Rezensionen im April (2018)

Liebe LeserInnen,

der Sommer begann dieses Jahr gefühlt schon im April, doch trotz schönem Wetter blieb den meisten von uns genug Zeit und Muse zum Lesen - und so manch heuschnupfengeplagter Mensch wie ich beschäftigt sich momentan sowieso lieber drinnen, zum Beispiel mit einem Buch. Unsere Redaktion wird aktuell von unserer Forenmoderatorin Saskia unterstützt, die seit circa zwei Monaten ab und an phantastische Romane und Liebesgeschichten rezensiert und zu diesem Rückblick den einen oder anderen Titel beigesteuert hat.


Belletristik

Jan Weiler schickt seinen lakonischen Hauptkommissar zu seinem zweiten Fall los und übertrifft seinen ersten Roman mit Leichtigkeit. Kühns inneren Monologe und trocknen Dialoge allein sind es wert, das Buch zu lesen. Aber „Kühn hat Ärger“ ist auch ein kluges und humorvolles Buch, das einen kritischen Blick auf die deutsche Klassengesellschaft wirft.

"Nicht weg und nicht da" von Anne Freytag ist ein Roman für Jugendliche und Erwachsene, die im Herzen jung geblieben sind. Auch wenn man den Roman zu Ende gelesen hat (ein Leichtes, denn man will ihn nicht aus der Hand geben), hallt er einige Zeit nach und beschäftigt den Leser nicht nur während er das Buch in Händen hält. Er macht deutlich, dass nur derjenige wirklich tot ist, der vergessen wird. Kurz gesagt: "Nicht weg und nicht da" ist Schokolade zum Lesen.

Dark Fantasy

Die Spiegel von Kettlewood Hall“ von Maia Ilisch ist ein eher ruhiger Roman um Geheimnisse, einen Fluch und die erste Liebe. Das Buch ist vielleicht nicht ganz so spannend und atmosphärisch, wie ich es mir zunächst vorgestellt habe, aber liest sich sehr angenehm. Es basiert auf einer originellen Grundidee, über die ich aus Spoilergründen leider nur wenig verraten konnte, und hat eine Protagonistin, die eine sehr befriedigende Entwicklung durchläuft.

Fantasy

"Fire & Frost - Vom Eis berührt" zeigt gewisse Gemeinsamkeiten zu Stephen King’s "Feuerkind". Genau wie in "Feuerkind" die Protagonistin Charlie, kann Ruby mit ihrem Willen Feuer erzeugen und dies zum Heilen oder Zerstören anwenden. Die Kämpfe auf Leben und Tod erinnern an Suzanne Collins "Hunger Games", in denen auch nur ein Sieger erlaubt war, der dann zum Helden der dekadenten Gesellschaft stilisiert wird. Trotz einiger Klischees und einer ordentlichen Portion Kitsch ist "Fire & Frost" eine Pflichtlektüre für die Fans des Jugendfantasy und auch die Anhänger romantischer Liebesromane kommen nicht zu kurz, denn Elly Blake vereint Romantik, spannende Kampfszenen und spritzige Dialoge.

"Das dunkle Herz" ist ein gelungener Jugendroman, der zwar einige Schwächen aufweist, sich trotzdem aber locker und flüssig lesen lässt. Sprachlich orientiert sich Lukas Hainer an der heutigen Jugend, die sich mit den Hauptfiguren identifizieren kann - und auch Erwachsene werden nicht komplett ausgeschlossen, auch wenn die Protagonisten ganz gut ohne auskommen. Das offene Ende beschäftigt den Leser, der auf einen zweiten Teil hofft, bei dem man endlich erfährt, wie es weitergeht.

Science Fiction

Iwans Weg“ generiert von der ersten Seite an Spannung, während die derben Charaktere für reichlich Unterhaltung sorgen. Protagonist Iwan ist dabei am sympathischsten und zudem ein typischer Vertreter des Genres: jung, begabt, aber perspektivlos in einer Welt, die von Konzernen regiert wird. David Grade überzeugt vor allem mit dem deutschen „Shadowrun“-Setting im Rhein-Ruhr-Megaplex, der hier sehr atmosphärisch in Szene gesetzt wird.

Naomi Alderman wagt mit “Die Gabe“ ein interessantes Gedankenexperiment, das durchaus realistisch ist, dessen Umsetzung aber leider viel Angriffsfläche für Kritik bietet. Der dokumentarische Erzählstil und die schwer greifbaren und vereinfachten Figuren trüben das Lesevergnügen zusätzlich. Allerdings verbirgt sich in dem Ganzen ein Rundumschlag gegen die gegenwärtige Gesellschaft, der es in sich hat und die wahre Stärke des Romans ist. Ein hochaktuelles aber mäßig lesenswertes Buch, dessen Stärke sich erst zum Schluss offenbart, und diesen muss man erst einmal erreichen.

Thriller

Thriller, die in Skandinavien spielen, bergen einen besonderen Reiz. Lange Nächte, weite Landschaften. Beides verspricht eine unheimliche Grundstimmung. Mit "Kalte Sonne" versucht Sven Koch sich diesem Zug anzuschließen. Abgesehen von der interessanten Idee bleibt der Roman unauffällig. Die Atmosphäre bleibt ungenutzt im Angesicht flacher Charaktere und einer Handlung, die zwischen träge und überstürzt schwankt. Hier wäre deutlich mehr möglich gewesen.

Krimi

Keigo Higashinos "Unter der Mitternachtssonne" ist ein Mystery-Krimi mit einer sehr clever konstruierten vielschichtigen Erzählarchitektur, detailliert dargebotener Detektionsarbeit und interessanten Wendungen. Ein intellektuell ansprechender Roman, in dem es auf Details ankommt. Entwickelt wird die Biografie zweier Menschen, die einen dunklen Pfad beschreiten, und die Biografie eines Ermittlers, der zu einem traurigen Menschen wird.

Anthony Horowitz’ "Die Morde von Pye Hall" ist ein kompliziert und aufwendig konstruierter Kriminalroman, der die cosy murder mysteries von Agatha Christie liebevoll kopiert und variiert.

Comic

Wer "Avatar" mag wird "Aquablue" lieben. Cailleteau und Vatine erzählen einen packenden Ökothriller im Science-Fiction-Gewand, der nichts von seiner Bedeutung und seiner Spannung verloren hat. Science-Fiction-Fans müssen zugreifen.

Ein putziger Held in einem wahnwitzigen Abenteuer. Baby Groot ist in Raum und Zeit verloren und schafft es dennoch die Welt zu retten. "Ich bin Groot" von Christopher Hastings und Flaviano ist ein großer Spaß, der mit unheimlich niedlichen Zeichnungen daher kommt.


Das war natürlich noch nicht alles im April - schaut einfach mal in die einzelnen Rubriken, was wir sonst noch so gelesen haben. Im Mai geht es dann spannend weiter ...

Wir wünschen euch einen schönen Mai voll wunderbarer Feier- und Lesetage!

Euer LiteratopiaTeam