Die Überlebenden – Band 3 (Alexandra Bracken)
Goldmann Verlag, 1. Auflage, März 2016
Taschenbuch, 602 Seiten,
OT: In the Afterlight
aus dem Amerikanischen von Ariane Böckler
12,99 Euro [D] | 13,40 Euro [A]
ISBN-13: 978-3-442-47910-8
Genre: Mystery/ Dystopie
Klappentext
Seit Ruby übersinnliche Fähigkeiten besitzt, geht sie durch die Hölle. Denn die Regierung hat es auf Menschen wie sie abgesehen und greift Ruby und ihre Gruppe immer wieder an. Aber sie geben nicht auf und haben sogar einen Gefangenen genommen. Der allerdings wird immer mehr zu einer großen Gefahr für sie alle. Es handelt sich um Clancy Gray, den Sohn des Präsidenten. Er verfügt über ähnliche Fähigkeiten wie Ruby. Sie allein kann seine manipulativen Kräfte im Zaum halten. Nur ein unachtsamer Moment und Clancy könnte die ganze Mission und ihrer aller leben in Gefahr bringen …
Die Autorin
Alexandra Bracken wuchs im US-Staat Arizona auf. Nach ihrem Studium am "College of William & Mary" in Virgina zog es sie nach New York City, wo sie derzeit lebt und arbeitet. Ihren ersten Roman schrieb sie schon während des Studiums als Geschenk für eine Freundin. Die Liebe zu Büchern hat sie aber nicht dazu gebracht, selbst zu schreiben. Sie arbeitet außerdem bei einem großen amerikanischen Buchverlag und hat jederzeit eine Buchempfehlung parat.
Rezension
Nach dem Angriff auf Los Angeles und dem Einsturz des Hauptquartiers der Children’s League verstecken sich Ruby, Liam, Chubs und die anderen Überlebenden der League in den Ruinen der Stadt. Die Vorräte sind knapp und das Netz der Armee zieht sich immer enger. Während Ruby ihre Fähigkeiten nutzt, um die Gedanken eines Soldaten nach einem Loch im Überwachsungsnetz zu durchsuchen, wird sie Zeuge, wie sich die Agenten der League zu einem Verrat verabreden. Erneut muss sie ihre Fähigkeiten anwenden, doch letztendlich gelingt es ihr, die verräterischen Agenten loszuwerden, während sie mit Cole, Liam und den anderen Psi-Kindern zur „Ranch“ aufbricht. Der Außenposten der League ist nahezu verlassen, und die Kinder müssen alle ihre Kraft einsetzen, um die Anlage wieder aufzubauen. Gleichzeitig beginnen die Überlegungen über das weitere Vorgehen. Während Cole und Ruby dafür plädieren, die restlichen Kinder aus den Konzentrationslagern zu befreien, suchen Liam, Zu und Chubs die Hilfe der Medien, um die Menschen über die Verhältnisse in den Lagern aufzuklären und den Menschen die Angst vor den Psi-Kindern zu nehmen. Hohe Priorität besitzt für Ruby auch Lillian Grey – die Ehefrau des Präsidenten ist eine berühmte Genetikerin, die sich der Suche nach einem Heilmittel für IAAN verschrieben hat. Doch um die Forscherin zu finden, brauchen sie die Hilfe von Clancy Grey, den sie seit ihrer Flucht aus L.A. isoliert und unter strenger Bewachung halten. Erneut muss sich Ruby mit dem manipulativen Genie im geistigen Duell auseinandersetzen. Doch um Lillian Grey und das Heilmittel zu finden, die Kinder zu befreien und diese in eine bessere Zukunft zu führen, muss sich Ruby nicht nur zahlreichen neuen Gefahren, sondern auch alten Dämonen stellen.
Mit Blut und Feuer beschließt Alexandra Bracken nach einem Jahr ihre Dystopie-Trilogie um die Überlebende Ruby und ihre Freunde. Wer nach der langen Wartezeit eine kurze Einleitung erwartet hat oder zumindest auf Rückblicke hoffte, wird enttäuscht. Bracken setzt wie zuvor direkt und ohne Umschweife an die Handlung des zweiten Bandes an. Dies führt mitunter zu Verwirrungen, insbesondere, wenn Ruby und ihre Freunde Nebenfiguren aus den Vorgängern treffen oder sich auf vergangene Ereignisse beziehen. Nach knapp 100 Seiten und zahlreichen Fragezeichen beschloss ich daher widerstrebend, die ersten beiden Bücher noch einmal zu lesen. Nach dieser Auffrischung werden mehrere Dinge deutlich.
Während sich Bracken bemüht, die vielen Fäden der einzelnen Charaktere zu einem sinnvollen Ende zusammenzuführen, verliert sie die Spannung ihrer Handlung. Der Großteil der Handlung spielt auf der sogenannten Ranch und dort verlieren sich die Figuren in Teenagerproblemen, undurchsichtigen Diskussionen und Kabelleien – sei es zwischen Liam und Ruby, Liam und Cole oder Ruby und Clancy – Strategiebesprechungen und ähnlichem. So wird aus dem letzten Teil der Trilogie, trotz des flüssigen und lockeren Schreibstils, mitunter eine dröge Angelegenheit. Dabei spielen sich im Hintergrund durchaus interessante Handlungen ab, wenn Liam zum Beispiel auszieht, um Lebensmittel zu besorgen und Kontakt zu Reportern aufnimmt. Da Ruby die Protagonistin ist, bekommt der Leser davon allerdings nichts mit, ebenso wenig wie von der sicherlich spannenden Befreiungsaktion der Lillian Grey, die das ungleiche Paar Chubs und Vida auf sich nimmt.
Auch die Charakterentwicklung leidet. Ruby vergeht sich erneut in den endlosen Selbstzweifeln und ethischen Fragen, die sie bereits in den beiden Vorgängern beschäftigten. Oftmals zieht sie sich komplett zurück. Dies führt dazu, dass die anderen Figuren nur am Rande auftauchen, obwohl diese durchaus spannende Entwicklungen durchlaufen.
Allerdings muss Bracken auch mit vielen Personen jonglieren, denn jede Nebenfigur soll im Finale einen kleinen Moment des Triumphs und damit einen Teil zum Sieg beitragen. Hier zeigt sich erneut Brackens Schreibtalent, ihr Netz aus Figuren ohne einen zwanghaften Eindruck zum Abschluss zu führen. Auch dieses Finale hat es in sich und hätte mit einer anderen Gewichtung dieses Buch zu einem Leseschmaus machen können. Nach all den Diskussionen brechen die Kinder auf, um die Lager zu befreien. In diesen Szenen sitzt man auf der sprichwörtlichen Stuhlkante und zittert mit Ruby und ihrem Team. Es gibt emotionale Wiedersehen, berührende Momente und Schockerlebnisse, wenn Clancy einmal mehr sein unglaubliches Talent als Marionettenspieler unter Beweis stellt.
Beschäftigt man sich indes mit der Welt fallen gerade im dritten Band vermehrt die Logiklücken auf. Nach Jahren in der Krise und ohne Neuigkeiten über die Kinder in den Lagern hat sich kaum jemand erhoben, die Kinder finden immer noch Benzin und Snacks in leerstehenden Tankstellen etc. Zudem ist auch nicht wirklich zu erklären, warum der Präsident Lebensmittellieferungen und anderen Hilfestellungen ablehnt und warum niemand dagegen aufbegehrt. Zwar wird das Internet überwacht, aber in Zeiten von Telefonen, Dark Nets etc. kann man sich die absolute Unwissenheit und Ruhe des Volkes kaum erklären.
Fazit
Mit Die Überlebenden - Blut und Feuer beschließt Alexandra Bracken ihre Dystopie um Ruby und die mysteriöse Krankheit, die 90% der US-amerikanischen Kinder getötet und die restlichen zehn Prozent mit erstaunlichen Fähigkeiten ausgestattet hat. Trotz spannender Ideen und phantasievollen Wendungen kränkelt das Finale an zähen, langweiligen Abschnitten, übermäßig dramatisierten zwischenmenschlichen Beziehungen und Lücken in der Glaubwürdigkeit der Welt. Fehlende aktive Rückblicke sorgen zudem immer wieder für Irritierungen, die aus dem Lesefluss rausreißen. Trotz tollem Finale wohl der schwächste Teil der Serie.
Pro/Contra
+ Grundkonzept der Handlung
+ Clancy Grey
+ Ruby muss sich alten Dämonen stellen
+ fast alle Charaktere kommen zusammen
+ mitunter emotionale und handlungsreiche Achterbahnfahrt
o Handlung fokussiert sich auf Ruby
- zu viele Beziehungsdramen zwischen Geschwistern, Paaren, Freunden und Feinden
- Ruby verliert sich in ständiger Selbstreflexion
- Dystopie besteht eigene Logik nicht
- mitunter verwirrend, da Rückblenden oder einleitende Zusammenfassung fehlt
- Cover sehen alle nahezu identisch aus
Bewertung:
Charaktere: 4/5
Handlung: 3,5/5
Lesespaß: 2,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5