Bastei Lübbe (2015)
Taschenbuch, 413 Seiten, 8,99 EUR
ISBN: 978-3-404-20797-8
Genre: Space Opera / Western
Klappentext
Manche bezeichnen sie als Verbrecher, andere als Helden der Randplaneten. Sie selbst nennen sich Frontiersmen: furchtlose Männer und Frauen, die Fracht und Flüchtlinge dorthin schmuggeln, wo der Weltraum noch frei und wild ist. John Donovan ist einer von ihnen und chronisch knapp bei Kasse, sodass er auch riskante Jobs übernimmt. Etwa einen Passagiertransport zur rauen Koloniewelt Heaven's Gate. Der Weg dorthin führt mitten durch das Raumterritorium der Peko -eine Rasse, die jeden menschlichen Eindringling erbarmungslos zur Strecke bringt.
Rezension
Captain John Donovan hat (wieder einmal) ein Problem: Sein Schiff, die Mary-Jane Wellington, könnte einige Reparaturen vertagen, seine Crewmitglieder und er sind knapp bei Kasse und auf dem gottverdammten Wüstenplaneten, auf dem sie gerade weilen, gibt es kaum rentable Jobs. Dafür wird John auf unliebsame Weise daran erinnert, dass er jemandem noch einen Haufen Asche schuldet. Rückzahlung vorzugsweise gestern, aber er erhält noch eine Gnadenfrist von wenigen Tagen. Also bleibt ihm nichts anderes übrig, als den einzig lukrativen Job durchzuziehen, der sich ihm bietet: Ein Passagiertransport zur Kolonie Heaven’s Gate, mitten durch das Gebiet eines durchgeknallten Peko-Warlords, der sich an der Menschheit rächen will. Aber da hat John schon Schlimmeres durchgestanden – oder etwa nicht?
Den Titel „Höllenflug nach Heaven’s Gate“ kann man durchaus wörtlich nehmen. Schließlich ist John Donovan der einzige, der so einen Wahnsinnsflug durch feindliches Peko-Gebiet wagt, noch dazu mit einer hochschwangeren Frau an Bord sowie einem seltsamen Geschwisterpaar, dessen dunkles Geheimnis schnell zur Gefahr wird. Zu den Passagieren zählen zudem ein alter Frontiersmen, ein zwielichtiger Geschäftsmann und ein Gentleman, der jede Menge Alkohol zu transportieren hat – sehr zur Freude von Schiffsmechaniker Hobie. Als ältestes Crewmitglied kennt er viele Tricks und bewahrt die Mary-Jane so manches Mal davor, in tausend Stücke geschossen zu werden. Während Hobie über Johns kriminellen Edelmut nur schmunzeln kann, reagiert die taffe Kelly eher gereizt auf die waghalsigen Aktionen ihres Captains. Das jüngste Crewmitglied, Computerspezialist Aleandro, bleibt da gelassener und bringt dem „Cap“ durchaus Bewunderung entgegen.
Als Frontiersmen schlagen sich John und seine Leute auf den Randplaneten mit meist halblegalen oder auch mal illegalen Jobs durch. Mit der Union der Kernwelten haben sie gebrochen und wäre der chronische Geldmangel nicht, wären sie mit ihrem Vagabundenleben sehr zufrieden. Während die Kernwelten technologisch hoch entwickelt sind, leben die Menschen auf den Randplaneten unter teils primitiven und oftmals provisorischen Bedingungen, die eine gewisse Freiheit mit sich bringen – oder auch Ausbeutung, je nachdem, wo man steht. Parallelen zu Wild-West-Geschichten und zur Pionierzeit in Amerika sind deutlich zu erkennen. Das Leben in den Kolonien ist rau und so mancher Versuch eines Glücksritters, zu Reichtum zu gelangen, scheitert erbarmungslos.
Große Entfernungen legen Raumschiffe mit Hilfe sogenannter Transitfelder zurück. Die Technologie dafür hat die Menschheit von den Peko erhalten, einer grünhäutigen außerirdischen Rasse, die zunehmend von den Menschen verdrängt wird. Deshalb kommt es immer wieder zu Konflikten und so mancher Peko erklärt der Menschheit den Krieg, wie beispielsweise der Warlord Geonoj, der an den Randplaneten ein Exempel statuieren will. Hier werden die Parallelen zu den Horse Operas besonders deutlich. Nur sind es in „Frontiersmen“ eben keine Rothäute, sondern Grünhäute, die den "Helden" das Leben schwer machen – wobei man deren Beweggründe gut nachvollziehen kann, schließlich verhält sich die Menschheit ähnlich mies wie bei der Besiedlung Amerikas durch die Europäer.
Sowohl Crew als auch Schiff erinnern stark an die Truppe aus „Firefly“, ebenso wie die reizvolle Mischung aus Space Opera und Wilder Westen, die es in dieser Form leider viel zu selten gibt. „Frontiersmen“ könnte man sich dabei gut als zweite „Firefly“-Staffel vorzustellen, denn auch wenn es einige Unterschiede gibt, sind die Parallelen doch so stark, dass jeder „Firefly“-Fan ins Schwärmen kommt. John Donovan ist wie Malcolm Reynolds ein Gauner mit Ehrgefühl, der von den Kernwelten enttäuscht ist, und sein Glück in einer Freiheit sucht, die nur durch kriminelle Energie aufrecht erhalten werden kann. Trotzdem mag man John, er ist sogar extrem sympathisch, ebenso wie seine kleine Crew und die Mary-Jane, die als KI mit John spricht und erstaunliches Interesse an dessen Wohlergehen zeigt.
Hinter dem Pseudonym Wes Andrews verbirgt sich der deutsche Autor Bernd Perplies, was man am Schreibstil durchaus erkennen kann. „Frontiersmen“ ist temporeich und sehr atmosphärisch geschrieben, garniert mit knackigen Dialogen und viel Liebe zum entscheidenden Detail, das der Zukunft Leben einhaucht. Ob High Fantasy, Dystopie oder Space Opera – der Autor vermag es, sich allen Genres perfekt anzupassen und dazu stets stimmige, unterhaltsame Geschichten zu servieren.
Fazit
“Höllenflug nach Heaven’s Gate“ ist der höchst unterhaltsame und wilde Auftakt der „Frontiersmen“-Reihe, die mit der gleichen Mischung aus Space Opera und Wild-West-Atmosphäre glänzt wie „Firefly“. Serienkennern wird das Herz aufgehen bei so vielen Parallelen, die sich regelrecht aufdrängen, weil es diese besondere Mischung viel zu selten gibt – Wes Andrews ist sie jedenfalls wunderbar gelungen!
Pro & Contra
+ cooler Mix aus Space Opera und Wilder Westen
+ John ist ein supersympathischer Gauner
+ bunt zusammengewürfelte Crew
+ die Mary-Jane als Schiff mit Persönlichkeit
+ ein wahrer Höllenflug
+ extrem unterhaltsam und atmosphärisch
o viele Parallelen zu „Firefly“
- manchmal doch etwas vorhersehbar
Werung:
Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4,5/5
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