Thron in Flammen (Brian Staveley)

Heyne (Dezember 2015)
Originaltitel: “The Providence of Fire – Chronicles of the Unhewn Throne, Book 2”
Übersetzer: Michael Siefener
Klappenbroschur
975 Seiten, 14,99 EUR
ISBN: 978-3-453-31676-8

Genre: High Fantasy


Klappentext

Seit der Ermordung Kaiser Sanlituns ist der Thron von Annur verwaist, und seine drei Erben sind in alle Himmelsrichtungen verstreut. Während die verfeindeten Parteien noch um die Herrschaft über Annur streiten, regt sich in den Schatten ein mächtiger Feind – und aus einem Erbfolgekrieg wird ein Kampf, der über das Schicksal der Welt entscheidet…


Rezension

Die Ereignisse und Enthüllungen am Ende von „Der verlorene Thron“ haben alles verändert: Es ist dem Elitesoldaten Valyn gelungen, das Leben des designierten Kaisers Kaden zu retten, aber die Wiedervereinigung der Brüder ist von kurzer Dauer. Von ihren eigenen Leuten verfolgt, müssen Valyn und sein Geschwader fliehen. Doch unerwartete Ereignisse lassen sie in die Hände der Urghul fallen. Das für seine blutigen Rituale berüchtigte Nomadenvolk hat sich unter dem undurchschaubaren Schamanen Langfaust vereinigt, der seine ganz eigenen Pläne für Annur und Valyn hat.

Auch Kaden wagt eine gefährliche Reise. Er war überzeugt, dass die unsterblichen, emotionslosen Csestriim, die die Menschheit einst vernichten wollten, seit Jahrhunderten ausgelöscht seien. Doch die Schin-Mönche, die ihn ausgebildet haben, haben ihm enthüllt, dass die Csestriim noch immer eine Bedrohung sind. Um ihnen entgegentreten zu können, musste Kaden jahrelang darauf hinarbeiten, die Vaniate zu erlangen – die Kunst, einen Zustand absoluter Emotionslosigkeit zu erreichen. Dieser erlaubt es ihm, durch die Kenta-Tore binnen Sekunden von einem weit entfernten Ort zum nächsten zu reichen. Es ist vielleicht keine neue, aber eine interessante Idee, dass Kaden, um die Csestriim besiegen zu können eine mentale Technik erlernen muss, die ihm ihnen ähnlicher macht.

Um mehr über seine geheimnisvollen Gegner zu erfahren, reist er zum Orden der Ischien – einer Bruderschaft, die noch älter als die Schin ist und sich ganz dem Kampf gegen die Csestriim verschrieben hat. Doch in ihrem Kloster findet er nicht die erwartete Hilfe, sondern gerät vielmehr in tödliche Gefahr. Er muss sich nun einige gewichtige Fragen stellen: Was hat es mit seiner jungen Reisebegleiterin Triste auf sich, die auf den ersten Blick ein unschuldiger Spielball politischer Interessen zu sein scheint, aber auf den zweiten übermenschliche Fähigkeiten offenbart? Wie soll er den Ischien entkommen? Und selbst wenn ihm dies gelingt – hat er, der nicht im Geringsten auf das Herrschen vorbereitet wurde, eine Chance, seinen Thron von den Verschwörern zurückzuerobern?

Auch Adare, die Schwester der beiden, musste am Ende von „Der verlorene Thron“ erfahren, dass sie ihr Vertrauen in die Falschen gesetzt hat. Da sie im Palast niemandem mehr trauen kann, reist sie inkognito in die Stadt, in der die Priesterschaft Intarras – die sie für ihre Säkularisierungsmaßnahmen und den Prozess gegen ihr religiöses Oberhaupt hasst – den Aufstand gegen die kaiserliche Familie vorbereitet. Sie klammert sich an die blasse Hoffnung, sich mit der Priesterschaft versöhnen und in ihren Truppen Verbündete gegen den Mörder ihres Vaters finden zu können. Doch immer wieder ändert sich die Situation von Grund auf. Es wäre schön gewesen, sie in einer Szene zu erleben, wo sie ihre Stärken ausspielen kann. Man hört man zwar viel über diese, aber sieht Adare meist nur verzweifelt improvisieren und bei anderen Rat suchen. Insgesamt ist es ein wiederkehrendes Motiv, dass die drei Geschwister auf ihre Weise alle sehr gut vorbereitet wurden – nur eben nicht auf die Situationen, denen sie sich auf einmal stellen müssen.

„Thron in Flammen“ erlaubt es dem Leser, viel mehr von der Welt kennenzulernen. Ihre Wege führen die Figuren an neue Orte und es werden auch Csestriim-Charaktere eingeführt. Es gelingt Staveley gut, sie einerseits differenzierter und menschlicher, andererseits aber auch bedrohlicher wirken zu lassen. Denn obwohl ihre Menschenähnlichkeit es ihnen erlaubt hat, das Reich bis in die höchsten Ebenen zu infiltrieren, sind sie doch fundamental anders. Anders als im ersten Teil sind die Kapitel relativ gleichmäßig auf die drei Geschwister aufgeteilt, die gleichermaßen spannende Handlungsstränge haben. Da sie weit voneinander entfernt sind, sich über die Jahre so fremd geworden sind und in verschiedenem Maße über die Verschwörung informiert sind, misstrauen und missverstehen sie einander. Obwohl sie sich alle halbwegs nachvollziehbar verhalten, stehen sie sich schließlich auf verschiedenen Seiten gegenüber. Dass die Geschwister handeln, ohne zu wissen, was die anderen tun und planen, ist in vieler Hinsicht entscheidend für die Handlung.

Die in „Der verlorene Thron“ angestoßene Charakterentwicklung setzt sich interessant und konfliktreich fort. Kaden fragt sich, wie der Gebrauch der Vaniate ihn verändert und ob er, der nicht im Geringsten darauf vorbereitet wurde, das Erbe seines Vaters antreten kann. Adare zweifelt an sich und jeder ihrer Entscheidungen, während sie der Welt eine entschlossene, unnachgiebige Fassade präsentiert, und Vlayn ringt immer wieder darum, sich nicht von seiner Wut aufzehren zu lassen. Mit der schroffen Sprengstoffexpertin Gwenna kommt plötzlich eine neue Perspektive dazu. Nach anderthalb Büchern ist das zwar überraschend, aber eine gute Idee, denn während Gwenna noch im Vorgängerband unsympathisch und schwer nachvollziehbar erschienen ist, kann man sich jetzt sogar mit ihr identifizieren.  

In „Thron in Flammen“ steigern sich der Umfang, die Komplexität und die Reichweite der Auseinandersetzung um den Thron des Reiches. Das Buch hat kleine Makel wie die recht einseitige Darstellung der Urghul und inhaltliche Detailfehler im letzten Drittel (z.B. vergisst Staveley hin und wieder, dass Valyn anders als seine Geschwister nicht die brennenden Augen der kaiserlichen Linie hat). Auch sind einige Formulierungen etwas zu umständlich und schwächen die Eindrücke, die sie vermitteln sollen, eher ab. Aber nichts davon davon ist eine echte Beeinträchtigung für den Lesespaß.


Fazit

Es geschieht selten, dass der zweite Band einer Trilogie den Ersten übertrifft, aber das ist bei „Thron in Flammen“ der Fall. Man erfährt mehr über die Welt, die Figuren entwickeln sich weiter und ihre Handlungsstränge laufen nicht nur zusammen, sondern auch auf ein ziemlich spektakuläres Finale zu. Staveleys düsterer, actionreicher Roman hat kleine Makel, aber lässt den Leser trotzdem sehr zufrieden und neugierig auf den dritten Teil zurück.


Pro und Contra

+ überraschende Wendungen
+ Charakterentwicklung
+ Valyn, Kaden und Adare wollen dasselbe – und landen trotzdem auf verschiedenen Seiten
+ Spannung
+ neue Informationen über Welt, Figuren, Konflikt

- kleine Makel im Stil
- Einseitige Darstellung der Urghul
- Detailfehler
- Figuren wirken hin und wieder hilflos den Ereignissen ausgeliefert (realistisch, aber ein bisschen deprimierend)

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4.5/5
Preis/Leistung: 4/5

Rezension zu "Der verlorene Thron" (Bd. 1)

Rezension zu "Thron der Götter" (Bd. 3)