Undertaker Bd.4 – Der Schatten des Hippokrates (Ralph Meyer, Xavier Dorison, Caroline Delabie)

Verlag: Splitter-Verlag; (Mai 2018)
Gebundene Ausgabe: 56 Seiten; 15,80 €
ISBN-13: 978-3958391307

Genre: Western


Rezension

Jeronimus Quint hat Rose gezwungen mit ihm zu gehen, denn nur er ist ihre einzige Hoffnung aufs Überleben. Er hat sie auf eine Weise verletzt, die ihr keine Wahl lässt, als sich von ihm behandeln zu lassen. Jonas Crow hetzt ihm gemeinsam mit Lin hinterher. Gleichzeitig sind Crow die Marshals weiterhin auf den Fersen. So ist er Jäger und Gejagter zugleich. Das größte Problem sind für ihn aber nicht die schwerfälligen Marshals, die er auf Kilometern Entfernung bemerkt, sondern die Fallen die Quint für ihn aufstellt. Diese sind ausgefeilter, als einfache körperlicher Bedrohungen wie Hinterhalte oder Fallgruben. Auf seinem Weg behandelt Quint Menschen, die bereits lange zu leiden haben. Die einzige Gegenleistung, die er dafür haben will, ist, dass sie für ihn Jonas Crow aufhalten oder, wenn möglich, töten. Trotzdem kommt Jonas Crow Quint immer näher, bis sie sich erneut in die Augen sehen.

„Die Mutter hat die Macht, Leben zu geben.
Der Soldat, es zu nehmen.
Der Mediziner ist der Einzige, der beides gleichzeitig kann.“
„Nicht nach Hippokrates.“
„Hippokrates kann mich mal!“

Besser als mit dem obigen Zitat, kann Jeronimus Quint wohl nicht beschrieben werden, denn es fasst alles zusammen, was den von Xavier Dorison und Ralph Meyer geschaffenen Arzt und Serienmörder ausmacht. Quint ist brillant, vielleicht sogar ein Genie, aber er ist vor allem auch eins: ein Monster. Eins, das sich hinter dem Fortschritt und der Wissenschaft versteckt. Dies reibt er gleich zu Beginn des Bandes Jonas Crow unter die Nase. Diesen Auftakt lässt Dorison zu Zeiten des Bürgerkrieges spielen und lüftet das Geheimnis darum, warum Jonas Crow so unnachgiebig im Bezug auf Quint ist und gleichzeitig dann doch meint, sehr große Schuld mit sich zu tragen. Der Beginn ist sehr intensiv und obwohl der Leser weiß, dass Quint überleben wird, ist dieser entscheidende Moment unglaublich spannend. Die Frage ob Crow abdrückt oder nicht, zieht sich dann auch weiterhin durch Der Schatten des Hippokrates.
Mit Jeronimus Quint haben Xavier Dorison und Ralph Meyer einen wahrlich diabolischen Gegenspieler für den Undertaker geschaffen. Er ist ein Serienkiller, der die Maske eines hilfreichen Mannes trägt, wenn sie ihm von Nutzen ist, aber ebenso unverhohlen seine Neigungen zur Schau stellt, wenn er genau weiß, dass ihm niemand etwas tun wird, weil er gebraucht wird. Dies macht ihn zu einem perfekten Manipulator. Seine Umwelt ist für ihn nur ein Spielbrett und die Menschen die Spielfiguren, die er vermeidlich willkürlich bewegen kann. Er weiß genau um seinen Wert für Menschen in Not und Verzweiflung, aufgrund seiner Fähigkeiten und zieht aus dem Ausnutzen diesen Umstandes sein Vergnügen und seine Macht. Damit ist er mehr als nur der typische Serienkiller. Dies wird auch durch das Ende der Geschichte deutlich. Hier stellen die Autoren, wenngleich nur am Rande, die moralische Frage, ob der Zweck wirklich die Mittel heiligen darf. Im Falle Quints wohl schon, zumindest aus Sicht eines Staates. Bei Jonas Crow sieht das bereits ganz anders aus.

Ihn lernt der Leser wieder genauso kennen, wie bereits in den Vorgängerbänden. Unerbittlich und hart, sofern es notwendig ist, aber ebenso mit Mitgefühl, wenn es ihm die Situation erlaubt. Mehrmals in Der Schatten des Hippokrates steht er am Rande der Grenze selbst zu einem Monster zu werden. Der Gedanke Rose zu verlieren, ist für ihn unvorstellbar, weswegen er zu allem bereit ist. Dies macht ihn aber auch verwundbar, so dass Jeronimus Quint es teilweise recht leicht mit ihm hat. Jonas Crow steht mehrfach vor der Wahl, ob er jemanden gewähren lässt für das große Ganze und dafür das Böse in Kauf nimmt, oder nicht. Dass er selbst die Antwort nicht unbedingt geben kann, gilt ebenso für den Leser, der sein Zögern nur zu gut nachvollziehen kann. Der vermeidlich vollkommen abgebrühte Einzelgänger erscheint hier mit einem Mal nicht mehr so kalt und vor allem bekommt der Leser einen tieferen Einblick in sein Seelenleben.
Rose ist hierfür der Grund. Sie ist es, die Crow selbst vor Augen führt, wie menschlich er eigentlich ist und ihr Gespräch am Ende des Bandes könnte emotionaler und treffender nicht sein.
Lin hingegen macht ihre eigene Entwicklung durch und ihre Entscheidung am Ende ist mehr als nur nachvollziehbar.

Ralph Meyer darf in Der Schatten des Hippokrates mal wieder sein ganzes Können zeigen. Sei es, dass er eine gefährliche Flussfahrt fulminant in Szene setzt, den Brand eines Hauses oder in der Eröffnungssequenz ein Lager der Armee. Durch die immer richtige Wahl der Blickwinkel und Perspektiven schafft er die richtige Atmosphäre für solch einen dreckigen Western, wie es der Undertaker ist. Ebenso gelingen ihm Szenen auf begrenzten Raum und er lässt sie richtig spannend und intensiv werden. Die charakterlichen Eigenheiten der Figuren zeigen sich in ihren Gesichtszügen, was gerade bei einem Jeronimus Quint wichtig ist. Caroline Delabie unterstützt ihn bei seiner Arbeit und wählt die passenden Farben mit der nötigen Intensität aus.

An Bonusmaterial ist dieses Mal nichts vorhanden. Dafür gibt es eine Einleitung in der die bisherigen Ereignisse zusammengefasst werden.


Fazit

Der Schatten des Hippokrates bringt die Geschichte um Jonas Crow und Jeronimus Quint zu einem vorläufigen Ende und deutet gleichzeitig an, dass der gefährliche Arzt und Mörder ein weiteres Mal in Erscheinung treten könnte. Gut so, denn Quint ist ein Gegner der Jonas Crow alles abverlangt. Für Westernfans ist der Undertaker weiterhin Pflicht! Packend, spannend, brutal und dreckig, wie der Italowestern zu seinen besten Zeiten.


Pro & Contra

+ packend und spannend
+ Quint ist der perfekte Gegenspieler für Jonas Crow
+ mehr als passendes Ende
+ Ralph Meyer hat genau das richtige Gespür für den Undertaker

Bewertung:

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 5/5
Zeichnungen: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4,5/5


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