Verlag: Carlsen (Juli 2018)
Gebundene Ausgabe: 64 Seiten; 16 €
ISBN-13: 978-3551721150
Genre: Humor
Klappentext
Im Spätsommer 1989 machen sich zwei Freunde auf den Weg nach Ost-Berlin.
Was sie dort erleben, wird den Lauf der Weltgeschichte für immer verändern...
Manchmal muss man sich entscheiden zwischen dem,
was einfach und dem was richtig ist.
Rezension
Sommer 1989. Der Graf von Rummelsdorf wird zu einem Mykologenkongress nach Ost-Berlin eingeladen. Eigentlich recht interessant für den Grafen, da die Fahrt aber eben in die DDR gehen würde, lehnt er es ab, dorthin zu reisen. Sehr zum Verdruss von Fantasio, der auf diesem Weg auf einen weiteren Leitartikel gehofft hatte. Dann verschwindet der Graf und alles deutet darauf hin, dass er doch zu dem Kongress gefahren ist. Dies wollen seine Freunde nicht glauben und beschließen, ihn in Ost-Berlin zu suchen und zur Not aus den Händen der Stasi zu befreien.
Spirou & Fantasio ist einer der ganz großen Comicklassiker, vor allem im franco-belgischen Raum. In seiner Heimat hat das Duo einen ähnlichen Stellenwert wie Asterix, Lucky Luke oder die Schlümpfe. Es ist also eine kleine Sensation, wenn ein deutscher Autor und Zeichner ein Abenteuer der beiden Helden erschaffen darf. Flix ist nun zu der großen Ehre gekommen und nachdem der Titel relativ schnell feststand, viel seine Wahl beim Thema auf das Jahr 1989, das des Mauerfalls. Er lässt seinen Spirou demnach in turbulenten Zeiten spielen, in denen sich vieles innerhalb kurzer Zeit entwickelte und schließlich zur Wiedervereinigung Deutschlands führen sollte.
So weit ist es allerdings noch nicht in Flix´ Spirou-Abenteuer.
Der Hotelpage und sein bester Freund kommen in ein Land, in dem eigentlich gar nichts mehr richtig funktioniert außer die Überwachung des Bürgers und die Bewachung der innerdeutschen Grenze. Flix hat lange für seinen Spirou recherchiert und dies ist auf jeder Seite zu merken. Er bemüht sich, die Schattenseiten der DDR zu zeigen, ohne allzu viel zu übertreiben. Er beschönigt auch nichts. Und sicher gibt es den ein oder anderen Witz, der nicht gerade frisch oder originell ist, diese Momente macht er aber wett, indem er durchaus ernst wird und ebenso sehr emotionale Momente einbaut. Es ist klar, dass dieses Spirou-Abenteuer kein normales sein kann, zu tiefgreifend waren die Folgen, diesen Jahres für Europa und Deutschland und so verzichtet Flix glücklicherweise darauf, Spirou zum Helden der friedlichen Revolution in der DDR zu machen. Er hat Einfluss auf sie, das schon, aber er ist nicht entscheidend, dies bleibt anderen Figuren vorbehalten.
Sein Thema verpackt Flix in eine Geschichte, die dann doch recht typisch für Spirou ist. Er erzählt sie schnell und humorvoll und vor allem sehr effektiv, jedoch nicht unbedingt mit vielen neuen Ideen, manches erinnert an alte Abenteuer des ewig jungen Helden. Bei Spirou in Berlin stört dieser Umstand nicht wirklich, denn ansonsten traut sich Flix ziemlich viel. Tod, Folter und Gefechte mit scharfer Munition kommen vor. Allein bei den Affen hätte er einen Gang zurückschalten können, da er es mit ihnen ein kleinwenig übertreibt. An dieser Stelle wäre weniger mehr gewesen.
Was Spirou in Berlin etwas besonderes sein lässt, ist die Unmenge an Anspielungen und Verweisen auf geschichtliche und popkulturelle Ereignisse. Da spielen Die Ärzte in einer U-Bahn. David Bowie und Iggy Pop sind ebenso da, Lucky Luke und das Marsupilami sind nebst Benni Bärenstark zu sehen und auch ansonsten gibt es sehr viel zum Entdecken. Insgesamt sollen es über einhundert Easter Eggs sein, die Flix auf den Seiten versteckt hat, womit allein bereits ein guter Grund da wäre, um immer wieder zu Spirou in Berlin zu greifen, wenn nicht auch die Geschichte an sich zu überzeugen wüsste.
Flix hat sich in seinem Zeichenstil nicht angepasst, sondern überträgt die Figuren in seinen ureigenen. Und dies klappt ausgesprochen gut. Auf den ersten Blick sind alle Charaktere sofort zu erkennen, selbst wenn sie völlig anders als gewohnt aussehen. Flix hat nun mal einen ganz speziellen Stil, der mit Sicherheit nicht jedem gefällt, zu diesem Spirou passt er jedenfalls sehr gut. Die Actionszenen sehen ganz gut aus, auch wenn ihnen hin und wieder etwas Dynamik fehlt. Er gleicht diesen Umstand mit interessanten Perspektiven und einem kreativen Umgang seiner Panels aus. Optisch weiß Spirou in Berlin völlig zu überzeugen.
Fazit
Spirou in Berlin ist ein spannendes und humorvolles Abenteuer, welches aber nicht die Realitäten in der DDR ausblendet, sondern versucht sie darzustellen, wodurch Flix die Widersprüche in der Politik dieses Landes zeigen kann. Dieser Spirou ist auf jeden Fall eine Leseempfehlung wert.
Pro & Contra
+ massenweise Anspielungen und Easter Eggs
+ trotz Humor bleibt Spirou in Berlin ausreichend Ernst
+ gute Zeichnungen
0 die Geschichte an sich ist nicht unbedingt frisch
Bewertung:
Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Zeichnungen: 4/5
Humor: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/ Leistung: 5/5
Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Spirou & Fantasio:
Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Bd.1
Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Bd.2
Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Bd.3
Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Bd.4
Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Bd.10
Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Bd.11
Rezension zu Spirou und Fantasio - Gesamtausgabe Bd.12
Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Bd.13
Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Bd.14
Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Bd.15
Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Bd.16
Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Bd.17
Rezension zu Spirou und Fantasio – Gesamtausgabe Classic Bd.1
Rezension zu Die tollsten Abenteuer von Spirou
Rezension zu Stiftung Z
Rezension zu Spirou bei den Sowjets
Rezension zu Spirou und Fantasio Bd.54 - Der Tod von Spirou
Rezension zu Zyklotrop: Die Tochter des Z
Rezension zu Zyklotrop: Der Lehrling des Bösen
Rezension zu Zyklotrop: Lady Z
Rezension zu Rummelsdorf: Enigma
Rezension zu Rummelsdorf: Patient A
Rezension zu Rummelsdorf: Eine Handvoll Kohlenstoffatome
Rezension zu Marsupilami Bd.0 – Jagd auf das Marsupilami
Rezension zu Marsupilami Bd.2 – Die Robinson-Akademie
Rezension zu Marsupilami Bd.9 – Operation Attila
Rezension zu Marsupilami Bd.11 – Auf den Spuren des Marsupilamis
Rezension zu Marsupilami Bd.12 – Das schwarze Marsupilami
Rezension zu Marsupilami Bd.13 – Santa Calamidad
Rezension zu Marsupilami Bd.14 - Sternenherz
Rezension zu Marsupilami Bd.15 – Der Krater der Kakteen
Rezension zu Marsupilami Bd.16 - Kilsemmoahl
Rezension zu Marsupilami Bd.17 – Geheimnisvolles Palumbien
Rezension zu Marsupilami Bd.18 – Baby Prinz
Rezension zu Marsupilami Bd.19 – Mister Xing Yun
Rezension zu Marsupilami Bd.20 – Die Arche Noah
Rezension zu Marsupilami Bd.21 – Das Gold von Boavista
Rezension zu Marsupilami Bd.22 – Bienvenido in Bingo!
Rezension zu Marsupilami Bd.23 – Der Tempel im Urwald
Rezension zu Marsupilami Bd.24 – Die Schmetterlingsjäger
Rezension zu Marsupilami - Die Bestie Teil 1