprägter Stil und der trockene Humor wirken bei der Schwere des Stoffs teilweise fehl am Platz.


Pro/Contra

+ Grundidee
+ Darstellung der Geschwisterliebe zwischen Nicola und Lydia

o Ich Erzähler
o teilweise sehr kurze Kapitel

- Handlung ist teilweise überspitzt
- Stil ist in Hinblick auf die Handlung gewöhnungsbedürftig
- klischeebeladenes Ende der Liebesgeschichte
- Trice merkwürdiges Verhalten wird nicht aufgeklärt

Bewertung: sterne3

Charaktere: 3,5/5
Handlung: 3/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 2/5

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