Undertaker Bd.3 – Der Kannibale von Sutter Camp (Xavier Dorison, Ralph Meyer)

Verlag: Splitter-Verlag; (September 2017)
Gebundene Ausgabe: 56 Seiten; 15,80 €
ISBN-13: 978-3958391291

Genre: Western


Rezension

Die Geschäft für Jonas Crow und seine Partner, Rose Prairie und Lin, laufen nicht gut. Das mag damit zu tun haben, dass Jonas Crow nicht gerade der umgänglichste und mitfühlendste Mensch ist, vielleicht ist es einfach nur Pech. Fest steht, wenn sie nicht bald einen Auftrag bekommen, um eine Beerdigung durchzuführen, geht ihnen das Geld aus. Zum Glück haben sie aber bald einen solchen und es kommt nur darauf an, Jonas Crows sarkastische, zynische Art im Zaum zu halten. Zunächst scheint dies zu gelingen, aber dann taucht der Mann der Verstorbenen auf und der kennt Jonas Crow aus alten Zeiten. Der Colonel hat schlechte Nachrichten für Crow. Jeronimus Quint, der Kannibale von Sutter Camp, lebt und zieht weiterhin mordend durchs Land. Und Crow ist in den Augen des Colonels Schuld daran. Gemeinsam beschließen sie, dem Mörder das Handwerk zu legen, verfolgt von den Marshals und dem Schwiegersohn des Colonels, der nur hinter dem Geld seines Schwiegervaters her ist.

Brief des Jonas: „Wenn du eine Chance hast deine Dummheiten gutzumachen, dann verpass sie nicht.“

Mit Der Goldfresser und Tanz der Geier präsentierten Xavier Dorison und Ralph Meyer einen Western in der Tradition der Italowestern und damit gleichzeitig eine der besten Comicserien der letzten Jahre. Mit Der Kannibale von Sutter Camp kehrt Jonas Crow zurück und geht seinen Weg unbeirrt weiter. Die Handlung verlagert sich in seinem neuen Abenteuer von der kargen Wüstenlandschaft nach Oregon ins Gebirge. Eine neue Landschaft bedeutet allerdings nicht, dass sich im Ton der Erzählung irgendetwas ändert. Ganz im Gegenteil führt Xavier Dorison seine Geschichte um den Totengräber mit unverminderter Härte fort. Seine Figuren müssen leiden und in Der Kannibale von Sutter Camp erfahren Jonas Crow und Rose Prairie nur zu deutlich, was dieses Wort bedeutet. Keinen seiner Charaktere schont Dorison, wenn es darum geht eine spannende Geschichte zu erzählen. Der Kannibale von Sutter Camp ist eine solche. Die Hetzjagd auf einen Serienkiller birst geradezu vor Spannung auf allen Ebenen. Jederzeit kann der Leser etwas unerwartetes serviert bekommen und Xavier Dorison überrascht immer wieder mit dem Verlauf der Handlung. Der Autor, der unter anderem auch Long John Silver verfasste, weiß einfach, wie er eine Geschichte aufbauen und erzählen muss, um sie bestmöglich zu präsentieren. Dabei verlässt er sich nicht nur auf Altbekanntes, wie den Zynismus seines Hauptcharakters und die Entschlossenheit von Rose, sondern führt neue Elemente ein und betritt neue Pfade in seiner Erzählung. Er hätte mit Sicherheit so weiter machen können, wie in den ersten beiden Bänden und diesen Band ähnlich anlegen können, aber stattdessen erzählt er die Hetzjagd auf einen diabolischen Serienkiller, der kein Mitleid kennt und sich hinter einer Maske von Menschlichkeit verbirgt. Das Zusammenspiel aller Figuren lässt die Geschichte atmosphärisch unheimlich dicht und düster werden. Jede Figur hat ihre Motivation und Funktion in der Geschichte und ist nicht nur zum Selbstzweck vorhanden. Geschickt balanciert Xavier Dorison alle Elemente des Horrors, des Thrillers und des Westerns aus und stützt sich dabei auf seine Charaktere, bei denen zwei in diesem Fall besonders hervorstechen.

Jonas Crow ist der Typ Mensch, den man in gefährlichen Situationen gerne an seiner Seite hat und ansonsten gerne in weiter Entfernung weiß. Wer jemanden, der ihm lieb und teuer ist, bedroht, verletzt oder tötet, muss mit dem Schlimmsten rechnen. In solchen Fällen ist er hart, unnachgiebig und mitunter grausam, selbst einem Sterbenden gegenüber zeigt er dann keine Gnade. Fehler verzeiht er selten und seine eigenen verfolgen ihn. Selbst Jahre später kann er sich selbst nicht vergeben, den Kannibalen von Sutter Camp nicht schon eher zur Strecke gebracht zu haben.
Dieser wird von Xavier Dorison als wahre Naturgewalt gezeigt. Es ist schwer vorstellbar, wie Jonas Crow ihn stoppen soll. An körperliche Kraft und Größe ist er ihm überlegen und besitzt dazu einen brillanten Verstand, der ihm so manches ermöglicht. Jeronimus Quint, weiß ganz genau, wie er andere manipulieren und in eine bestimmte Richtung treiben kann und nutzt diesen Umstand gnadenlos aus. Quint ist ein sehr intelligenter Serienkiller und damit eine sehr große Herausforderung für Crow und ein mehr als würdiger Gegner. Er verlangt Jonas Crow alles ab und wird ihm mit Sicherheit weiter leiden lassen. Einen Schwachpunkt hat er bereits gefunden, es wird spannend zu sehen sein, wie er diesen weiterhin ausnutzt.

„Verschone heute nicht jenen, der dich morgen abknallen will!“ Evangelium des gesunden Menschenverstandes nach Jonas

Bei Der Kannibale von Sutter Camp steht Ralph Meyer vor einer neuen Herausforderung. Statt einer Wüstenlandschaft, muss er nun Gebirge, Felsen und Wälder ins rechte Licht setzen. Seine Bilder fallen teilweise noch düsterer aus, als in den Vorgängern, was zu einem großen Teil auch an der Geschichte liegt, die meist nachts spielt. Er versteht es allerdings ebenso Stimmungen und Atmosphäre umzusetzen, und genau das richtige Maß an Licht einzusetzen, um Jonas Crows Gegner wahrhaft gefährlich erscheinen zu lassen. Jeronimus Quints zwiegespaltene Persönlichkeit zeigt sich ebenfalls in seinem Erscheinungsbild. Einerseits ist er ein Gentleman, ein Wissenschaftler und Charmeur und wirkt wie ein freundlicher Mensch, andererseits schafft es Ralph Meyer mit wenigen Strichen sein Gesicht so zu verändern, dass der Psychopath in ihm zum Vorschein kommt. Undertaker ist eine Paradereihe für Ralph Meyer, in der er sein Können zeigt.
 
Enthalten ist ein Skizzenbuch von Ralph Meyer mit Seitenentwürfen und einseitigen Abbildungen.


Fazit

Undertaker ist weiterhin auf dem Weg in echter Klassiker zu werden. Der unbeugsame Totengräber und seine Partner erleben ein weiteres hochspannendes Abenteuer voller Brutalität. Was anderes als eine Kaufempfehlung kann da nicht gegeben werden!


Pro & Contra

+ fesselnde Geschichte
+ hochspannend
+ Ralph Meyer findet immer die richtigen Bilder
+ Charaktere sind ausgearbeitet

Bewertung:

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 5/5
Zeichnungen: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4,5/5


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