Es waren einmal Schwarze Gedanken (André Franquin)

Verlag: Carlsen (Januar 2018)
Gebundene Ausgabe: 128 Seiten; 24,99 €
ISBN-13: 978-3551765291

Genre: Humor


Klappentext

Anlässlich des vierzigjährigen Jubiläums der Schwarzen Gedanken feiert dieser Sonderband André Franquins visionären Klassiker mit eltichen unveröffentlichten oder lange vergriffenen Comics und Illustrationen, Hommagen anderer Zeichner (u.a. Jean-Yves Ferri), Interviews und Hintergrundtexten sowie einer Auswahl bitterböser Schwarzer Gedanken.

André Franquin war nicht nur ein begnadeter Zeichner und Humorist, er war darüber hinaus Humanist, Pazifist und Umweltschützer der ersten Stunde. Es waren einmal Schwarze Gedanken erzählt die Geschichte seines Meisterwerks, das heute aktueller ist denn je.

Die Schwarzen Gedanken, das ist wie ein rußverschmierter Gaston.
Franquin


Rezension

„Es macht mir kolossalen Spaß, Monster zu zeichnen. Am liebsten jeden Tag eines.“ Franquin

Wenn der Name Franquin fällt, dürfte den Allermeisten in Deutschland sofort Spirou & Fantasio oder Gaston einfallen. Spirou und seinen Freund machte Franquin erst zu einem großen Erfolg und schuf, wie einst Carl Barks für Entenhausen, eine Unmenge von Figuren, die seither in den Abenteuern der beiden Freunde eine mal mehr, mal weniger große Rolle spielen. Ohne ihn, ist der Erfolg von Spirou schwer vorstellbar. Gaston hingegen ist seine ureigene Schöpfung, den er immer wieder gerne zeichnete und den er nicht aufgab, selbst, wenn er wenig Zeit hatte. Bis zu seinem Tod 1997 widmete er sich immer wieder dem Büroboten. Die beiden genannten Serien sind zwar großartig und sehr humorvoll und bedienen keineswegs nur den flachen Humor, sondern sind durchaus auch mal etwas bissiger, aber so richtig schwarzen Humor, den brachte er dort nicht aufs Papier. Das sollte erst Ende der siebziger Jahre geschehen, als er anfing die Schwarzen Gedanken für das Magazin Trombone zu zeichnen. Trombone war eine Beilage des wöchentlichen Spirou, welches sich an Jugendliche richtete und im Grundton ganz anders war, als sein Ableger. Aber die Zeichner hatten erkannt, dass sich die Zeiten geändert hatten und neue, frischere Ideen und vor allem eine gewisse Loslösung von Tabus gefragt war. So entstand für Trombone der erste Schwarze Gedanke. Hier zeigte Franquin dann eine völlig andere Seite von sich. Statt des unbeschwerten Optimismus und des unbeschwerten Lachens, kam hier eine dunklere Seite zum Vorschein. Eine die bitterböse die Geschehnisse der Welt kommentierte und schwarzer Humor pur ist. Franquins Beschreibung von ihnen passt vermutlich an Besten, denn in der Tat wirken sie wie ein rußverschmierter Gaston. Den er sogar für einen Comicstrip im Sinne der Schwarzen Gedanken für Amnesty International verwendete. Die Themen die Franquin in den Schwarzen Gedanken behandelt, reichen von Umweltschutz, über Militarismus zu Kernenergie und anderen gesellschaftlich relevanten Themen. In ihnen zeigt sich Franquins Persönlichkeit. Er ist kritischer Humanist, Pazifist und zumindest in seinen Comics militanter Tierschützer. Mit beinahe boshafter Freude zeichnet er mehrere urkomische Schwarze Gedanken zur Jagd. Jäger scheint er wirklich nicht gemocht zu haben und er liefert hierzu mit die besten Schwarzen Gedanken ab. Die Schwarzen Gedanken haben seit ihrer Entstehung nichts an ihrer Aktualität verloren und dem Leser bleibt mehr als einmal beinahe das Lachen im Halse stecken. Franquins Schwarze Gedanken sind vielleicht die pointiertesten Kommentare zum Menschen und seinem Verhalten.

„Mein Vater war kein chronisch Depressiver, das muss man sich bitte ganz klarmachen!“

Vierzig Jahre sind nun vergangen seit dem ersten Schwarzen Gedanken und zum Jubiläum wird André Franquins Werk auf besondere Art geehert. Es waren einmal Schwarze Gedanken ist kein einfacher Comicband, in dem die Schwarzen Gedanken gesammelt sind. Wer so etwas sucht, ist hier falsch und sollte zur einfachen Variante greifen, die genauso heißt: Schwarze Gedanken.
Allerdings würde er dann sehr viel verpassen. Den Es waren einmal Schwarze Gedanken hat unheimlich viel zu ihnen und ihren Schöpfer zu sagen. Es gibt gleich mehrere Interviews mit Freunden, Bekannten und Bewunderern Franquins, selbst er und seine Tochter kommen zu Wort und Essays über Franquin und seine bissigen Anmerkungen zur Menschheit durch die Schwarzen Gedanken. Dadurch kann sich der Leser ungefähr vorstellen, wer der Mensch dahinter war und wie er gefühlt haben mochte. Franquin erscheint als jemand, der von Mitgefühl geprägt war und durch seine Zeichnungen sich Luft verschaffen musste, wenn die Welt mal wieder aus seinen Augen aus den Fugen geriet. Dabei verlor er wohl nie seinen Optimismus, selbst wenn er Anzeichen von Depressionen zeigen mochte. Er nahm sich Zeit für jeden, der ihn um Hilfe bat und dies sagt zusammen mit seinen Zeichnungen mehr aus als tausend Worte.
Natürlich kommt das Buch nicht ohne Schwarze Gedanken aus. Diese wurden zu Themen gebündelt und sind zahlreich vertreten. Es sind zwar nicht alle, aber der Großteil dürfte enthalten sein. Dazu gesellen sich jedoch jede Menge Illustrationen und Einseiter oder Comicstrips, die bisher zumindest in Deutschland noch nicht zu sehen waren. All dies zeigt wie gut Franquin war und wie pointiert er gearbeitet hat und wenn für jemanden seine Bedeutung und die seines Werkes noch nicht ganz klar ist, sollten die enthaltenen Hommagen ausreichend Hinweis dafür sein, unter anderem von Ferri, dem heutigen Asterix-Autor.

„Ob mit Bleistift, Pinsel, Filzstift, Klobürste, was auch immer, es ist stets genial!“

Franquin als sehr guten Zeichner zu bezeichnen, würde ihm nicht gerecht. Mit unheimlicher Akribie und Detailversessenheit hat er seine Werke geschaffen. Bei den Schwarzen Gedanken hat er dies auf die Spitze getrieben. Zudem dürfte er selten düsterer gewirkt haben. Jedoch konnte er zu der Zeit ebenso Leichtigkeit vermitteln, wie mehrere Zeichnungen im Band zeigen, besonders seine Monster sind hier ein gutes Beispiel.


Fazit
 
Es waren einmal Schwarze Gedanken ist der perfekte Band, um einen Einblick in dieses besondere Werk von Franquin zu bekommen. Zahlreiche Artikel und Interviews bringen dem Leser Franquin näher und sorgen für Entspannung für die Lachmuskeln, die ansonsten überbeansprucht würden.


Pro & Contra

+ ein Klassiker
+ zeitlos gut
+ leider immer noch hochaktuell
+ Franquins genialer Strich

Bewertung:

Charaktere: 5/5
Handlung: 5/5
Zeichnungen: 5/5
Humor: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von André Franquin:

Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Bd.1
Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Bd.2
Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Bd.3
Rezension zu Marsupilami Bd.0 – Jagd auf das Marsupilami
Rezension zu Marsupilami Bd.2 – Die Robinson-Akademie
Rezension zu Marsupilami Bd.9 – Operation Attila