Drachenmond (2016)
Taschenbuch, 512 Seiten, 14,90 EUR
ISBN: 978-3-95991-611-0
Genre: Dark / Urban Fantasy
Klappentext
Entdecke eine Welt, die von den Anderen bevölkert wird – unheimliche Wesen, die diese Welt beherrschen und für die Menschen Beute sind.
Meg Corbyn ist eine Cassandra Sangue – eine Blutprophetin – und kann in die Zukunft sehen, wenn ihre Haut geritzt wird. Eine Gabe, die sich eher wie ein Fluch anfühlt. Meg wird von ihrem Aufseher wie eine Sklavin gehalten, damit er unbegrenzten Zugang zu ihren Visionen hat. Doch als sie entkommt, ist der einzig sichere Platz, an dem sie sich verstecken kann, der Lakeside Courtyard – ein Geschäftsviertel, das von den Anderen geführt wird. Gestaltwandler Simon Wolfgard zögert, die Fremde einzustellen, die sich als menschliche Kontaktperson bewirbt. Er spürt, dass sie ein Geheimnis verbirgt. Und warum riecht sie nicht nach menschlicher Beute? Doch sein Instinkt drängt ihn, Meg den Job zu geben. Als er die Wahrheit über sie erfährt und dass Meg von der Regierung gesucht wird, liegt es an ihm zu entscheiden, ob sie den unausweichlichen Kampf zwischen Menschen und den Anderen wert ist. .
Rezension
Als Cassandra Sangue – Blutprophetin – wird Meg Corbyn als Eigentum angesehen und wie ein Nutztier gehalten. Jeder Schnitt in ihre wertvolle Haut ist ein Vermögen wert, denn ihre Prophezeiungen sind besonders genau. Aber sie ist auch besonders widerspenstig und schließlich gelingt ihr das Unmögliche: Die Flucht. An einem kalten Wintertag landet sie am Lakeside Courtyard, dem Viertel der Anderen, den sogenannten Terra Indigene, zu denen Gestaltwandler, Vampire und andere, unvorstellbare Wesen gehören. Für sie sind Menschen nichts weiter als Beute, aber in der modernen Zeit gibt es Dinge, die von Menschen geschaffen werden und für die Anderen interessant sind. Um mit den Menschen in Kontakt zu treten, sucht der Lakeside Courtyard eine neue Verbindungsperson. Einen Menschen, dem sie vertrauen können und der sich um Post und Warenlieferungen kümmert. Meg bewirbt sich um den Job, um ihren Häschern zu entkommen, und wird tatsächlich eingestellt ...
Mit „Die Anderen“ hat Anne Bishop Urban Fantasy in einer spannenden Parallelwelt verfasst, in der die Menschen bei der Entdeckung Amerikas auf die Terra Indigene gestoßen sind. Mehrmals wurden sie von diesen vertrieben, doch schließlich gelang es einem intelligenten Mann, Verhandlungen aufzunehmen. Inzwischen dulden die Anderen die Menschen auf ihrem Kontinent Thaisia, solange sie ihre Territorien nicht betreten. Wer sich nicht an dieses Gebot hält, wird gefressen, denn Menschengesetz hat für die Terra Indigene auf ihrem Gebiet keinerlei Gültigkeit. Genau das erhofft sich Meg, als sie sich bei dem Wolf Simon um die Stelle als Verbindungsperson bewirbt. Denn lieber riskiert sie es, von den Anderen verspeist zu werden, als in ihre persönliche Hölle zurückkehren zu müssen.
Da Meg vollkommen isoliert aufgewachsen ist, weiß sie nicht einmal, wie man eine Mikrowelle bedient oder wie man Wäsche wascht. Sie kennt die Welt nur aus Bildern und Videosequenzen, die man ihr gezeigt hat, damit sie bestimmte Dinge in ihren Visionen erkennt. Daher ist Meg ziemlich naiv und wirkt auf den ersten Blick etwas zurückgeblieben, doch sie ist wissbegierig und bemüht sich, ihre Unkenntnis zu überspielen. Gleichzeitig ermöglicht ihr ihre Naivität einen relativ ungezwungenen Umgang mit den Anderen. Meg setzt zudem alles daran, ihren Job gut zu machen und findet für allerlei alltägliche Probleme im Umgang mit den Terra Indigene kreative Lösungen. Dadurch erobert sie deren Herzen und wird schließlich ein Teil ihrer großen Familie.
Anne Bishops Terra Indigene haben viel mit bekannten Urban Fantasy-Wesen gemein, sind aber trotzdem eine ganz eigene Art mit eigener Geschichte. Sie sind die wahren Urwesen dieser Welt, die sich im Lauf der Evolution immer wieder an die herrschenden Arten angepasst haben, um über sie zu triumphieren. In der heutigen Zeit haben sie sich den Menschen angepasst und können deren Gestalt annehmen. Gleichzeitig haben sie Eigenschaften der Tiere und anderer Wesen übernommen, an die sich früher angepasst haben. So weisen die Wölfe ein ausgeprägtes Revierverhalten auf und sorgen für ihr Rudel, während die Krähen alles lieben, was glänzt. Die Autorin spielt dabei mit Klischees und verwebt sie zu ihrer eigenen Version von Gestaltwandlern, Vampiren und Co.
“In Blut geschrieben” funktioniert vor allem durch die Beziehungen zwischen den Charakteren und die entstehenden Freundschaften zwischen Meg und verschiedenen Anderen. Viele Missverständnisse bieten Konfliktpotential, aber auch humorvolle Momente, zudem ist es Anne Bishop gelungen, die Entwicklung ihrer Protagonisten glaubhaft und nachvollziehbar zu gestalten. Es macht Spaß, Meg dabei zuzusehen, wie sie ihre eigene Persönlichkeit entdeckt und wie sich ihre Schwächen teilweise als Stärken entpuppen. Leider fällt die Rahmenhandlung dagegen etwas lieblos aus. Insbesondere eine der Gegenspielerinnen ist klischeehaft und unfassbar dumm geraten.
Das Cover sieht phantastisch aus und passt wunderbar zur düsteren Story. Jede Seite ist am oberen Rand mit einem Ausschnitt des Hintergrundmotivs bedruckt und unten in der Ecke findet sich auf jeder zweiten Seite das Bild von zwei Wölfen. Der Drachenmond-Verlag hat sich mit der Gestaltung sichtlich Mühe gegeben und für das Geld bekommt man ein wunderschönes Buch geboten, das man sich gerne ins Regal stellt. Einzig ein paar Flüchtigkeitsfehler fallen negativ auf.
Fazit
“In Blut geschrieben“ ist feinste Urban Fantasy mit einem spannenden Parallelwelt-Entwurf, in dem Gestaltwandler, Vampire und anderen Wesen die Ureinwohner der Erde darstellen. Für sie sind Menschen nichts weiter als Beute, doch die naive Blutprophetin Meg wird zu einem Teil ihrer mysteriösen Welt, die der Leser gemeinsam mit ihr Stück für Stück entdeckt. Die Rahmenhandlung gestaltet sich leider recht ideenlos, erfüllt aber ihren Zweck.
Pro und Contra
+ spannender Parallelwelt-Entwurf
+ Megs naiver und vorurteilsfreier Umgang mit den Anderen
+ die Terra Indigene sind wahrlich gefährlich und tödlich
+ auflockernder Humor
+ klirrend kaltes Winter-Setting
+ wunderschöne Gestaltung des Buches
- ideenlose Rahmenhandlung
- stereotype Antagonisten
Wertung:
Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 3,5/5