Mind Control (Stephen King)

king mindcontrol

Heyne 2016
Originaltitel: End of Watch (2016)
Übersetzung von Bernhard Kleinschmidt
Gebunden, 526 Seiten
€ 22,99 [D] | € 23,70 [A] | CHF 33,90
ISBN 978-3-453-27086-2

Genre: Thriller


Inhalt

Der pensionierte Detective Bill Hodges betreibt mit Holly Gibney die Privatdetektei Finders Keepers. Bill wird in eine Suizidserie hineingezogen, die Verbindungen aufweist zum Mercedes-Killer Brady Hartsfield, der mit einem irreparablen Hirnschaden in einem Krankenhaus liegt. Die Toten waren vor sechs Jahren auf dem Konzert, auf das Brady ein Bombenattentat verüben wollte, das von Bill und Holly verhindert wurde. Während die vorherrschende Sicht unter Ärzten im Krankenhaus die ist, dass Brady sich nie wieder erholen wird, berichten manche vom Pflegepersonal über seltsame Vorkommnisse in Bradys Zimmer. Objekte scheinen sich ohne äußeren Einfluss zu bewegen. Schwester Ruth Scapelli glaubt nicht, dass Brady nichts mitbekommt und ist überzeugt, dass der Patient sie nicht ausstehen kann. Eines Tages erhebt er sich im Bett und sieht sie an.

Bradys Arzt hat mit ihm ein Medikamentenexperiment durchgeführt, in dessen Verlauf Brady paranormale Fähigkeiten entwickelte. Zwar kann Brady sein Bett physisch nicht verlassen, er hat aber die Fähigkeit, sein Bewusstsein in andere Menschen zu übertragen und deren Körper zu übernehmen. Nachdem er ein paar Menschen in den Suizid getrieben hat, fasst er den Entschluss, die Jugendlichen, die er seinerzeit auf dem Konzert durch ein Bombenattentat töten wollte, einen Massensuizid begehen zu lassen. Dazu bedarf es natürlich einiger Vorbereitungen, für die er andere Menschen als eine Art Drohnen einsetzt. Er benötigt hunderte Zappits, Computer, die sich am Markt nicht durchsetzen konnten und deshalb in großer Zahl billig erhältlich sind. Auf diesen Zappits befindet sich das Spiel Fishin’ Hole nebst einer Demoversion, die Brady dank seiner IT-Kenntnisse in eine dämonische Neufassung umprogrammieren kann.

Bradys wichtigstes Ziel jedoch ist Bill. Er will ihn über das Spiel unter seine Kontrolle bringen und sich rächen. Er bedient sich dazu der Körper eines Neurochirurgen und des Krankenhaus-Bibliothekars. Die Polizei führt er gezielt auf einen anderen Ermittlungsweg, damit er freie Bahn bei Bill hat.


Rezension

In Mr. Mercedes, dem ersten Band der Hodges-Trilogie, die manchmal auch Mercedes-Killer-Trilogie genannt wird, obwohl der Killer im zweiten Band nur eine kleine Nebenrolle spielt, führt Stephen King ein Ermittlertrio ein, das aus dem pensionierten Polizisten William „Bill“ Hodges, Holly Gibney, die an einer Persönlichkeitsstörung leidet und Psychopharmaka nimmt, sowie dem Teenager und Computerexperten Jerome Robinson besteht. Der Roman beginnt gegen Ende der großen Rezession 2009 und erwähnt diese in der Folge nur noch in Momenten. Der Soziopath Brady Hartsfield fährt mit einem Mercedes in eine Warteschlange Arbeitssuchender und verursacht viele Todesfälle und Verletzte. Am Ende fassen Bill und Holly Brady, wobei dieser schwer verletzt wird und ins Koma fällt.

Im zweiten Band, Finderlohn, setzt King nicht Bradys Geschichte fort, sondern geht einen anderen Weg. Der sozialökonomische Ort der Erzählung bestimmt den gesamten zweiten Handlungsstrang, in dem es um den obsessiven Fan eines Schriftstellers geht und einen Raubmord, dessen Beute von einem Jungen gefunden wird. Dieser Junge, Pete Saubers, bekommt große Probleme, die Bill und Holly auf den Plan rufen. King präsentiert die düstere Vorstellung von einer US-Gesellschaft, die sich wie das Upgrade eines Dickens-Szenarios auf das 21. Jahrhundert liest. Brady Hartsfield ist in Finderlohn eine Randfigur und bekommt im letzten Kapitel einen Auftritt, der in das Terrain des Übernatürlichen führt.

In Mind Control, dem Abschluss der Trilogie, bestimmt Brady wieder den zweiten Handlungsstrang. Der Roman beginnt mit einem Rückblick, der Szene, die auch den Einstieg in Mr. Mercedes bildet. Die Amokfahrt ist beendet, ein Notarztwagen trifft am Ort des Grauens ein. Die Haupthandlung beginnt fast sieben Jahre später in 2016. Brady ist aus dem Koma erwacht und nimmt seine Umgebung auf unbestimmte Weise wahr.

Die Romane der Trilogie sind verbunden durch die drei Protagonisten, Brady Hartsfield, seine Amokfahrt im ersten Band und Figuren, die in einer Geschichte zu den Hauptfiguren und in anderen zu den Nebenfiguren zählen. In der Fortsetzung des ersten Handlungsstrangs um Bill, Holly und Jerome hat Bill zusätzlich zur Jagd nach Brady mit einem sehr irdischen Problem zu kämpfen, was Mind Control eine erhebliche Dramatik verleiht. Der interessantere und dramatischere narrative Pfad ist der, den Bill geht. In einem Wettlauf gegen die Zeit – ein für Stephen King typisches Motiv – will er Brady zur Strecke bringen. Bill Hodges ist seit langen Jahren der beste Charakter, den Stephen King entwickelt hat. Fernab jeglicher Klischees und billigen Lesermanipulationen erreicht er eine beeindruckende Tiefe.


Fazit

Mind Control ist der gelungene Abschluss der Hodges-Trilogie. Der Roman ist gut geschrieben, die Charaktere sind fein entwickelt. Bill und Holly sind liebenswerte Protagonisten, Brady ist ein besonders übler Zeitgenosse. Das Finale während eines winterlichen Sturms ist aufregend.


Pro und Kontra

+ auffallend guter Abschluss einer Trilogie
+ wirksames Wechselbad aus Hochspannung und Schwermütigkeit
+ frei von Stereotypen und Klischees
+ eins der besten Werke Stephen Kings

Wertung:sterne4.5

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5


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Tags: Stephen King