Tin Lizzie Bd.1 – Die Schöne von Ponchatoula (T. Chaffoin, D. Monféry, J. Weber)

Verlag: Splitter-Verlag; (Februar 2016)
Gebundene Ausgabe: 48 Seiten; 12,95 €
ISBN-13: 978-3958399129

Genre: Abenteuer


Klappentext

New York, Herbst 1962

Jake Lebey erfährt im Alter von 65, dass sein Freund Rhod Fitzpatrick gestorben ist. Da werden Erinnerungen wach...

Ponchatoula, Mississippi
Sommer 1908

In dem verschlafenen Nest Ponchatoula herrscht große Aufregung, denn im kleinen Hafen am Fluss ist eine riesige Kiste angekommen, und sie enthält – ein Auto! Das erste Automobil von Ponchatoula ist zwar nur ein schlichter Ford T, angeschafft vom „Colonel“, dem hiesigen Großgrundbesitzer, aber trotzdem die Sensation, der Anbruch einer neuen Ära. Allerdings hat der Colonel gar kein Interesse daran, als stolzer Automobilist über die staubigen Straßen der Südstaaten zu holpern, sondern er plant ganz nüchtern, das technische Wunderwerk zu einem schlichten Traktor umzufunktionieren. Doch sein Verwalter Rhod und vor allem sein elfjähriger Enkel Jake spüren, da ist mehr drin. Und kaum ist der Colonel für ein paar Tage abwesend, nutzen sie die Gelegenheit für eine Spritztour, die ihrer beide Schicksale verändern wird...


Rezension

Amerika 1908. In das kleine verschlafene Nest Ponchatoula kommt Bewegung, als eines der neuen sogenannten Automobile im Hafen ausgeliefert wird. Der Colonel, Großvater von Jack Lebey hat es gekauft und sein Verwalter Rhod soll es in einen Traktor umbauen. Aber der erliegt ganz schnell dem Geschwindigkeitsrausch, ebenso Jake und die beiden begeben sich auf eine Spritztour, als der Colonel die Stadt verlässt. Offiziell um den Motor einzufahren, allerdings hat Rhod erfahren, dass in New Bay seine große Liebe als Sängerin auftritt, die er einst am Verlassen von Ponchatoula nicht gehindert hat. Begleitet werden sie von dem schwarzen Mitarbeiter Louis, der sie in New Bay bei seinem Onkel unterbringt. Und dann ist der große Moment da. Rhod sieht Becky nach langer Zeit wieder....

Viel gibt es zu dieser berührenden, verträumten Geschichte von Thierry Chaffoin, Dominique Monféry und Julia Weber eigentlich nicht zu sagen, außer, das sie eben genau das Genannte ist. Ein nostalgischer Blick zurück auf die Anfänge des 20. Jahrhunderts, der sehr warmherzig erzählt wird und die Situation auf dem amerikanischen Land sehr gut abbildet. Alles ist zeitlich gesehen etwas zurück und gleichzeitig nach vorne gerichtet, denn der Fortschritt hält Einzug in Ponchatoula in Form eines Ford T bzw. einer Tin Lizzie, wie dessen Spitzname lautet. Dieses Ereigniss nimmt Chaffoin zum Anlass eine Geschichte über Freundschaft zu erzählen, die sich nicht um Rassen- und Altersgrenzen schert. Denn wir befinden uns am Anfang des 20. Jahrhunderts und damals existierte noch die Rassentrennung im Süden der USA. Um das Thema kann sich die Geschichte somit nicht drücken und streift es ganz am Rande, ohne viel Aufsehen darum. Denn dafür ist Tin Lizzie nicht gedacht. Hier steht die Freundschaft von Rhod, Jake und Louis im Mittelpunkt und gegen Ende die Liebe zwischen Rhod und Becky, die auf eine Probe gestellt wird. Die Charaktere sind allesamt warmherzig dargestellt. Sie sind durchweg sympathisch, selbst Rhods Gegenspieler in Sachen Liebe ist nicht fies, sondern einfach nur ein Konkurrent, wenn auch ein Großmaul. Die Dialoge sind einfach zum Schmunzeln und die Wortgefechte zwischen Louis und Rhod lassen trotz ihrer Vehemenz immer durchschimmern, welch gute Freunde die Beiden sind. Alles an der Geschichte und den Charakteren ist darauf angelegt, den Leser zu unterhalten und sich gut fühlen zu lassen. Und so stellt sich beim Lesen eben das Gefühl ein, welches man auch hat, wenn man Mark Twains Huckleberry Finn liest oder sieht, denn die vorherrschende Atmosphäre in beiden Geschichten ist einfach zum Wohlfühlen. Tin Lizzie ist einfache, humorige, großartige Unterhaltung.

Tin Lizzie ist ebenso ein Vergnügen zu betrachten. Zeichner Dominique Monféry legt einen wunderbaren Comicband vor, an dessen zeichnerischer Qualität in keinster Weise gemeckert werden kann. Tin Lizzie ist zwar seine erste Serie in Comicform, jedoch hat er lange Jahre für Disney gearbeitet, unter anderem bei DuckTales – Jäger der verlorenen Lampe, Der Glöckner von Notre Dame und Ein Königreich für ein Lama. Von daher versteht er es mit Perspektive und Schnitt umzugehen und seine Zeichnungen bestmöglich aussehen zu lassen. Seine Charaktere sind passend zur Geschichte leicht karikaturenhaft und überzeichnet, in einem Stil der einen eben sofort an Disney denken lässt, denn er arbeitet bei den Hintergründen mit viel Liebe zum Detail. Julia Weber ist bei Tin Lizzie für die Farben zuständig und taucht alles in eine warme Farbpalette, mit der sie dafür sorgt, dass sich der Leser sofort in die Geschichte fallenlassen und sie ebenso genießen kann.


Fazit

Ein sehr poetischer, charmanter, humorvoller Comic über Abenteuer, Kindheitserinnerungen und das Leben an sich. Tin Lizzie zeigt den Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts auf eine ganz besondere Weise und ist am ehesten mit Mark Twains Tom Sawyer und Huckleberry Finn vergleichbar, an die er atmosphärisch sehr stark erinnert.


Pro & Contra

+ Freundschaft zwischen Jack und Rhod
+ die Tin Lizzie
+ Wohlfühlatmosphäre
+ einfach schöne Zeichnungen

Bewertung:


Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von T. Chaffoin, D. Monféry und J. Weber:

Rezension zu Tin Lizzie Bd.2

Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Dominique Monféry:

Rezension zu Ein unerwarteter Todesfall