In der Blüte ihres Grabes (Amy MacKinnon)

Krüger Verlag, 1. Auflage Juli 2009
HC mit SU, 324 Seiten
€ (D) 18,95 | € (A) 19,50 | SFR 33,90 (UVP)
ISBN 978-3-8105-1295-6

Genre: Psychothriller


Klappentext:

Für das Mädchen ohne Namen konnte ich nur das Gänseblümchen, die Unschuld, wählen.

Die junge Bestatterin Clara Marsh führt ein einsames Leben unter den Toten. Als ein junges Mädchen auftaucht, das sich offenbar inmitten der Toten wohler fühlt als unter den Lebenden, gerät Claras Welt aus den Fugen.
Das Debüt der Amerikanerin Amy MacKinnon handelt von einer Welt, zu der die meisten von uns keinen Zutritt haben.

Innerer Klappentext:

Das Adonisröschen steht für traurige Erinnerungen, der Fingerhut für die Unaufrichtigkeit, Tagetes weisen auf Grausamkeit in der Liebe hin. Der Dornbusch steht für die Weisheit, die Chrysantheme für die Freude …

Clara Marsh ist Bestatterin und bereitet die Toten für ihren letzten Weg zum Grab vor. Als kleines Abschiedsgeschenk legt sie ihnen einen besonderen Blumengruß in den Sarg. So auch vor drei Jahren, als ein kleines Mädchen brutal im Wald mordet wurde. Clara richtete damals die Leiche des Kindes her und schmückte anschließend den Sarg mit Gänseblümchen. Ihr einsames und ruhiges Leben gerät außer Kontrolle, als Detective Mike Sullivan die Ermittlungen in diesem Fall verstärkt. Zum ersten Mal in ihrem Leben muss Clara sich entscheiden: Entweder für die sichere Einsamkeit mit den Toten oder aber für die gefährliche Nähe zu einem anderen Menschen.


Rezension:

Was erwartet der Leser bei einem Klappentext wie diesem? Ganz sicher nicht das, was er bekommt.
Denn wider das Klischee geht es im Debüt von Amy MacKinnon weder um einen blutrünstigen Serienmörder noch um eine alles verzehrende Liebesbeziehung. Zwar gibt es viele Tote und Opfer, und auch zwischenmenschliche Gefühle kommen zur Sprache, doch die oft zwanghaft eingebundenen, vermeintlich unvermeidlichen Spannungsträger fehlen – der Leser vermisst sie allerdings gar nicht.
In der Blüte ihres Grabes findet und füllt die Lücke zwischen all den typischen Komponenten und wird dadurch zu einem innovativen Debüt, das ein völlig neues Thriller-Gefühl weckt.

Besonders gut gelungen ist hier der Charakter von Clara – eine junge Frau, die sich bei der Vorbereitung der Verstorbenen am wohlsten fühlt und sämtliche emotionale Nähe und Wärme ihrer Außenwelt meidet und zu umgehen versucht. Dass die Gründe hierfür in ihrer Kindheit liegen, wird schnell klar. In kapitelweisen Rückblenden taucht der Leser in die Vergangenheit Claras ein und lernt ihre verletzliche, aber doch starke Persönlichkeit Stück für Stück besser kennen.

Das kleine Mädchen Trecie, das plötzlich im Bestattungsinstitut auftaucht, erinnert Clara sehr an sich selbst, jedoch hat sie nicht die Kraft und den Mut, der Kleinen zu helfen. Es dauert seine Zeit, bis sie beides schöpft und den Dingen auf den Grund geht. Dass es dabei nicht immer ungefährlich ist, sollte jedem Thriller-Fan klar sein. Zusammen mit Mike, der eine gewisse Anziehungskraft auf Clara auswirkt, der sie sich jedoch zu entziehen versucht – sie gehört zu den Menschen, die lange zu wenig Liebe erfahren haben und sich mit der Zeit einreden, dass sie es nicht verdient hätten, aufrichtig und bedingungslos geliebt zu werden – macht sich die Protagonistin auf die Suche nach Antworten auf Fragen, die sich niemand zu stellen traut. Und oft hat man als Leser den Wunsch, die Antworten nicht zu bekommen.

Während sich andere Thriller-Autoren mit blutrünstigen Mördern und atemlosen Hetzjagden befassen, nimmt sich MacKinnon einer stillen und oft totgeschwiegenen Hintergrundgeschichte an. Hauptthema des Buches ist Kindesmissbrauch, deren Ursprung und Auswirkung auf die Zukunft und das spätere Leben der Opfer. So erschreckend nah an der Wahrheit, dass man am liebsten die Augen verschließen möchte und sich schon ob des Gedankens daran schämt.

In sachlich-nüchterner Sprache gibt die Autorin ihrer Protagonistin und damit allen misshandelten Kindern eine Stimme, die sich zu einem leisen Hilferuf aufbäumt und immer lauter anschwillt. Auch emotional eher bedeckt gehalten, geht In der Blüte ihres Grabes unter die Haut und viel tiefer, als jeder physische Schmerz es vermag.


Fazit:

Ein nervenaufreibendes Debüt einer ehemaligen Politikberaterin, das mit schleichendem Spannungsaufbau, geheimnisvollen Charakteren und aufweckendem Showdown begeistert. In der Blüte ihres Grabes ist kein Buch, das man nach dem Lesen einfach aus der Hand legt, sondern eines, das wachrüttelt und noch lange im Kopf nachwirkt.


Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3/5