Literatopia hört ... Beseech

Wenn ich lese, höre ich meist Musik dabei, einfach als Hintergrund, und dementsprechend ist meine CD-Sammlung als umfangreich zu bezeichnen. Ja, CDs, da ich Musik immer noch am liebsten auf einer Stereo-Anlage höre, da sie nur so voll zur Geltung kommt, wie ich finde. Es ist eben immer noch ein himmelweiter Unterschied zu MP3-Playern und Dateien auf einem Rechner. Vor allem bei instrumentenlastiger Musik und nicht dem üblichen Chartseinheitsbrei fällt dies auf.

Jedenfalls ist mir im Laufe der Zeit die ein oder andere CD einer Band in die Hände gefallen, bei der ich mich frage, warum sie nicht zu einem großen Erfolg geworden ist und warum die Bands längst nicht viel bekannter geworden sind. Aus diesem Grund möchte ich euch in dieser Rubrik hin und wieder Bands und ihre CDs vorstellen, die ich persönlich für richtig gut halte und die einfach kaum bekannt sind, oder eben auch ein für mich außergewöhnliches Album von bekannteren Bands. In Kurzform: Alles, was mich irgendwie auf eine besondere Weise anspricht und mich vielleicht dazu bewogen hat, mich völlig auf die Musik zu konzentrieren und gar nichts nebenher zu tun.

Den Anfang möchte ich mit einer meiner Lieblingsbands machen, die ich vor Jahren durch Zufall entdeckt habe. Die Rede ist von Beseech, einer Band aus Schweden, die aus meiner Sicht mehrere geniale Alben herausgebracht hat. Aufmerksam wurde ich auf sie, als ich während der Zeit meiner Arbeit an meiner Staatsarbeit eines Tages in den örtlichen Media Markt ging und dort ihre CD Souls Highway lief. Sofort nahmen mich ihr Stil und ihre Melodien für sie ein, obwohl ich ihre Songs nur über die eher schlechten Hauslautsprecher hören konnte. Eine kurze Erkundigung an der Info und wenig später hielt ich ihre CD in Händen. Kaum zu Hause, legte ich sie ein, und als die ersten Takte der Musik erklangen, konzentrierte ich mich nicht mehr auf irgendetwas anderes. Ich lauschte den eingängigen Melodien, und als am Ende eine absolut geniale Coverversion von ABBAs Gimme Gimme Gimme erklang, war ich Fan. Auf Souls Highway sind nach wie vor einiger ihrer stärksten Stücke versammelt, sei es Between The Lines, Fiction City oder das getragene Sunset 28. Jeder der Songs hat seine ganz eigene innere Stärke und strahlt trotz aller Melancholie und Gothic-Attitüde sehr viel Hoffnung aus. Man fühlt sich einfach wohl und vor allem kann man das Album in einem Stück durchhören, ohne einen Hänger oder Füllmaterial zwischendurch. Zwei weitere Alben folgten. Drama und Sunless Days, die ich selbstverständlich kaufte und die nicht enttäuschten. Während der Zeit gab es einige Besetzungswechsel. Klas Bohlin, Gündungsmitglied der Band, stieg bereits nach Souls Highway aus und schließlich lösten sich Beseech auf.

Seit Sunless Days sind inzwischen 11 Jahre vergangen und plötzlich tauchen Beseech wieder auf. Durch Zufall erfuhr ich, dass sie ein neues Album auf den Markt gebracht haben, My Darkness, Darkness, und ich konnte es kaum erwarten, es zu hören. Klas Bohlin, Robert Vintervind und Manne Engström haben sich wieder zusammengefunden und neue Mitstreiter mitgebracht. Wodurch sich auch vieles geändert hat. Klas Bohlin hat den Gesang übernommen und überlässt Robert Vintervind und Manne Engström die Arbeit an der Gitarre. Ansonsten besteht die Band aus neuen Gesichtern. Johan Örnborg am Bass, Hakan Carlsson am Schlagzeug und Angelina Sahlgren als Sängerin komplettieren nun das Sextett, welches dort weitermacht, wo Souls Highway damals aufhörte. Die musikalische Entwicklung von Drama und Sunless Days wird nicht weiter aufgegriffen. Nach dem Ausstieg Bohlins klangen Beseech härter als zuvor und wurden immer rockiger, bis sie fast im Metalbereich angelangt waren.

Dies ist nun mit My Darkness, Darkness nicht mehr der Fall. Beseech kehren zu ihren Gothicrockwurzeln zurück. Klas Bohlin und seine Mitstreiter konzentrieren sich wieder mehr auf ruhige und vor allem atmosphärische Melodien und Arrangements, die eine bittersüße Stimmung erzeugen. Die neuen Songs sind von Melancholie und einzigartigen, eingängigen Melodien geprägt und ziehen sich nie in die Drepession zurück, sondern sind ganz im Gegenteil im Leben verhaftet. Neben der großartigen Gitarrenarbeit tragen da vor allem die Stimmen von Klas Bohlin und Angelina Sahlgren bei. Klas Bohlins Stimme wechselt zwischen tiefem und etwas höherem Gesang und klingt sehr kraftvoll. Im Gegensatz dazu klingt Angelina Sahlgrens Stimme zerbrechlicher, fast elfenhaft. Teilweise ist ihr Gesang mehr gehaucht als kraftvoll vorgetragen. Gerade dadurch harmoniert sie mit Klas Bohlins Stimme perfekt und erzeugt eine Stimmung, die den Hörer direkt in die Songs hineinzieht. The Shimmering, Mr. Uninvited und Atmosphere sind Paradebeispiele hierfür. Jeder der drei Songs hat eine innere Stärke und ohrwurmhafte Melodie, die einen davon tragen. Dass Beseech aber nach wie vor auch noch rocken können, beweisen sie gleich mit dem Auftakt Beating Pulse. Die einsetzende pulsierende Gitarre führt in den Song ein und dann folgt ein waschechter Rocksong. So ist für viel Abwechslung gesorgt und die CD kommt nicht mehr so schnell aus dem Player. Ein ganz besonderer Song ist Highwayman. Der durch die Highwaymen, bestehend aus Kris Kistofferson, Willie Nelson und Waylon Jennings, bekanntgewordene Song von Jimmy Web, wird von Beseech hervorragend gecovert, wie zuvor Gimme, Gimme, Gimme. Kals Bohlin variiert hier seine Stimme von Strophe zu Strophe und sofort hat man Bilder von einer großen weiten Ebene im Kopf. Besser kann man einen Song nicht covern.

My Darkness, Darkness ist meiner Meinung nach das bisher beste Gothicrockalbum des Jahres und so schnell wird da auch niemand dran vorbeikommen. Für Fans der Musikrichtung oder aber auch für alle, die getragene Songs mit bestechenden, ohrwurmhaften Melodien bevorzugen und sich gerne in die Musik fallen lassen, ist diese CD mit Sicherheit ein Pflichtkauf und wer weiß, vielleicht kommt ja der ein oder andere auf den Geschmack und besorgt sich auch die älteren Sachen Beseechs.

Jetzt fehlt mir persönlich nur noch eins: Eine Tour, die Beseech auch nach Deutschland führt, damit ich sie endlich mal live hören und sehen kann. Vielleicht konnte ich ja den ein oder anderen dazu bewegen mal reinzuhören. Freuen würde es mich, denn Beseech haben es auf jeden Fall verdient größeren Erfolg zu haben, als bisher.

Viel Spaß beim Lesen und Hören,
Markus