Trümmerwelten – Das Geheimnis der Alice Sparrow (Ann-Kathrin Karschnick und Felix A. Münter)

Papierverzierer (März 2017)
Taschenbuch
336 Seiten, 14,95 EUR
ISBN: 978-3959623278

Genre: High Fantasy


Klappentext

Noemi lässt Probleme verschwinden. Charlie ist Geheimnisträger. Beide verfolgen dasselbe Ziel, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen und ohne voneinander zu wissen, denn sie beide wollen die verschollene Insel Anker im Wolkenmeer finden. Eine sagenumwobene Insel der Weisen, auf der alle Geheimnisse der früheren Herrscher zu finden sein sollen. Ihr einziger Hinweis lautet: Alice Sparrow. Wer ist diese Frau und was hat sie mit der verschollenen Insel zu tun?


Rezension

Noemi und Charlie könnten kaum verschiedener sein. Noemi löst – mal verstohlen, mal mit ziemlich brutalen Mitteln – die Probleme ihrer wohlhabenden Auftraggeber. Ihre genüssliche Gewaltbereitschaft steht dabei in überraschendem Kontrast mit ihrer tiefen, aufrichtigen Verehrung für die Weisen, die verschwundenen Herrscher der schwebenden Inseln – oder auch nicht, erlaubt es ihr doch, wüste Drohungen gegen jene auszustoßen, die ihrem Glauben ohne den gebührenden Respekt begegnen, und diese dann meist auch umzusetzen. Sie ist nicht sympathisch, aber definitv unterhaltsam. Begleitet wird Noemi von ihrem gewissenhaften Assistenten Trent.

Charlie dagegen ist ein Geheimnisträger. Mitglieder dieses Ordens verbringen ihr Leben mit der Suche nach Geheimnissen, da das Wissen um diese ihnen magische Fähigkeiten verleiht – vorausgesetzt, sie bleiben geheim. Charlie ist ein reflektierter, friedfertiger junger Mann, dessen rauflustiger älterer Freund Gurney ihn häufig in Verlegenheit bringt. Doch unerwartet fällt ihm eine Spur zum größten Geheimnis von allen in den Schoß: Im Sterben vertraut sein Mentor Joacim ihm an, dass er einen Hinweis auf den „Anker“ gefunden hat. „Anker“ ist der Name der schwebenden Insel, auf der die Weisen gelebt haben. Womöglich verbergen sich dort Antworten auf die Frage, welche Katastrophe deren Herrschaft einst beendete.

Doch auch Noemi entdeckt einen Hinweis auf die Insel, welche der heiligste Ort ihres Glaubens ist. Und so machen sie und Trent sich gleichzeitig mit Charlie und Gurney auf die Suche. Sie alle ziehen den gleichen Schluss: Sie müssen eines der größten Tabus ihrer Kultur brechen und die Insel der Toten betreten, deren geheimnisvolle Wächter keine Eindringlinge dulden. Doch selbst wenn es ihnen gelingt, den „Anker“ lebend zu erreichen, müssen sie immer noch einander gegenübertreten. In einer Welt, in der Geheimnisse Macht sind, ist das Wissen um die Lage der Insel kostbar genug, um dafür zu töten.

Karschnick und Münter haben sich eine außergewöhnliche Welt einfallen lassen: Schwebende Inseln treiben über dem unergründlichen Wolkenmeer. Fliegende Schiffe tragen Menschen von Insel zu Insel. Verhüllte Gestalten, die angeblich spüren können, wie sehr Tote zu Lebzeiten geliebt worden sind, nehmen diese mit, um sie dann angemessen zur Ruhe zu betten – und ihre Gräber gnadenlos gegen alle unerwünschten Besucher zu verteidigen. Auch das geheimnisbasierte Magiesystem ist originell (und nebenbei eine elegante Lösung für das „Sie reden doch nur deshalb nicht offen darüber, weil es der Plot erfordert“-Problem, was sich sicher noch als nützlich erweisen wird).

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht Charlies und Noemis erzählt, in beiden Fällen in der ersten Person. Wahrscheinlich hat jeder Autor eine Perspektive übernommen, denn die Charaktere haben, obwohl die Schreibstile der Kapitel gut zusammenpassen, sehr individuelle Stimmen die noch einmal den Kontrast zwischen ihren Persönlichkeiten hervorheben. Leider stolpert man beim Lesen immer wieder über Formulierungen, die zwar funktionieren, zu denen es aber elegantere Alternativen gegeben hätte und einige Figuren (Charlie und Gurney) hätten von ein paar weiteren Facetten profitiert. Das offene Ende lässt vermuten, dass der Roman als Serienauftakt angelegt ist, insbesondere, da auch eine ganze Reihe von Fragen über die Welt offenbleibt.


Fazit

Eine originelle Fantasywelt und ein Quartett aus Charakteren, wie sie verschiedener nicht sein könnten, machen den Roman des Autorenduos Ann-Kathrin Karschnick und Felix A. Münter zu einem unterhaltsamen Leseerlebnis. „Trümmerwelten – Das Geheimnis der Alice Sparrow“ hat seine Makel, aber enthält genug interessante Ideen, dass man gerne darüber hinwegsieht.


Pro und Contra

+ außergewöhnliches Setting
+ vier einprägsame, zutiefst verschiedene zentrale Figuren
+ individuelle Stimmen der Ich-Erzähler
+ immer neue faszinierende Enthüllungen über die Welt

- hier und da holprige Formulierungen
- Charlies persönliche Motivation bleibt etwas unklar (dafür, dass die Suche nach dem Anker der Lebensinhalt seines Mentors, nicht sein eigener, war, nimmt er sehr große Risiken auf sich)

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3/5


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