Der Täuscher (Jeffery Deaver)

Verlag: Blanvalet, Februar 2009
Übersetzt von Thomas Haufschild
544 Seiten, € 19,95
ISBN: 978-3764502966

Genre: Thriller


Klappentext

Der achte Fall für das geniale Ermittlerpaar Lincoln Rhyme und Amelia Sachs: rasanter und diabolischer denn je - und fast zu wahr, um schön zu sein.
Ein Anruf reißt Lincoln Rhyme aus dem Schlaf. Sein Cousin Arthur ist wegen Mordes verhaftet worden. Die Beweislast ist erdrückend: Ein Zeuge identifiziert Arhurs Wagen als Fluchtfahrzeug, und darin finden die Ermittler die Blutspuren des Opfers. Für die Mordnacht hat Arthur Rhyme überdies kein Alibi. Doch ist er wirklich schuldig?
Nur widerwillig nimmt Lincoln Rhyme sich des Falls an. Doch schon bald erkennen er und seine Partnerin Amelia Sachs, dass sie es mit einem skrupellosen Killer zu tun haben, der von Haushaltsabfall bis hin zu geheimen Kundendaten alles wie besessen sammelt und sich so die Identitäten seiner Opfer zueigen macht, um damit eine tödliche Spur zu legen…


Rezension

Kann es wirklich so weit kommen? 1984 ist wahr geworden, Big Brother is watching you. Auf eindringliche Art und Weise beschreibt Deaver in seinem neuesten Thriller, wie durchsichtig der Mensch mittlerweile geworden ist. Datenklau auf höchstem Niveau, es ist immer wieder erschreckend, wie viel man von sich preisgibt, selbst wenn man nur bar bezahlt. Wie gerissen und groß manche Firmen geworden sind, die sich ihr Geld damit verdienen, sämtliche Daten zu sammeln und weiterzuverkaufen, deren sie habhaft werden können. Und sie verkaufen nicht nur an Firmen für zukünftige Kunden, nein, auch die Polizei und Staatsanwaltschaft, selbst Ärzte und Krankenhäuser werden von den Firmen mit Daten versorgt, die sie nach Anfrage sekundenschnell auf ihrem Computer oder Palm zur Verfügung haben. Chips auf Kundenkarten werden automatisch erfasst, sobald man nur an einem Geschäft vorbeigeht, ein tägliches, fast minutiöses Nachhalten der eigenen Bewegung wird somit Fremden zugänglich gemacht. Der Begriff vom unbescholtenen Bürger bekommt somit völlig neue Dimensionen, sein Dossier umfasst vielleicht nur 30 Seiten, Prominente oder Menschen mit Vergangenheit kommen da auch leicht auf 1000 Seiten.

Kann man dagegen überhaupt etwas machen? Mit Sicherheit gerät nicht jeder ins Visier von perfiden Geschäftsmethoden oder gar Verbrechen, die einem in die Schuhe geschoben werden, aber der Identitätsklau ist schnell vollbracht und Kreditkartenrechnungen erreichen auf einmal schwindelerregende Höhen, wenn fremde Menschen damit einkaufen. Völlig aus dem Hinterhalt wird man davon getroffen und hat kaum eine Chance, das Gegenteil zu beweisen - denn der Computer lügt ja nicht. Manchmal sind es auch gerade die Unauffälligen, deren Leben man blitzschnell völlig verdrehen kann, wenn der Meister an den richtigen Tasten sitzt. Dann gibt es auf einmal Kredite, die man niemals abgerufen hat, Kontobewegungen, von dessen Geld man nie auch nur einen Hauch gesehen hat, Anfragen bei verbotenen Organisationen - und schon ist man im Visier der Polizei, ohne den Hauch einer Chance, seine Unschuld beweisen zu können. Auf erschreckende Weise zeigt Deaver, was man mit ein paar Tastendrucken erreichen kann und wieunschuldige Menschen sich nicht mehr wehren können, da ihre Taten ja schwarz auf weiß existieren und die Indizien erdrückend sind.

Das Hauptmotiv in diesem Thriller ist der Datenklau und seine erschreckenden Auswirkungen, es geht relativ unblutig zu und wie immer versteht Deaver es geschickt, die Spannung durch die gezielte Ermittlerarbeit langsam aufzubauen. Bis die Ermittler auf einmal selber in das Visier des Täters geraten, dann folgen die Einschläge Schlag auf Schlag mit unangenehmen Folgen für alle, die sie so leicht nicht vergessen werden.

Es gibt auch einige interessante Nebenschauplätze, so erfährt man vieles aus der Vergangenheit von Lincoln Rhyme, man trifft Pam, das Mädchen aus dem gehetzten Uhrmacher, wieder - und last but not least tritt auch der Uhrmacher wieder auf und ist im Nebenplot für einige Überraschungen gut.

Für Vielleser und Büchersammler könnte es eine leicht traumatische Wirkung haben, dass in der Geschichte ein Bücherhamsterer einmal von seinen Bücherstapeln verschüttet wurde und es ihm nicht möglich war, sich darunter zu befreien. Auch Lesen kann also gefährlich sein.


Fazit

Schockierend, dramatisch und ungläubiges Staunen hervorrufend wird hier ein Thriller auf höchstem Niveau erzählt, der jeden interessieren dürfte - denn jeder könnte der Nächste sein.


Pro und Contra

+ Fassungslosigkeit über die Vielfalt der Möglichkeit des Datenmissbrauchs
+ hochbrisantes Thema
+ spannend auch in den Nebenplots
+ relativ unblutig
+ altbewährte Charaktere
+ Aufklärung über die Vielfalt der Daten, die gesammelt werden können

- die Geschichte braucht einige Seiten, bis sie richtig in Schwung kommt

Wertung:

Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5


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