Glasberg – Ein Aetherwelt-Roman (Anja Bagus)

Edition Roter Drache (April 2015)
Taschenbuch
304 Seiten, 14,00 EUR
ISBN: 978-3939459897

Genre: Steampunk


Klappentext

Nach den turbulenten Ereignissen des letzten Silvesterfestes möchten Falk und Minerva ein gemeinsames Leben beginnen. Jedoch ist Minervas Familie über die bevorstehende Hochzeit geteilter Meinung, und Falks Bruder nimmt ihm seine Auszeit merklich übel. Zeitgleich tritt eine unerklärliche Krankheit bei den Laufburschen in der Glasfabrik auf: ihre Augen werden weiß wie gestockte Milch, bevor sie langsam sterben. Anfangs sind nur die Kinder der Armen betroffen …

Bei ihren Nachforschungen treffen Falk und Minerva auf einen gefährlichen Widersacher. Als sie ihm zu nahe kommen, schlägt seine Falle zu: Sie müssen sich mit traumatischen Erlebnissen ihrer Vergangenheit auseinandersetzen und können einer Konfrontation in der Glasfabrik nur knapp mit dem Leben entkommen. Aber dies ist erst der Anfang der Geschehnisse.

Ist das Glas des Glasbergs gefährlicher, als Falk zugeben wollte? Die Lösung finden Falk und Minerva erst, als sie zum Glasberg zurückkehren. Aber es könnte bereits zu spät sein, um das lodernde Feuer noch zu löschen.


Rezension

Anja Bagus lässt ihre Bücher häufig relativ abrupt enden, um ihre Figuren die dramatischen Ereignisse und Enthüllungen des Showdowns dann am Anfang des nächsten Bandes verarbeiten zu lassen. So ist es auch bei „Glasberg“: Minerva und Falk sind von ihrer langen Reise zurückgekehrt und dabei, nun ihr gemeinsames Leben zu planen und eine Vorstellung davon zu gewinnen, wie ihr Alltag aussehen soll. Dabei müssen sie sich mit ihren jeweiligen Familien auseinandersetzen: Falks Bruder Siegfried fürchtet, dass Falk ihn von seinem Platz in der Glasfirma der Familie verdrängen könnte, und Minerva muss sich mit ihrer egozentrischen Mutter und ihrem durch und durch unsympathischen Schwager Hagen herumschlagen.

Wenn man den ersten Band für sich allein betrachtet, wirkt die Entwicklung der Beziehung zwischen Falk und Minerva jäh und gehetzt, aber wenn man die beiden Bücher als Gesamtheit sieht, erscheint sie plötzlich viel realistischer: Die beiden Figuren kommen sehr plötzlich zusammen – und brauchen dann eine Weile, um herauszufinden, was das eigentlich für sie bedeutet und ob und wie es funktionieren kann.

Einerseits ist es eine der Stärken des Buches, dass den Figuren und ihren Beziehungen so viel Raum gegeben wird, andererseits gibt es im ersten Drittel auch gewisse Längen, auch wenn immer wieder Andeutungen über eine Bedrohung eingeflochten sind, der sich das Paar ausgesetzt sehen wird. Doch schließlich eskaliert die Situation. Minerva und Falk sehen sich einem übermächtigen, übernatürlichen Feind gegenüber, den sie eigentlich besiegt geglaubt haben, und müssen sich unter den durch den Aether erweckten mythologischen Wesen Verbündete suchen, um den Kampf gegen ihn aufzunehmen. Mit von der Partie: Das Amt für Aetherangelegenheiten und einige alte Bekannte aus der Annabelle-Rosenherz-Trilogie.

Während sich „Waldesruh“ noch so gelesen hat, als würden die Trilogien sich zwar einen Schauplatz teilen, aber weitgehend unabhängig voneinander sein, erscheint ihre Handlung in „Glasberg“ weitaus mehr miteinander verflochten und der Epilog wird sich nur den Lesern komplett erschließen, die auch „Aetherresonanz“ gelesen haben. Wahrscheinlich empfiehlt es sich, erst einmal die Annabelle-Rosenherz-Trilogie zu lesen, bevor man sich den Abenteuern von Falk und Minerva zuwendet (es ist nicht notwendig, aber es erleichtert das Verständnis des Geschehens, auch, weil es in Anja Bagus‘ erster Trilogie noch mehr Erklärungen zum Aether, seiner Natur und seinen Auswirkungen gibt).

Die zweite Hälfte des Buches ist von rasanter Action und den mal anmutigen, mal grotesken und bedrohlichen Geschöpfen geprägt, die die Magie des Aethers hervorgebracht hat. Doch auch die inneren Konflikte der Figuren spielen eine große Rolle: Minerva muss sich der Wahrheit über den Unfall stellen, der ihren ersten Mann das Leben gekostet hat, während Falk sich mit der Angst konfrontiert sind, wieder sein Augenlicht zu verlieren – eine Vorstellung, die den auf Stärke und Unabhängigkeit bedachten Mann mit Grauen erfüllt. Dies sind starke, spannende Konflikte, allerdings werden sie teilweise zu einem Zeitpunkt ausgetragen, wo eine unmittelbare äußere Bedrohung den Figuren eigentlich keine Zeit für solche Überlegungen lassen sollte. Trotzdem fliegen die Seiten nur so dahin und das Ende macht neugierig auf den dritten Teil.


Fazit

Minerva und Falk müssen in „Glasberg“ nicht nur ihre Beziehung zu einander und sich selbst verhandeln, sondern werden auch in einen dramatischen Kampf hineingezogen, der sie und diejenigen, die sie lieben, in große Gefahr bringt. Ein Pluspunkt ist auch die Einführung von Figuren und Geschöpfen, die nicht nur teilweise originelle Neuinterpretationen von Sagengestalten sind, sondern auch ihre eigenen persönlichen Konflikte austragen. Ein Buch mit kleinen Schwächen, aber auch sehr, sehr gute Unterhaltung.


Pro und Contra

+ weitere originelle Aether-Wesen
+ dramatische innere und äußere Konflikte
+ nützlicher und interessanter Anhang

- Längen im ersten Drittel
- Konflikte werden teilweise in kontraintuitiver Reihenfolge ausgetragen

Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3/5


Rezension zu „Waldesruh“ (Bd. 1)

Rezension zu "Rheingold" (Bd. 3)

Rezension zu „Aetherhertz“ (Annabelle Rosenherz, Bd. 1)

Rezension zu „Aetherresonanz“ (Annabelle Rosenherz, Bd. 2)

Rezension zu „Aethersymphonie“ (Anabelle Rosenherz, Bd. 3)

Tags: Steampunk, Anja Bagus