Laurence Horn (14.03.2017)

Interview mit Laurence Horn

laurence hornLiteratopia: Hallo, Laurence! Kürzlich ist Dein Fantasyroman „Rodinia – Die Rückkehr des Zauberers“ bei den Papierverzierern erschienen. Was erwartet die Leser?

Laurence Horn: Hallo Judith, erstmal freue ich mich riesig über dieses Interview.

Rodinia, ja, was erwartet die Leser. Ich könnte jetzt sagen: Ganz großes Kino, eine wilde Jagd, ein Auf und Ab, überraschende Wendungen, Zauberer und Magier, Feen und Trolle, andere verrückte Kreaturen und abgefahrene Lebewesen. Und über allem der große Satz: Nichts ist so, wie es scheint.

Ich sag nur: Zumindest, so munkelt man, ist mein Buch anders als andere Bücher … :-) Vielleicht, weil es entgegen dem allgemeinen „Einheits-Liebesgeschichten-Brei“ (sorry für die Wortwahl) mal keine schnulzige Liebesgeschichte ist. ;-)

Literatopia: Worin unterscheiden sich Magier und Zauberer? Und wie kam es zum Krieg zwischen ihnen?

Laurence Horn: Eigentlich darf ich beide Fragen gar nicht beantworten, da sie im Buch eine wesentliche Rolle spielen. Da ich aber auf meinen Lesungen den Unterschied erkläre, werde ich es auch hier tun. Man kann sich das wie einen Zimmermann und einen Schreiner vorstellen. Beide arbeiten mit Holz aber der Eine baut ein Haus, der andere die Inneneinrichtung. Der zweite Unterschied zwischen Magiern und Zauberern besteht im Geben und Nehmen. Die Zauberer haben seit jeher entdeckt, dass, wenn man nur der Erde die göttliche Energie entzieht, man diese dadurch zerstört. Sie geben also immer etwas eigene Energie an die Natur zurück.

Die zweite Frage darf ich wirklich nicht beantworten. Der Krieg zwischen den Zauberern und Magiern wird in Band zwei angedeutet und in Band drei ausführlich erläutert. Dort laufen alle Fäden zusammen und es wird alles aufgelöst. Aber gewonnen haben die Magier durch eine List, so viel sag ich schon.

Literatopia: Wie können wir uns Rodinia vorstellen? Und welche phantastischen Wesen leben dort?

Laurence Horn: Die Frage ist leicht zu beantworten. Rodinia ist unser hypothetischer Urkontinent (Ja, eigentlich ist es Pangea aber gerade da streiten sich die Wissenschaftler. Deshalb hypothetischer Urkontinent.) Er ist vor 1,1 Milliarden Jahren unserer Zeit entstanden und ihn umgab ein einziger Ozean (Mirovia). Das sind die Fakten und nun zu meiner Version: Ich habe ihm die Größe des heutigen Australiens angedacht und mit einer Vielzahl von Lebewesen bestückt. Zum einen ist die herrschende Rasse die Menschen und ihre Magier. Zum anderen leben dort alle Lebewesen, die man aus der Welt der Mythen und Märchen kennt. Also vom Zentaur, Einhorn, Drache über die klassischen Fantasywesen wie Feen, Elfen (bei mir ebenfalls kleine Geflügelte Wesen, die etwas größer als Feen sind), Trolle, Zwerge, Kobolde und vieles mehr. In Band eins meiner Trilogie spielen aber nicht alle der genannten Wesen eine tragende Rolle. Und, ganz wichtig, ich habe meinen Wesen nicht die typischen Klischee-Rollen gegeben. So sind die Trolle z.B. hochintelligente Wesen mit einem Hang zum Bau von technischen Maschinen und Kriegsgerät. (Es kann aber auch mal eine Spieluhr sein, die von Trollhand erschaffen wurde.)

Rodinia hat alles, was es auch auf unserer Erde gibt: Grüne Wiesen, Wald, ein großes Gebirge, Hügel, eine Wüste und eine graue Steppe. Es gibt die typische Flora und Fauna wie spezielle Tiere und Bäume. Ich habe mir die Lebewesen unserer Welt angeschaut und teilweise verwendet oder abgewandelt. So gibt es z.B. Klippschliefer oder den Nacktmull. (Ja, die gibt es wirklich ;-) Habe ich erst kürzlich in Hagenbecks Tierpark in Hamburg gesehen.) Fantasy ist immer und überall.

Literatopia: Der Roman beginnt, als ein Zauberer übers Meer nach Rodinia kommt. Woher kommt er? Und spielt die Welt außerhalb Rodinias im Roman überhaupt eine Rolle?

Laurence Horn: Der Zauberer, Kyrian, kommt von der Außenwelt. (So viel kann ich verraten. Alles andere wäre gespoilert.) In Band eins wird diese Außenwelt nur erwähnt. Sie liegt hinter dem (von den sogenannten Magiertürmen mit ihren Wetterkristallen erzeugten) Nebel, der Rodinia umgibt. Auch in Band zwei spielt diese Außenwelt noch keine allzu große Rolle. Obwohl Kyrian in Band zwei zurück in seine eigene Welt will. Erst in Band drei wird die Außenwelt dann ausführlich erklärt.

Literatopia: Was macht für Dich gute Fantasy aus? Was muss eine Fantasywelt bieten, damit sie auf den Leser authentisch wirkt?

Laurence Horn: Gute Fantasy macht für mich das Setting aus. Wesen wie Drachen, Ungeheuer, Zwerge und Trolle, Feen, Einhörner (Ich glaube ich hab ein Deja Vue – das kommt ja alles in Rodinia vor …) Aber genau das macht für mich eine Fantasywelt aus, die authentisch wirkt. Eben die eigene Welt.

Literatopia: Seit fünfzehn Jahren widmest Du Dich als „Reenactor“ der Darstellung des Mittelalters. Wie können wir uns das konkret vorstellen?

Laurence Horn: Ich betreibe die Wikingerzeit als Hobby. (Die Wikinger hatten von 793 bis 1066 nach Christus ihre Hochphase.) Da gibt es eine Menge Veranstaltungen und Mittelaltermärkte zu. Früher haben wir kommerzielle Märkte mitgemacht, aber heute arbeiten wir mit renommierten Museen zusammen, um den Besuchern die Lebensweise zu vermitteln, wie ein Leben vor 1000 Jahren ausgesehen haben könnte. Wir bauen unser Wikingerzelt auf und leben dann ein Wochenende oder auch mal eine ganze Woche wie im Frühmittelalter, also ohne Strom, fließend Wasser und allem anderen Komfort. Oder wir schlafen in den Museumsnachbauten alter Häuser dieser Zeit, ernähren uns nach teilweise alten Rezepten und Speisen und führen altes Handwerk vor. Dazu gehört in meinem Fall auch das Kriegshandwerk. Hört sich jetzt ein wenig gewalttätig an. Es ist aber ein Kampfsport, wenn man so will. Wir stellen dann große Schlachten oder auch kleine Kämpfe dar, führen die Waffen vor und zeigen Interessierten, wie man vor 1000 Jahren gekämpft haben könnte. Die größte Schlacht, die wir dargestellt haben, war Hastings (aus dem Jahre 1066 in England). Da waren wir mit über 2000 Leuten auf dem Schlachtfeld.

Kurzum: Wir leben dann wie im Mittelalter und unser Standard-Spruch lautet: Kein Plastik im sichtbaren Bereich. Also auch keine Glasflaschen und dergleichen. Wer mich mal besuchen will kann dies gerne in Groß Raden bei Sternberg, Trappenkamp bei Bad Segeberg (Schlacht von Suentana) oder eben in Haithabu in Schleswig tun. Ick freu mir :-)

Literatopia: Wie entstehen Deine mittelalterlichen Kleider? Machst Du alles selbst oder hast Du Hilfe?

Laurence Horn: Ich habe selbstverständlich Hilfe von meiner lieben Frau ;-) Sie näht die meisten Kleider und Gewandungen. Alles andere tauschen wir. Oft habe ich nicht die Zeit, die Möglichkeit oder einfach nicht das Geschick, Dinge selber zu bauen (außer Geschichten schreiben geht mir manches nicht sehr gut von der Hand. Holz hasst mich, Metall erst recht ;-) ) Aber wenn wir etwas anfertigen, dann ausschließlich von Hand. Also ohne Nähmaschine oder modernes Gerät.

Literatopia: Was denkst Du: Warum erscheinen Fantasywelten oftmals mittelalterlich? Liegt das an Tolkiens Vorbild? Oder viel mehr am Mittelalter selbst?

Laurence Horn: Ja, Tolkien ist schon eine tolle Vorlage. Aber er hat sich durch die Nordischen Sagen und die Edda inspirieren lassen und die handeln von? Richtig: Vom Mittelalter. Bzw. von einer Mittelalterlichen Welt. Also bin ich der festen Überzeugung: Es liegt am Mittelalter selbst. Wie ich immer sage: Fantasy ist immer und überall. Man muss sich nur die Orts- oder Straßennamen in Deutschland anschauen: Hamburg (= Hammaburg), Frankfurt, Schweinfurt oder Silbersacktwiete, Pergamentmacher Platz, Unter Fetthennen … ich meine, das ist doch abgefahren; das sind alles reale Namen. Es gibt so viele fantastische Tiernamen oder Pflanzen. Man muss nur die Augen öffnen und schon sieht man das Fantastische um sich herum. Fantasy ist immer und … na ihr wisst schon :-)

laurence horn mittelalterLiteratopia: Du bist Spielleiter einer Rollenspielgruppe – was spielt Ihr denn aktuell? Und was fasziniert Dich am Rollenspiel?

Laurence Horn: Ich spiele das System Rolemaster, das ist ein auf „Herr der Ringe“ basierendes Rollenspiel der alten Schule á la Pen and Paper. (Also ein typisches Spiel mit Würfeln, einem Charakterbogen, einem Schreiber und einem Blatt Papier für Notizen.) Ich bin momentan der Spielleiter und wir spielen ein von mir selbst entworfenes Abenteuer welches ich durchaus noch einmal als Buch veröffentlichen würde. (Aber das ist für später … für viel später gedacht. Den Titel verrate ich lieber nicht, nachher klaut den noch jemand, hahaha).

Mich fasziniert am Rollenspiel die Option, dass du jegliche Rolle spielen oder übernehmen kannst. Du kannst alles sein, was du willst. Ob Zauberer, Elfe, Krieger oder Chaoslord. Alles ist möglich. Der zweite Aspekt ist, dass du in einer Gruppe gemeinsam Aufgaben lösen musst. Das finde ich Klasse. Das stärkt den Zusammenhalt und die Hilfsbereitschaft.

Und der dritte Punkt ist, dass es selbstverständlich die Fantasie anregt. Sei es um Rätsel oder Konflikte zu lösen, oder einfach um Spaß an Dingen zu haben, die man sich ausdenkt. Denn du kannst auch alles tun, was du willst: Fliegen, unsichtbar sein, Monster töten, Schätze finden, und und und. Ok, für einiges muss dein Charakter, den du spielst, natürlich ein Zauberer oder Magier sein ;-) Ist übrigens auch hier ein großer Unterschied.

Literatopia: Wie bist Du eigentlich zum Schreiben gekommen? Erst durchs Rollenspiel oder hat das schon früher angefangen?

Laurence Horn: Ich habe in der Tat als Jugendlicher neben den obligatorischen Gedichten eine Geschichte geschrieben, die ich sogar noch in irgendeiner Schublade liegen habe. Ein kurzer Part einer Sience Fiction Geschichte nach Art von Perodi de Hogan … äh Perry Rhodan.

Aber ernsthaft zum Schreiben bin ich durch die Rollenspiele gekommen. Als ich das erste Mal als Master ein Abenteuer entwerfen sollte, habe ich gefragt, ob es eine Seitenzahlbegrenzung gibt. Die anderen hatten immer 3-4 DINA4 Seiten. Auf ein: „Nein, gibt es nicht.“ ist meine Geschichte so um die 170 Seiten lang geworden. Die letzte Geschichte hatte 270 Seiten. (Und ich rede von keinen Normseiten, sondern kleingeschrieben DINA4. Meine Spielkameraden meinten nur „Alter, schreib bloß ein Buch.“ Und Schwupps - 3 ½ Jahre später ist "Rodinia" erschienen. Da ich selbstverständlich keinerlei Ahnung über das Schreiben hatte, habe ich mir einen Schreibcoach gesucht und mit Susanne Diehm (schreibenbefluegelt.wordpress.com) eine gute Wahl getroffen. Und mit ein paar Schreibratgebern (von z.B. Stephan Waldscheidt, schriftzeit.de) ist "Rodinia" entstanden.

Literatopia: Was liest Du persönlich gerne? Vorzugsweise Fantasy?

Laurence Horn: Ja, ich liebe Fantasy. Vorzugsweise High-Fantasy. Aber auch Urban-Fantasy oder Steampunk. Durch eine sehr gute Freundin von mir (Sandra Florean) lese ich auch ihre Vampir-Romane der Nachtahn-Reihe (die als „Paranormal Romance“ geführt werden und bei Bookshouse ein Bestseller sind.) Durch das Schreiben bin ich offener geworden. Mittlerweile lese ich auch mal ganz andere Sachen. Aber meine Lieblingsautorin ist immer noch Jenny-Mai Nujen. High-Fantasy der besten Sorte.

Literatopia: Woran arbeitest Du gerade? Kannst Du uns schon etwas über kommende Bücher verraten?

Laurence Horn: Momentan arbeite ich an Band zwei meiner „Rodinia“-Trilogie. (Psssst, ganz exklusiv: Der Arbeitstitel lautet: „Rodinia – Die Flucht des Zauberers“.) Obwohl: es wird wohl einen vierten Band geben. Eine Vorgeschichte zu Band eins oder besser gesagt ein eigener Band über die Gauklerin Rahia und die weiße Magierin Eleanore. Da bin ich wohl wie der George Lukas. Der jetzt erschienene Roman ist eigentlich Band 4, hahaha, folgen 5 und 6 und dann geh ich in die Vorgeschichte.

Im April erscheint eine Einhorn-Anthologie im Talawah Verlag. „The U-Files – Die Einhorn Akten“. Da habe ich eine Kurzgeschichte für geschrieben. (Meine Geschichte ist ein Fantasy-Steampunk-Krimi und heißt: Einhörner gibt es nicht! ;-) )

Ja, dann ist da noch das aktuelle Rolemaster-Abenteuer, dass ich noch fertig schreiben muss und der Plot für einen weiteren Roman steht (ein Urban-Fantasy Roman).

laurence horn mittelalter2Ansonsten habe ich noch zwei-drei andere Projekte, die ich ebenfalls noch schreiben könnte. An Ideen mangelt es also nicht. Nur an Zeit, das übliche also. ;-) Ich werde der Buchwelt hoffentlich noch lange erhalten bleiben ;-)

Literatopia: Herzlichen Dank für das schöne Interview, Laurence!

Laurence Horn: Na ich habe zu Danken. Ick freu mir!

PS: darf ich noch Werbung machen? Ich bin nämlich für den Deutschen Phantastik Preis in gleich drei Kategorien nominiert (Der Hammer). Das wäre soooooo super, wenn ihr Leser für mich voten würdet :-) unter: https://eveeno.com/Phantastikpreis-Phase1

- Bester deutscher Roman
- Bestes deutschsprachiges Romandebüt
- Bester deutschsprachiger Grafiker (Melanie Philippi)

Das wäre so wunderbar, wenn ich da auf die Shortlist kommen würde. 10000000 Dank im Voraus. Ick freu mir. :-)


Autorenfotos: Copyright by Laurence Horn

Rezension zu "Rodinia - Die Rückkehr des Zauberers"


Dieses Interview wurde von Judith Madera für Literatopia.de geführt. Alle Rechte vorbehalten.