QualityLand (Marc-Uwe Kling)

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Ullstein (September 2017)
Hardcover
384 Seiten, 18,00€
ISBN: 978-3550050152

Genre: Science Fiction / Humor


Klappentext

Willkommen in Quality Land

In der Zukunft läuft alles rund: Arbeit, Freizeit und Beziehungen sind von Algorithmen optimiert. QualityPartner weiß, wer am besten zu dir passt. Das selbstfahrende Auto, weiß, wo du hinwillst. Und wer bei TheShop angemeldet ist, bekommt alle Produkte, die er haben will, zugeschickt, ganz ohne sie bestellen zu müssen. Superpraktisch! Kein Mensch ist mehr gezwungen, schwierige Entscheidungen zu treffen – denn in QualityLand lautet die Antwort auf alle Fragen: OK.

Trotzdem beschleicht den Maschinenverschrotter Peter immer mehr das Gefühl, dass mit seinem Leben etwas nicht stimmt. Wenn das System wirklich so perfekt ist, warum gibt es dann Drohnen, die an Flugangst leiden, oder Kampfroboter mit posttraumatischer Belastungsstörung? Warum werden die Maschinen immer menschlicher, aber die Menschen immer maschineller?


Rezension

Marc-Uwe Kling ist Musiker und Kabarettist aber den meisten wohl als Autor der Känguru-Trilogie bekannt, in der er mit einem Känguru als WG-Mitbewohner mal mehr mal weniger tiefgründige Gespräche führt. Der Humor ist zwischen den Zeilen zum Teil sehr clever und spitzfindig beobachtet, die Form der Darreichung hingegen ist eher als direkt zu bezeichnen und nicht selten geschmückt mit Kraftausdrücken. Selbiges kann man über Klings ersten Ausflug ins Science-Fiction Genre sagen.
Wir befinden uns in Deutschland der nahen Zukunft, das sich in „QualityLand“ umbenannt hat, um den eigenen Ansprüchen gerechter zu werden. Alles ist darauf abgestimmt, die Produktivität des Landes zu erhöhen. Selbst die Menschen wurden umbenannt und tragen als Nachnamen den Beruf des Elternteils zum Zeitpunkt der Geburt. Was wiederum in die Gesamtwertung des Einzelnen einfließt, denn jeder hat ein Level, welches die Nützlichkeit für QualityLand darstellt. Wer im Level aufsteigt, bekommt einen passenderen Lebensgefährten von QualityPartner angeboten. Alles automatisch und mit einem gratis Beziehungsbeendungs-Service. TheShop weiß, was du konsumieren möchtest noch bevor du es selber weißt und schickt die automatisch deine Bestellung.

Es ist erschreckend, wie nah doch all diese absurden Ideen erscheinen. Selbstfahrende Autos, Digitalisierung 4.0, künstliche Intelligenzen wie Alexa und Siri, virtuelle Partnersuche, die Übermacht, die Amazon und Facebook bereits sind. „QualityLand“ behandelt nicht Themen, die sein könnten, es behandelt Probleme, die bereits bestehen und treibt es damit natürlich auf die Spitze. Satire eben. Dennoch sind wir nicht so weit von solch einem Wahnsinn entfernt.
Es sind diese Lebensumstände der Menschen und die urkomischen Unterhaltungen mit den Autos, Türen und Drohnen, die das Buch lesenswert machen und dessen große Stärken sind. Wer sich beim Lesen oder Schauen von „Blade Runner“ schon immer dachte, es fehle ein großer Batzen Ironie und Humor, ist hier genau richtig. Überhaupt bedient sich Kling vieler Filmklassikeranspielungen und -zitate und persifliert parallel dazu gewisse Romcom-Streifen. Die Höhepunkte sind jeweils die schwarzgedruckten Seiten, auf denen Werbung für Filme und Bücher oder Fake-News Artikel prangen samt Troll-Kommentaren, wie sie heute bereits unter jedem Artikel zu finden sind. 

Verarbeitet wurden hunderte solcher sehr lustiger Ideen aber leider zu einer wahrlich unspektakulären Story mit unausgereiften Hauptcharakteren und noch flacheren Dialogen. Alles, was so wunderbar in den Känguru-Romanen funktioniert hat, will in „QualityLand“ nicht so recht gelingen. In kurzen Kapiteln mit einer guten Pointe sind Klings Figuren und sein Sprachstil passend, in diesem größeren Rahmen wirken sie aber plump und ungelenk oder, um es wohlwollend auszudrücken, nutzen sie sich sehr schnell ab. Was sich anfangs wie eine Blade Runner Parodie mit ein bisschen Matrix liest, verfällt immer mehr zu einer Folge Futurama und nicht mal einer sehr guten. Besonders die psychisch labilen und halbdefekten Maschinen scheinen ihre Inspiration dort gefunden zu haben. Nachdem die besten Witze und Ideen in der ersten Hälfte präsentiert wurden, beginnt sich die zweite immer mehr zu ziehen und man wünschte, Klings Spitzfindigkeit hätte ihren Weg auch in die Story und die Charaktergestaltung gefunden. 
Man merkt durchweg, dass Kling kein großer Geschichtenerzähler ist – oder sein will – sondern ein Humorist. Nicht absprechen darf man ihm allerdings, dass er wichtige Fragen und Gedankenexperimente zur Digitalisierung und künstlichen Intelligenzen thematisiert. Inhaltlich gut nur an der Umsetzung hapert es.

Wie sehr man sich mit „QualityLand“ anfreunden kann, hängt stark von der Erwartungshaltung ab. Wenn man sich die Vermarktung, die grandiose (wenn auch schadensanfällige) Buchaufmachung und die Homepage zum Buch (ein Vorführexemplar für einen modernen Internetauftritt) anschaut, kann man durchaus enttäuscht werden. Wie lustig Marc-Uwe Kling ist und was er sich bei seinem Roman gedacht hat, sollte man sich unbedingt in dem auf der Homepage zu findenden Interview ansehen. Dann wird auch klar, dass man das Buch vielleicht auch nicht zu ernst nehmen, sondern einfach nur Spaß damit haben sollte.


Fazit

Lesenwert ist „QualityLand“ – vorausgesetzt man mag Marc-Uwe Klings Humor – allemal. Es sprudelt geradezu über vor kleinen und großen Ideen, die bestens unterhalten und zusätzlich gesellschaftskritisch sind. Allerdings hapert es an der Umsetzung der Story und der Charaktere. Man wird bestens unterhalten, aber einen humoristischen Philip K. Dick sollte man (noch) nicht erwarten.


Pro und Contra

+ zahllose lustige Ideen
+ viel zu lachen
+ gesellschaftskritisch

- Story weit nicht so kreativ wie die Ideen drumherum
- schwacher Schreibstil
- schwache Dialoge

Wertung:sterne3.5

Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5