Verlag: Splitter-Verlag; (Mai 2017)
Gebundene Ausgabe: 56 Seiten; 14,80 €
ISBN-13: 978-3868692990
Genre: Fantasy/ Endzeit
Klappentext
Erst vor wenigen Nächten ist eine junge Frau namens Anna – buchstäblich vom Himmel herunter – mitten in das Herz jenes üblen Viertels gefallen, das seine Bewohner zynisch das „kleine Paradies“ nennen.
Doch Annas Anwesenheit hat Menschenleben gekostet, und so droht eine wütende Menge das Mietshaus zu stürmen, in dem Viktor, der Schwarzmarkthändler, Anna beherbergt.
Anna indes ist noch nicht bereit zu gehen, denn ein neuer Hausbewohner, ein gut aussehender junger Kerl, bemüht sich um ihre Aufmerksamkeit.
Rezension
Die Tasche die Viktor vor ein paar Tagen in den Fluss geworfen hat, taucht wieder auf und gelangt erneut in Viktors Besitz, der mehr über den Inhalt weiß, als ihm lieb ist. Anna hingegen versucht sich von ihrem Kampf mit dem Hirten zu erholen. Aber Ruhe ist ihr nicht vergönnt, denn Lucifer ist weiterhin hinter ihr her. Und so spitzt sich die ganze Situation immer weiter zu, bis Anna, Viktor und ihre Freunde nicht mehr unbedingt wissen, wem sie vertrauen können.
Nun liegt er endlich vor. Der Abschlussband zu Daniel Schreibers Annas Paradies hat erneut drei Jahre auf sich warten lassen. Was dem Leser lange erscheint, ist allerdings durchaus nachvollziehbar, Anbetracht der Tatsache, dass Daniel Schreiber das Comiczeichnen nicht als Hauptberuf ausübt.
Das Warten hat sich jedoch auf jeden Fall gelohnt. Wie bereits bei Band 2, Der Hirte, setzt Daniel Schreiber relativ dicht an das Ende des Vorgängers an. Dabei wirft er zunächst aber einen Blick zurück in Viktors Vergangenheit und zeigt ihn bei einer seltsamen Begegnung im Schützengrab zur Zeit seiner Beteiligung an einem Krieg. Dort trifft er auf einem geheimnisvollen Mann, der ihm hilft und dabei einen Gefallen einfordert, der sich ganz eindeutig auf Anna bezieht. So werden manche Entscheidungen Viktors plötzlich nachvollziehbarer und die ganze Szene verleiht ihm eine charakterliche Tiefe, die in diesem Ausmaß vorher nicht bestand. Denn zunächst erscheint sein Handeln im Nachhinein als eine Verpflichtung, erweist sich aber letztendlich als eine selbstlose Tat, was klar wird, als der Mob sein Haus stürmen will, um Anna zu vertreiben. Dieser Konflikt hat die ganze Reihe über unter der Oberfläche gelauert und bricht sich nun Bahn. Und genau wie er unvermittelt aufflammt, wird er beiseite gelegt, denn Daniel Schreiber lässt die Ereignisse um Anna zu einem Höhepunkt zusammenlaufen, der alle anderen Konflikte und Probleme auflöst oder erdrückt. Dafür eröffnet er sogar neue Schauplätze und Brandherde und führt mit dem seltsamen Mann, der Viktor zu seiner Militärzeit begegnete und nun erneut auf ihn trifft, eine hochinteressante, neue Figur ein, die in den Schatten immer vorhanden war. Dass dieser Mann nicht einfach schnell eingefügt wurde, zeigt sich daran, dass die Tasche, die Viktor ganz zu Beginn versenkte, nun wieder eine Rolle spielt und eng mit ihm verknüpft ist.
Wer die beiden Bände zuvor gelesen hat, fragt sich unweigerlich, wie Daniel Schreiber seine Geschichte innerhalb eines Bandes zu einem Ende führen will. Viel ist in den Vorgängern passiert und eigentlich würde das bereits reichen, um Hexenjagd zu einer spannenden Angelegenheit werden zu lassen, aber Schreiber setzt noch eins drauf und nutzt neue Elemente, die sich harmonisch in seine Geschichte einfügen und erst das Ende ermöglichen. So wird Annas Paradies im Abschlussband noch einmal zu einem ganz besonderen, sehr kreativen Lesevergnügen, welches alles beinhaltet, was eine gute Geschichte braucht. Innere und äußere Konflikte, Spannung, eine packend erzählte Geschichte und tolle Ideen. So endet Annas persönliche Reise auf die bestmögliche Weise.
Bei den Zeichnungen hat sich Daniel Schreiber ein weiteres Mal mächtig ins Zeug gelegt. Seine leicht überzeichnet, manchmal fast grotesk wirkenden Figuren mögen vielleicht stilistisch nicht jedermanns Fall sein, ihre Qualität ist aber unbestritten. Durch sie kann Daniel Schreiber die richtigen Stimmungen hervorrufen, Atmosphäre schaffen und vor allem ohne großen Zeitaufwand Figuren näher charakterisieren. Der mysteriöse Mann kann hier sehr gut als Beispiel dienen. Er taucht plötzlich auf und verschwindet ebenso schnell wieder, hinterlässt aber genau den richtigen Eindruck, um alles nachvollziehbar zu gestalten. Dazu kommt eine wirklich beeindruckende Sequenz auf dem Dach von Viktors Haus, die auch aus dem üblichen Farbschema des Comics herausfällt, aber gerade dadurch so richtig zu beeindrucken weiß. Schreiber erzählt viel über seine Zeichnungen und verzichtet oft auf Text, legt dafür aber sehr viel Bedeutung in seine Bilder, so dass sich beim genauen Hinsehen immer mehr der Geschichte und der Charaktere erschließt. Die letzte Seite mit einer ganzseitigen Zeichnung dürfte die versöhnlichste und friedfertigste der ganzen Reihe sein, ohne in den Kitsch abzudriften.
Fazit
Mit Hexenjagd bringt Daniel Schreiber seine erste Comicreihe zu einem perfekten Ende. Annas Paradies ist letzten Endes eine Geschichte über die Reise einer Frau zu sich selbst, aber diese erzählt Daniel Schreiber einfach unheimlich gut.
Pro & Contra
+ Auseinandersetzung auf dem Dach
+ gutes Gefühl für Rhythmus und Atmosphäre bei den Zeichnungen
+ interessante, packende Geschichte
+ viele kreative Einfälle
Bewertung:
Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5
Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Daniel Schreiber:
Rezension zu Annas Paradies Bd.1 – Von Dieben und Schmugglern
Rezension zu Annas Paradies Bd.2 – Der Hirte
Rezension zu Annas Paradies Bd.3 - Hexenjagd