Die 5. Welle (Rick Yancey)

Yancey R Die fuenfte Welle 1

Goldmann Verlag, 1. Auflage, April 2014
Gebundene Ausgabe, 496 Seiten,
OT: The fifth wave
aus dem Amerikanischen von Thomas Bauer
16,99 Euro [D] | 17,30 Euro [A] | CHF 22,90*
ISBN-13: 978-3-442-31334-1

Genre: Dystopie/ Fantasy


Klappentext

Die erste Welle brachte Dunkelheit. Die zweite Zerstörung. Die dritte ein tödliches Virus. nach der vierten Welle gibt es nur noch eine Regel fürs Überleben: Traue niemandem! Das hat auch Cassie lernen müssen, denn seit der Ankunft der Anderen hat sie fast alles verloren: Ihre Freunde und ihre Familie sind tot, ihren kleinen Bruder haben sie mitgenommen. Das Wenige, was sie noch besitzt, passt in einen Rucksack. Und dann begegnet sie Evan Walker. Er rettet sie, nachdem sie auf der Flucht vor den Anderen angeschossen wurde. Eigentlich weiß sie, dass sie ihm nicht vertrauen sollte. Doch sie geht das Risiko ein und findet schon bald heraus, welche Grausamkeit die fünfte Welle für sie bereithält ...


Der Autor

Rick Yancey ist ein preisgekrönter Autor, der mit seiner Trilogie »Die fünfte Welle« die internationalen Bestsellerlisten stürmt. Wenn er nicht gerade schreibt, darüber nachdenkt, was er schreiben könnte, oder das Land bereist, um übers Schreiben zu reden, verbringt er seine Zeit am liebsten mit seiner Familie in seiner Heimat Florida.


Rezension

Cassie ist der letzte Mensch auf der Welt – zumindest kommt sie sich so vor, während sie sich vor den Anderen versteckt. In Vier Wellen haben die Außerirdischen die Menschheit an den Rand des Aussterbens gebracht. Zuerst kam der weltweite elektromagnetische Puls, dann eine gigantische Welle, die 60% der Menschen in den Küstengebieten tötete, eine tödliche Seuche und am Ende die vierte Welle: Silencer. Falls es noch Menschen geben sollte, kann sie sich nicht erlauben, ihnen zu trauen, denn die Anderen – so musste sie schmerzlich erfahren – verstecken sich in Menschengestalt. Daher hat Cassie eine Devise „Traue niemandem!“. Die Anderen haben ihr alles genommen: ihr Leben, ihre Freunde, ihre Familie. Nur ihr kleiner Bruder Sam ist noch übrig, entführt von den Anderen. Auf dem Weg, ihn zu befreien, wird sie von einem Silencer angeschossen. Schwer verletzt und dem Tode nahe wird sie gerettet. Evan Walker scheint zu gut, um wahr zu sein. Er ist zu freundlich, zu hilfsbereit. Cassie weißt, dass sie ihm nicht trauen sollte, aber geht das Risiko ein, um ihres Bruders Willen. Doch sie ist nicht vorbereitet, weder auf Evans wahre Identität noch auf das, was sich die die Anderen als fünfte Welle ausgedacht haben.

In den letzten Jahren gab es viele Dystopien um eine Gruppe Teenager; Rick Yanceys Trilogie hat es dabei nicht nur auf die Bestsellerlisten geschafft, sondern dieses Jahr auch zu einem Kinofilm. Typisch für das Genre beginnt die fünfte Welle in einer desolaten Welt. 98% der Menschheit sind verschwunden, vernichtet von Außerirdischen. Statt den bombastischen Feuerwerken typischer Blockbuster kreiert Yancey eine intelligente Rasse, die selbst nicht in Erscheinung tritt, sondern den Menschen zuerst ihre Technologie raubt und später die Erde selbst nutzt, um die Menschen zu töten: Gigantische Flutwellen und durch Vögel übertragene Seuchen.

Von den wenigen Überlebenden wählt Yancey die sechzehnjährige Cassie als Protagonistin. Das junge Mädchen musste mitansehen, wie ihre Mutter qualvoll an der Seuche starb, der Vater erschossen wurde und ihr Bruder Sam in einem gelben Schulbus von ihr fortgebracht wurde. Alles, was ihr geblieben ist, sind ein paar Fotos und der Sams Teddybär. Die junge Cassie musste seit der Ankunft der Außerirdischen einige schreckliche Entscheidungen treffen – manche, wie der Tod eines Soldaten, verfolgen sie bis in den Schlaf. Sie hat Angst, fühlt sich isoliert und verfolgt. Wäre da nicht ihr kleiner Bruder, dem sie versprach, für immer bei ihm zu bleiben, hätte sie sich wahrscheinlich schon aufgegeben. Neben der sympathisch durchschnittlichen Cassie wird die Geschichte von Zombie und Sam getragen. Die beiden Jungs, der eine in Cassies Alter, der andere ihr kleiner Bruder, wurden von der Armee ins Camp Wright-Patterson gebracht. Die fünfte Welle steht bevor, und die Soldaten bilden die Kinder zur letzten Verteidigungswelle der Menschheit aus. Zombie, so genannt, weil er das Virus nur knapp überlebte, übernimmt in seinem Quad die Verantwortung für den verängstigten Sam. Während der junge Sam versucht, seiner neuen Rolle gerecht zu werden, geht Zombie in der Rolle des Rächers auf. Schuldgefühle plagen ihn. Nie wieder will er jemanden verlieren, der ihm Nahe steht. Neben den nachvollziehbaren Charakteren gibt Yancey aber auch Einblick in die Psyche eines Anderen und gibt dabei einen interessanten, spannenden Kontrast zur Menschlichkeit.

Stilistisch wechselt Yancey zwischen der Ich-Perspektive (Cassie und Zombie) und dem personalen Erzähler (Sam und die Außerirdischen). Sein Schreibstil ist direkt und ohne Schnörkel, plastisch und zeigt das Geschehen der vorherigen Wellen in Cassies Erinnerungen, um den Leser tiefer in die Geschichte und seine Charaktere hineinzuziehen.

Diese Geschichte und der ungewöhnliche Ansatz der Invasion sind die positiven Pfeiler der Geschichte. Yancey versteht sich gut darin, die Spannung aufzubauen und weiß, den Leser mit ungewöhnlichen Wendungen zu überraschen. Im Gegensatz zu vielen seinen Kollegen greift der Autor nicht auf das ausgelutschte Mittel der Dreiecksbeziehung zurück, sondern verteilt die Romanzen gleichmäßig über seine Charaktere – jede dabei eigenständig und gut ausbalanciert. Kreativ ist auch die Technik der Außerirdischen, wie das Programm Wonderland, das es erlaubt, die gesamten Lebenserfahrungen von Menschen zu lesen und zu speichern.

Schwächen zeigt die Geschichte erst gegen Ende, wenn sich die Natur der fünften Welle offenbart, und Cassie in das Camp Wright-Patterson eindringt, um ihren Bruder zu retten. Unwillkürlich beginnt der Leser daran zu zweifeln, ob die Außerirdischen wirklich so clever sind wie sie sich bisher gaben. Mehr soll an dieser Stelle jedoch nicht verraten werden, denn die Natur der Welle ist eine der Überraschungen dieses Buches.


Fazit

Die 5. Welle beschreibt eine Alien-Invasion der anderen Art. Clever und überraschend wie die Invasion selbst erzählt auch Rick Yancey die Geschichte der sechzehnjährigen Cassie, die sich in der verlassenen Welt aufmacht, um ihren kleinen Bruder zu finden. Dieser wird zur gleichen Zeit zu einem Soldaten ausgebildet, brutal und ohne Gnade. Trotz junger Protagonisten ist die Geschichte mehr als eine typische Teenager-Dystopie. Sie weist Tiefe auf, schafft es den Leser immer wieder zu überrumpeln und ist zugleich spitzig, witzig und ein wenig romantisch.


Pro/Contra

+ Hintergrundgeschichte
+ Charakterdesign
+ spannende Geschichte
+ Perspektivenwechsel

o lockerer direkter Schreibstil

- unterschiedliche Erzählstile
- Natur der 5. Welle

Bewertung: sterne4

Charaktere: 4,5/5
Handlung: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5

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