Ein Killer wie du und ich (Dan Wells)

 Piper (August 2017)
Taschenbuch
336 Seiten; 12,99€
ISBN: 978-3492280259

Genre: Thriller


Klappentext

Wir sind alle ein bisschen … Killer!

”Es gibt nicht viele Möglichkeiten, sich eine Leiche genau anzusehen. Natürlich kann man selbst jemanden töten. So halten es die meisten. Das geht schnell, ist billig, und man kann es mit den Hilfsmitteln bewerkstelligen, die man zu Hause gerade zur Hand hat, etwa emit einem Hammer oder einem Küchenmesser. Man sucht sich einen Verwandten, der keine Ruhe geben will – und schon hat man eine Privatleiche...”


Rezension

Die Bücherreihe um John Wayne Cleaver, dem Serienkiller, der sich auf uralte Dämonen spezialisiert hat, geht zu Ende. Das zweite Mal. Weshalb bei den Bänden 4 - 6 auch gerne von der zweiten Trilogie gesprochen wird. Dan Wells war es mit der ersten Trilogie gelungen, eine innovative, unterhaltsame und spannende Geschichte von der ersten bis zur letzten Seite zu erzählen, was keine einfache Aufgabe ist, wie zahllose andere Reihen beweisen. Noch dazu war „Ich bin kein Serienkiller“ ein Debütroman. Was auch immer Wells dazu bewogen hat, Johns Geschichte weiterzuspinnen, nach „Ein Killer wie du und ich“ – dem finalen Roman mit dem schlechtesten Titel bisher – wird klar: er hätte es bleiben lassen sollen.

Die vorangegangenen zwei Bände der neuen Reihe waren merkbar schwächer als ihre Vorgänger. Die Charaktere waren weniger interessant, die Story war teils überladen und teils inhaltsleer und irgendwie war alles bereits erzählt worden, dennoch hat man weitergelesen. Denn über allem schwebte der Name: Rain. „Laufe weg vor Rain!“, hört John nicht nur einmal. Rain der große Endgegner. Die Mutter der Dunkelheit. Der Name, der den Anfang der Verwelkten markiert und deren Ende einläuten wird. Die Erwartung – oder besser Hoffnung – war groß, dass die Story nur des Geldes wegen in die Länge gezogen worden ist. Und das große Finale den Leser dafür entlohnen würde, dass man durchgehalten hat bis zum Schluss. Als eigenständiges Werk betrachtet ist „Ein Killer wie du und ich“ exakt dasselbe wie die letzten zwei Bände: Mittelmäßige Kost mit einem guten Schreibstil, die für zwischendurch zu unterhalten weiß. Man stellt das Buch zurück ins Regal und hatte es sofort vergessen. Im Folgenden wird Band 6 aber als ein Teil der Reihe betrachtet, als Schlussakkord für eine einst großartige Reihe.

Auf ausgetretenen Pfaden

John reist inzwischen alleine. Brook hatte er nach Hause gebracht, denn sie hatte Besseres verdient, als auf der Straße zu schlafen und Monster zu jagen. In Wahrheit war sie aber vermutlich nie ein Fan Favorite und so hat man sich der Altlast entledigt. Als es John in ein Bestattungsinstitut verschlägt, fühlt nicht nur er sich heimisch. Es scheint nur konsequent, Johns Geschichte zurückzuführen an einen Ort, an dem alles begonnen hat. Wie es der Zufall will, ist die Dame, die für das Make-Up der Verstorbenen verantwortlich ist, diejenige, die im Sarg liegt als John ankommt. Ironischerweise sieht ihr Make-Up desaströs aus und John rettet den Tag, indem er es korrigiert, was ihm prompt einen Job dort verschafft. Eine ideale Ausgangslage, um sich die auf mysteriöse Art und Weise sterbenden Menschen genauer anzusehen und so die verantwortlichen Verwelkten zu finden und ihnen den Gar auszumachen. Dabei macht er Bekanntschaft mit Jasmyn und ihrer Clique, einem Haufen jugendlicher Nebenfiguren ohne Belang und Charisma. Gelungene und interessante Nebenfiguren gab es aber schon lange nicht mehr, deshalb überrascht das kaum. Wie Al!sha mit Ausrufezeichen, auf deren hippe Art ihren Namen zu schreiben, Wells eine unverständlich Menge Wörter verschwendet. Vielleicht wollte Wells mit seinen 40 Jahren zeigen, dass er weiß, was bei der Jugend von heute „so geht“. Er weiß es nicht … Überhaupt konzentriert er sich auffallend stark auf seichten Humor wie diesen, den er als Running Gag zu etablieren versucht, was kaum zünden will.

Im weiteren Verlauf geht es wie gewohnt weiter. John sammelt Informationen, um die Verwelkten zu finden. Die Verwelkten machen es ihm schwer und zusätzlich ist ihm das FBI auf den Fersen. Agent Harris, ein Profiler ohne Tiefgang, macht ihn irgendwann ausfindig und das Gespräch zwischen ihnen ist der kleine Höhepunkt des Romans. Denn er setzt sich mit der Frage auseinander, ob John eigentlich der Gute ist, bringt er doch Monster zur Strecke und rettet dadurch viele Unschuldige, oder lediglich ein unkontrollierter Schlächter, der auf seiner Mission einen Pfad der Verwüstung und des Blutes hinterlässt. Solche Momente sind erfreulich, ihre Seltenheit offenbart aber auch die Belanglosigkeit vom Rest des Buchs. Denn dieser besteht aus einer Aneinanderreihung von Zufällen bis zum enttäuschendsten Ende, das man sich überhaupt vorstellen kann.

Die Anonymen Serienkiller

„Wirklich?“, fragt man sich nach den letzten Seiten mit purer Fassungslosigkeit. Das war das große Ende, auf das wir hingearbeitet haben? Es ist so unglaubwürdig und unwahrscheinlich wie eine Bild von Donald Trump mit Kim Jong Un Arm in Arm auf einer Blumenwiese frohlocken. Man kann versuchen, das Ende zu erklären: Vielleicht wollte Dan Wells nicht ein sechstes Mal einen klassischen Kampf stattfinden lassen, vielleicht ist es ein Antikriegsplädoyer zu unserer misslichen Lage in unserer Welt oder aber ihm ist nichts Besseres eingefallen. Letztlich ist es egal, ob eine dieser Erklärungsversuche stimmt, es ändert nichts an den letzten Seiten, die amerikanischer nicht hätten sein können. Der erste Roman wurde inzwischen bereits verfilmt womöglich trägt gerade deswegen der Sechste Hollywoods Handschrift wie ein Schandmal auf der Stirn.

Same, same but different

Es hat alle sechs Romane bedurft, um den wahren Grund auszumachen, warum die neue Reihe im Gegensatz zu der alten einfach nicht funktionieren will, obwohl sie im Kern dasselbe zu sein scheint. Jedoch ist der Unterschied recht groß. Die erste Reihe handelt von einem Jungen, der in seinem Innern ein Monster ist und dagegen ankämpft es herauszulassen, während er die echten Monster in der Welt bekämpft. Dabei besänftigt er seine eigenen inneren Dämonen, stillt deren Durst und macht es in erster Linie für sich. Nicht für seine Mitmenschen, das ist nur ein positiver Nebeneffekt. Zudem steht er dem Bösen alleine Gegenüber, seine Auseinandersetzungen sind persönlicher Natur und das ganze findet zusätzlich auf engstem Raum auf heimischem Boden statt. Es waren klaustrophobische Thriller, ein Metier, das Dan Wells bravurös beherrscht. Wohingegen die neue Reihe von einem Jahrtausende währenden Krieg erzählt, zwischen den alten Göttern, die einst etwas aufgegeben hatten, um Macht zu erhalten, und dem Menschen, vor dem sie sich inzwischen verstecken müssen. Ihr Gegenspieler ist ein 18-jähriger Ex-Psychopath, der inzwischen aber eigentlich völlig normal ist und der keine Fähigkeiten besitzt, außer zufällig Verwelkte zu finden und zu töten, wozu hunderte bewaffnete FBI-Agenten nicht in der Lage sind. Ausgetragen wird diese eigentlich epische Handlung aber in Dörfern, die scheinbar nur zwanzig Einwohner haben, in dem einem die Verwelkten geradezu vor die Füße fallen. Das Resultat liest sich wie Der Herr der Ringe im Tatortformat.


Fazit

 „Ein Killer wie du und ich“ ist der wohl enttäuschendste Abschlussroman der letzten Jahre. Mit all den Schwächen und wenigen Stärken der zwei Vorgänger ausgestattet gipfelt er in einem belanglosen und plakativen Ende, das höchstens jenen gefallen wird, die sich ein Happy End wünschen, egal wie grotesk unrealistisch es sein mag.


Pro und Contra

+ flüssiger Schreibstil
+ einige spannende Momente

- absurdes Ende
- durchschaubar
- belanglose Passagen
- fehlplazierter „Humor“
- einfach nur enttäuschend

Wertung: stern2

Handlung: 2/5
Charaktere: 2/5
Lesespaß: 2,5/5
Preis/Leistung: 2,5/5


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