Infernale (Sophie Jordan)

Loewe-Verlag, 1. Auflage Februar 2016
Originaltitel: Uninvited
Aus dem Amerikanischen von Ulrike Brauns
HC mit SU und LB, 384 Seiten
17,95 € (D) | 18,50 € (A)
ISBN: 978-3-7855-8167-4
Leseprobe

Genre: Jugend-Dystopie


Klappentext:

Von klein auf hörte ich Wörter wie begabt. Überdurchschnittlich. Begnadet. Ich hatte all diese Wünsche, wollte etwas werden. Jemand. Niemand sagte: Das geht nicht. Niemand sagte: Mörderin.

Als Davy in einem DNA-Test positiv auf das Mördergen Homicidal Tendency Syndrome (HTS) getestet wird, bricht ihre heile Welt zusammen. Sie muss die Schule wechseln, ihre Beziehung scheitert, ihre Freunde fürchten sich vor ihr und ihre Eltern meiden sie. Aber sie kann nicht glauben, dass sie imstande sein soll, einen Menschen zu töten. Doch Verrat und Verstoß zwingen Davy zum Äußersten. Wird sie das werden, für das alle Welt sie hält und vor dem sie sich am meisten fürchtet – eine Mörderin?

Sophie Jordan spinnt aus der Frage, wie stark Gene unseren freien Willen beeinflussen, eine actionreiche Jugendbuch-Reihe über den Versuch, sich seiner Vorherbestimmung zu entziehen.


Rezension:

Bislang hat Davy Hamilton ein sehr behagliches Leben geführt. Geliebt von ihrem gesamten Umfeld, klug und hübsch wird sie als musikalisches Wunderkind gehandelt. Mit ihrem Freund wird sie bald die Schule beenden und anschließend an die berühmte Musikschule nach New York gehen, um dort zu studieren. Niemand glaubt, dass Davy ein anderer Weg bestimmt sein könnte als der eines erfolgreichen Menschen – immer weiter nach oben. Als jedoch routinemäßig DNA-Tests an ihrer Schule durchgeführt werden und das Ergebnis unwiderlegbar zeigt, dass Davy das Homicidal Tendency Syndrome (kurz HTS) in sich trägt, scheint es mit dem großen Traum vorbei zu sein. Mit der Diagnose des sogenannten Mörder-Gens ändert sich Davys Leben schlagartig, sie wird von der allseits beliebten Überfliegerin zur von allen aus- und abgegrenzten Einzelgängerin. Als HTS-Trägerin werden ihr sämtliche Rechte entzogen, nicht einmal ihren Abschluss darf sie auf normalem Weg machen. Stattdessen wird sie in einen Kellerraum verfrachtet und dort mit anderen HTS-Trägern zusammengesteckt. Herkömmlichen Unterricht gibt es nicht mehr, nur noch Aufgabenblätter unter der Aufsicht eines schmierigen Lehrers. Davy kann kaum glauben, wie ihr geschieht. Und noch weniger kann sie sich vorstellen, ausgerechnet in dieser Gruppe jemanden zu finden, mit dem sie all das vielleicht halbwegs überstehen kann.

Wie stark beeinflussen unsere Gene tatsächlich unser Handeln? Viele Wissenschaftler befassen sich seit Jahrzehnten mit der Thematik, die Sophie Jordan in ihrer Jugend-Dystopie aufgreift. Sie ist damit wahrlich nicht die erste Autorin, die Gene und ihre Auswirkung auf unser Leben für das Schreiben eines Romans nutzt, und doch schafft sie es, dem Thema ihren ganz eigenen Stempel aufzudrücken. Bereits mit der Firelight-Trilogie hat sie unter Beweis gestellt, dass sie die Herzen der jugendlichen Leser im Sturm erobern kann. Auch in Infernale versteht sie es wieder hervorragend, das Schicksal ihrer Protagonistin so präzise darzustellen, dass es dem Leser schwerfällt, das Buch aus der Hand zu legen. Besonders die zwischenmenschlichen Verluste nach dem Gen-Test und die damit verbundenen Zweifel und Gedanken kann Sophie Jordan bemerkenswert rüberbringen. Obwohl die Grundgeschichte natürlich nicht viel Neues liefert und aufgrund der Thematik von Anfang an klar ist, in welche Richtung die Story gehen wird, wird der Leser zwischenzeitlich immer mal wieder überrascht. Selbst die nicht ausbleibenden stereotypischen Charaktere stoßen nicht sauer auf, sondern fügen sich perfekt ins Bild ein. Für Genre-Kenner ist Davys Weg im Einzelnen zwar relativ vorhersehbar, ist aber trotzdem fesselnd und nachvollziehbar gestaltet. Man kann sich aufgrund der Reaktionen aus ihrem Umfeld sehr gut in die junge Frau reindenken und reinfühlen, wodurch der Zugang zur Geschichte noch leichter fällt.

Natürlich darf in einer Jugend-Dystopie auch die Liebe nicht zu kurz kommen. Tatsächlich spielt sie in der Entwicklung von Infernale jedoch nur eine kleine Rolle. Viel mehr zeigt Sophie Jordan auf, wie wichtig zwischenmenschliche Beziehungen und ein stabiles soziales Umfeld sind, besonders in den Jahren des Heranwachsens. Trotz der Leichtigkeit ihrer Sprache wird der Leser zum Nachdenken gebracht, wobei vielleicht gerade die einfache Verständlichkeit diese Möglichkeiten zulässt. Es werden Freiräume für eigene Gedanken geschaffen, sodass sich neben der kurzweiligen Unterhaltung auch mit der Frage auseinandergesetzt werden kann, wie realistisch Jordans Dystopie-Setting eigentlich ist. Denn auch wenn es nicht ausbleibt, dass so manches Genre-Klischee erfüllt wird, verfolgt die Story eine klare Linie, die Infernale trotz aller unvermeidlicher Vorhersehbarkeit irgendwie besonders macht. Der Dilogie-Auftakt verspricht nur wenige Überraschungen, doch manchmal braucht es keine solchen, um gut zu unterhalten. Man freut sich schon jetzt auf den zweiten Teil und alles weitere, was diese Autorin noch so auf die literarische Welt bringen wird.


Fazit:

Nachdem sie mit ihrer Firelight-Trilogie die Romantasy-Herzen höher schlagen ließ, wagt sich Sophie Jordan nun in ein etwas anderes Genre. Mit Infernale begibt sie sich in eine dystopische Welt, ohne dabei den Bezug zur Realität zu verlieren. Das Setting ist durchaus vorstellbar, die Charaktere leicht zu erreichen und die Sprache der Zielgruppe angepasst. Alles in allem ist der Dilogie-Auftakt zwar ziemlich vorhersehbar, hält für Genre-Fans aber trotzdem ein kurzweiliges Lesevergnügen bereit.


Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5


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