Rezensionen im Mai (2016)

Liebe LeserInnen,

 
auch im Mai hat sich das Wetter sehr wechselhaft verhalten. Somit hatten unsere Redakteure wieder ausreichend Zeit, es sich mit einem Buch gemütlich zu machen. Die wichtigsten Titel haben wir im heutigen Rückblick wieder für euch zusammengestellt. Viel Spaß beim Stöbern!
 

 
Belletristik
 
"Die Sterne vom Himmel holen" erzählt die komplexe Geschichte von Paulina, die als Jugendliche ihre Familie verlor. Seitdem boxt sie sich mehr schlecht als Recht durchs Leben. Als sie in Geldnot gerät, muss sie widerwillig das Angebot annehmen, als Escort-Girl zu arbeiten und lernt die ältere Johanna kennen. Carolin Schairer erzählt wieder einmal eine spannende, einfühlsame Liebesgeschichte mit wundervollen Charakteren. Ein intensives, aber recht kurzes Lesevergnügen.
 
Irène Némirovskys "Pariser Symphonie" enthält elf Erzählungen, die Einblicke in das Leben bürgerlicher Franzosen in der Zeit seit dem Ersten Weltkrieg bieten. Wir erfahren etwas über Frauen verschiedener Generationen, über ihre Erwartungen an das Leben, ihre Hoffnungen, die sie an Beziehungen mit Männern knüpfen, die Selbstwahrnehmung des Individuums, Paarbeziehungen, das Familienleben. Die Vorstellung vom Leben als Zumutung haben die Erzählungen gemeinsam, ebenso die Verwendung von Lebensfragmenten, die sich zur Essenz einer Biographie verdichten.
 
Dark Fantasy
 
"Bitter & Sweet" greift das klassische Thema des Mädchens mit einem großen Schicksal auf, das sich auf einer Schule für Menschen mit übernatürlichen Kräften gegen intrigante Mitschüler, aber auch die Mächte des Bösen zur Wehr setzen muss. Obwohl der Roman durchaus unterhaltsam ist, hat Linea Harris es versäumt, dieser Thematik etwas wirklich Neues hinzuzufügen und ihren Figuren Tiefe zu verleihen. Auch die Vermeidung einiger Klischees hätte dem Buch gutgetan.
 
Fantasy
 
Jim Butchers "Windjäger" ist ein vielversprechender Serienauftakt in einer außergewöhnlichen Welt, die weder mit Unserer noch mit vertrauten Fantasy-Entwürfen viel gemeinsam hat, dem Leser aber durch ihren durchdachten Aufbau und geschickt eingestreute Details plastisch und glaubwürdig erscheint. Sympathische, sehr verschiedene Protagonisten und eine rasant fortschreitende Handlung mit einer Menge Action machen es leicht, von der ersten Seite an vollkommen in den Roman einzutauchen.
 
Tolle Idee, traumhaftes Setting und eine mittelmäßige Umsetzung, die nur darauf abzielt, junge Leserherzen zum Stolpern zu bringen. "Zorn und Morgenröte" von Renée Ahdieh wirkt wie eine seichte Mischung aus „Aladdin“ und „Die Schöne und das Biest“ und konzentriert sich ganz auf die beiden Protagonisten, die immerhin mit jeder Menge Temperament beziehungsweise einer düsteren, geheimnisvollen Aura überzeugen können.
 
Horror / Mystery
 
Larry Correias Roman liefert nahezu ununterbrochene, blutige Werwolf-Action und eine ganze Reihe unvorhergesehener Wendungen. "Ein Monster kommt selten allein" liest sich schnell und unterhaltsam, aber da bei den Charakteren fast nur Stereotype bedient werden, beobachtet der Leser sie mehr, als wirklich mit ihnen zu fühlen.
 
Science Fiction
 
Trotz einer ausgezeichneten und vielschichtigen Grundidee mit spannenden Ansätzen kann "Das Schiff" von Andreas Brandhorst nicht richtig überzeugen. Die Charaktere wirken blutleer, die Handlung ist an beinahe allen Schlüsselstellen vorhersehbar, der Schreibstil schleppt sich mühselig dahin und der ganze Aufbau macht einen in sich unrunden Eindruck. Alles in allem nicht der beste Roman von Brandhorst, der hier weit hinter seinen Möglichkeiten zurückgeblieben ist.
 
Krimi
 
"Eine Leiche wirbelt Staub auf" ist bei weitem kein schlechter Roman, seit Band 1 aber definitiv der schwächste. Alan Bradley hat Großes in Aussicht gestellt, letztlich aber nur Altbewährtes geliefert. Dies aber mit schwachen Charakteren, flachen Dialogen und einem konstruierten Mordfall vermischt mit einer wirren Spionageanteil. Flavias sehnlichster Wunsch, nach Bishops Lacey zurückzukehren, kann nur geteilt werden.
 
Comic
 
"Das Ende der Schöpfung" führt gekonnt in die Welt von Ich, der Drache ein und legt viele Konflikte an, die nun in den nächsten Bänden auf ihre Auflösung warten. Juan Gimenez´ Zeichnungen sind überaus passend zum Inhalt und zeigen größtenteils, warum er als Meister seines Faches gilt.
 
In "Green Arrow – Auferstehung" verbindet Kevin Smith eine sehr gute Geschichte mit Humor und hat so tatsächlich einen modernen Klassiker für DCs Superhelden geschaffen. Nur Phil Hesters Zeichnungen können nicht mit dem Inhalt mithalten.
 
Manga
 
"Dusk Maiden of Amnesia" von Maybe wartet auch im zweiten Band mit mysteriösen Vorfällen auf, die meist eine ganz reale und teils tragische Grundlage haben. Mit Kirie kommt zudem ein neuer, interessanter Charakter hinzu, der obendrein mit dem Geistermädchen Yuko verwandt ist. Leider leidet die düstere und mystische Atmosphäre unter den aus westlicher Sicht übertriebenen erotischen Anspielungen und Teiichis ständiger Verlegenheit.
 
Anime
 
"Seraph of the End" ist apokalyptische Dark Fantasy mit arroganten Vampiren, für die Menschen lediglich wandelnde Blutkonserven sind. In diesem dystopischen Setting entfaltet sich die Geschichte um die Waisen Yuichirou und Mikaela, die auf verschiedenen Seiten kämpfen und sowohl von Vampiren als auch von Menschen für deren Zwecke benutzt werden. Der Anime überrascht mit Vielschichtigkeit und Tiefgang, garniert mit einer grandiosen Optik und einem stimmungsvollen Soundtrack.
 
"Sailor Moon Crystal" orientiert sich stark an der Mangavorlage und begeistert mit einem schwer romantischen Mix aus Fantasy und Science Fiction sowie reizenden Magical Girls und einer rasanten Storyentwicklung. Leider sind die Animationen, trotz optischer Nähe zum Manga, höchstens Mittelmaß und auch die Synchronisation lässt zu wünschen übrig.
 
Sachbuch
 
"Sportlerkind – Meine Jugend mit Seitenstechen" ist eine humorvolle Anekdoten-Sammlung für alle Sportmuffel und Krappweis-Fans. Vater und Sohn erzählen von zahlreichen Missverständnissen sowie von ihren ganz eigenen Erfahrungen mit dem Sport. Während Werner bei körperlicher Betätigung stets aufblühte, hat Tommy eher frustrierende Erfahrungen mit der Leibesertüchtigung gemacht. Dennoch ist beider Blick auf die gemeinsame Vergangenheit ein liebevoller und versöhnlicher, was diesem Buch eine leichte und schöne Note verleiht.
 

 
Nun sind wir gespannt, was der Juni für uns bereithalten wird. Wir können euch aber schon jetzt versprechen, dass ihr hier auf Literatopia auch im kommenden Monat wieder zahlreiche fundierte Besprechungen finden werdet. Bis zum Nachschub dürft ihr euch wie immer in unserem umfangreichen Rezensions-Archiv umschauen und austoben.
 
Einen lese- und sonnenreichen Juni wünscht euch
euer Literatopia-Team