Arglist – Vagant-Trilogie 2 (Peter Newman)

Cross Cult (April 2016)
Originaltitel: The Malice
Übersetzerin: Helga Parmiter
Klappenbroschur
520 Seiten, 16,00 EUR
ISBN: 978-3-95981-497-3

Genre: Fantasy (mit Elementen von Science-Fiction & Horror)


Klappentext

Im Süden regt sich der Bruch. Gammas Schwert – die Arglist – erwacht und macht sich bemerkbar, weil es wieder in den Kampf ziehen will. Doch der Vagant hat endlich eine Heimat gefunden und sich ein Leben aufgebaut. Deshalb kehrt er ihm den Rücken und ignoriert seine Aufforderung. Frustriert ruft das Schwert lauter, bis jemand anders es erhört. Ihr Name ist Vesper.


Rezension

Die Ereignisse von „Vagant“ liegen zwölf Jahre zurück. Die mächtigsten der höllischen Geschöpfe, die aus dem Bruch gekrochen sind und von grotesk verformten Körpern beherbergt werden, haben die Welt außerhalb der Schutzkuppel der Strahlenden Stadt unter sich aufgeteilt. Da steigt ein neues Wesen aus dem Bruch: Das „Verlangen“, ein Geschöpf, dessen Macht das Machtgleichgewicht unter den Höllenwesen erschüttert. Alarmiert von dieser neuen Bedrohung erwacht das singende Schwert „Arglist“ zu neuem Leben. Doch sein Träger, der Vagant, ist erschöpft. Er züchtet außerhalb der Strahlenden Stadt Ziegen und möchte sein neues Leben und vor allem das Mädchen Vesper, das er einst hier in Sicherheit gebracht hat, schützen.

Deswegen ist Vesper auch abgeschirmt aufgewachsen. Sie kennt die Strahlende Stadt mit ihrer futuristischen Technologie und freudlosen, streng geordneten Gesellschaft nur aus der Ferne, die Welt außerhalb der Schutzkuppel nur aus Geschichten. Aber als sie „Arglist“ findet und das Schwert sie als Trägerin akzeptiert, ändert sich ihr Leben von einer Sekunde auf die andere. Eine Gruppe von Rittern aus der Strahlenden Stadt erwartet von ihr, dass sie sie in den Kampf führt. Verunsichert spielt Vesper mit, doch nach einer unerwarteten Konfrontation bleibt dem Mädchen nur noch eine Beschützerin: Duett ist eine Harmonisierte, dafür geschaffen, in einer Einheit mit einer anderen Frau zu denken und zu handeln. Jedoch verliert sie früh ihre andere Hälfte. Schwer verletzt, verloren und sich schließlich auch nicht mehr ihres eigenen Verstandes sicher, versucht sie, Vesper so gut es geht bei ihrer Mission zu unterstützen, obwohl sie an ihr zweifelt. Die beiden setzen den Weg zum Bruch fort, ohne zu wissen, was sie dort erwartet und wie sie ihre Mission vollenden können.

Das dritte Mitglied des Trios ist das Böckchen, ein Kind der mürrischen Ziege aus Teil eins. Lange erfüllt es eine ganz ähnliche Funktion wie das Baby in Buch eins: Unschuldig, niedlich und hilflos wird es von Vesper gepflegt und beschützt und sorgt immer wieder für komische Momente. Später wird es seiner Mutter immer ähnlicher und weiß sich durchaus selbst zu verteidigen. Insgesamt erinnert das Buch durch die Figurenkonstellation – ein sonderbares Trio zieht, manchmal mit wechselnden Begleitern durch eine postapokalyptische Fantasywelt – ein wenig an den Vorgängerband. Vesper ist weniger welterfahren, keine ausgebildete Kämpferin und nicht so geheimnisvoll wie der Vagant, aber ähnlich wie er ist sie mutig und mitfühlend, findet oft überraschend friedliche Lösungen, wenn ein Kampf eigentlich unvermeidbar scheint, und inspiriert andere durch ihr Beispiel. Jedoch war der Vagant der spannendere Charakter von beiden.

Hin und wieder springt die Handlung auch an zwei andere Schauplätze: In der Gegenwart beobachtet Samael, der einst ein Mensch war, aber durch die Berührung mit höllischer Essenz verändert wurde, die Machtkämpfe der Höllenwesen und bereitet sich darauf vor, selbst eine Rolle darin zu spielen. Dabei fragt er sich jedoch, ob das wirklich das ist, was er von seinem sonderbaren Leben erwartet. Ein dritter Erzählstrang spielt in der Vergangenheit: Hier erfahren wir von dem Mädchen Massassi, dessen übernatürliche Fähigkeiten und kompromisslose Entschlossenheit der Geschichte der Welt eine neue Richtung gegeben haben.

Massassis aus wenigen, kurzen Kapiteln bestehender Erzählstrang kann von Anfang an fesseln, aber in der ersten Hälfte des Buches ist es nicht leicht, in Vespers und Samaels Erzählstrang hineinzufinden, da sie sich beide recht ziellos anfühlen. Gerade für Vesper und Duett geht es lange nur ums Überleben. Die Welt, durch die sich die Figuren bewegen, ist das düstere Universum aus dem ersten Teil, in welchem eine verfallende, hochtechnisierte Zivilisation und dämonische Wesen, deren Einfluss überall widerlich-faszinierende Gestalten hervorbringt, aufeinandertreffen. Verfall und Tod sind allgegenwärtig und ein Menschenleben ist weder in der Welt draußen noch für die Einwohner der Strahlenden Stadt, denen Individualität wenig gilt, viel wert – es sei denn, die Figuren entscheiden, Hilfsbereitschaft und Mitgefühl zu zeigen, was auch in diesem Buch auch so einige Menschen (und Nicht-ganz-Menschen) tun. Gerade Vesper ist ein zuverlässiger Garant für solche Szenen und gönnt ihrem vom Zorn auf alles Höllische erfüllten Schwert auch mal eine tröstende Umarmung.

„Arglist“ ist in einem eigenen, unverwechselbaren Stil geschrieben, der mal erfrischend, mal irritierend wirkt. Sätze wie „Wangen röten sich“ sind recht typisch und erwecken gelegentlich den Eindruck von unzähligen Gliedmaßen, die ein munteres Eigenleben führen, ohne dass die Personen, an denen sie befestigt sind, dabei eine große Rolle spielten. Die Sätze sind oft kurz und knapp, was von der Wahl des Präsens als Zeitform noch unterstrichen wird. Anders als der Vagant sind Vesper und die anderen Figuren keine „Black Boxes“. Dennoch ist der Erzähler, der fließend zwischen ihren Perspektiven wechselt, sehr sparsam darin, von ihren Gefühlen und Gedanken zu erzählen. Oft gibt er sich aus bloßer Beobachter und überlässt es den Lesern, Schlüsse aus dem Verhalten oder den körperlichen Reaktionen der Figuren zu ziehen.

Nach einem zähen, verwirrenden Anfang nimmt „Arglist“ auf den letzten Seiten noch einmal Fahrt auf und liefert ein dramatisches, bewegendes Ende.


Fazit

Mit „Arglist“ setzt Peter Newman seine Trilogie in einer düster-faszinierenden, von Dämonen überrannten Science-Fiction-Welt fort. Das Buch hat einige Stärken seines Vorgängerbandes, zum Beispiel versteht es Newman wieder, seine brutale Welt mit dem Optimismus und der freundlichen Art seiner Hauptfigur zu kontrastieren. Doch auch wenn „Arglist“ mit einem sehr befriedigenden Ende aufwartet, bleibt der Roman ansonsten hinter seinem Vorgänger „Vagant“ zurück. t


Pro und Contra

+ Rückkehr in eine außergewöhnliche Welt
+ Weltentwurf wird um ein paar neue originelle Details ergänzt
+ etwas naive, aber im Großen und Ganzen charakterstarke und sympathische Hauptfigur
+ sehr gelungenes Ende

o sehr eigener Stil

- Einstieg ist zäh und (zumindest wenn die Lektüre von Teil 1 eine Weile zurückliegt) verwirrend

Wertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3/5


 Rezension zu "Vagant" (Bd. 1)

Rezension zu "Sieben" (Bd. 3)

Tags: Grimdark, Science Fantasy