Die Legende von Shikanoko - Fürst des schwarzen Waldes (Lian Hearn)

Fischer Sauerländer (2018)
Übersetzung: Sibylle Schmidt
Hardcover mit Schutzumschlag
528 Seiten, 19,99 EUR

ISBN: 978-3-7373-5468-4

Genre: fernöstlich-historische Fantasy


Klappentext

Inmitten eines mystisch-mittelalterlichen Japans lebt Shikanoko, das Kind des Hirsches, zurückgezogen im Schwarzen Wald – voller Trauer um die umgekommene Prinzessin Aki. Um ihn herum wird das Land von Katastrophen heimgesucht, und der unerbittliche Kampf um den legendären Lotusthron erreicht seinen Höhepunkt. Diejenigen, die nach Macht dürsten, schrecken vor nichts zurück. Nur die Krönung des rechtmäßigen Thronfolgers Yoshimoro kann dem Töten ein Ende bereiten. Doch dieser lebt weiter im Verborgenen. Es bedarf Shikanokos magischer Fähigkeiten, Yoshimoros Existenz aufzuspüren, seine Feinde zu besiegen und das gesamte Reich vor dem sicheren Untergang zu bewahren.


Rezension

Noch immer sitzt der wahre Kaiser nicht auf dem Lotusthron und der Himmel straft das Land mit Dürren. Shikanoko ist inzwischen ein erwachsener Mann, ein gefürchteter Hexer und für seine Anhänger ein Fürst. Doch Shika ist gelähmt von der Trauer um seine Liebe und die magische Hirschmaske lässt sich nicht mehr von seinem Gesicht lösen. Er hat sich in den Schwarzen Wald geflüchtet und wird zu einem Mythos, während im Reich der acht Inseln um Macht und Ansehen gekämpft wird. Shikas menschlicher Sohn Take wächst zu einem Krieger heran, während seine magischen Söhne schnell altern und sich zerstreiten. Einst wurde Shikanoko vor diesen Wesen vom Alten Volk gewarnt, doch er hat ihre Leben verschont und nun werden sie zum Zünglein an der Waage im Kampf um den Thron …

“Fürst des schwarzen Waldes“ ist der zweite und finale Band der „Legende von Shikanoko“ und während sich der Protagonist in seinen Schmerz flüchtet, treten andere Charaktere stärker in den Vordergrund. Allen voran die junge Hina, die den wahren Kaiser bei den Akrobaten des Flussvolkes versteckt hat. Sie reift im Laufe der Geschichte zu einer starken Frau und Heilerin heran, wobei sie ihre Liebe zu Shikanoko all die Jahre im Herzen bewahrt. Sie kümmert sich zudem um Shikas Sohn Take und weist ihm den Weg. Auch die magischen Jungen werden erwachsen, viel schneller als Menschen. Allerdings kennen sie die Regeln der Gesellschaft nicht und auch Emotionen müssen sie erst begreifen lernen. Bald nehmen sie sich Frauen und zeugen Kinder, zerstreiten sich und werden zu Spielfiguren im Kampf um die Herrschaft. Alle, die den wahren Kaiser auf den Thron verhelfen wollen, arbeiten darauf hin, Shikanoko zurückzubringen und so ist „Fürst des schwarzen Waldes“ mehr die Geschichte der Kinder und Verbündeten Shikanokos.

Der Roman wird ebenso wie der Vorgängerband aus verschiedenen Perspektiven erzählt, wobei auch Antagonisten zu plastischen Figuren werden. Ihre Gier nach Macht, Reichtum und Liebe beeinflusst den Verlauf der Geschichte. Die Wege aller Charaktere sind miteinander verwoben und so entsteht eine komplexe Handlung, sie sich über viele Jahre erstreckt und teilweise riesige Sprünge macht. Dabei bleiben manche Charaktere auf der Strecke, vor allem Protagonist Shikanoko, der lange Zeit kaum greifbar ist. Auch die letzten Kapitel sind etwas zu schnell heruntererzählt und man merkt, dass Lian Hearn zu viele Nebenhandlungen gesponnen hat, die sie nicht mehr zusammenführen kann. So bleiben einige Fragen ungeklärt, was das Lesevergnügen allerdings nur gering schmälert.

“Die Legende von Shikanoko“ beeindruckt nach wie vor mit viel Liebe zum Detail und lässt das japanische Mittelalter in einem phantastischen Setting auferstehen. Die Beschreibungen von Natur, Kleidung und Gebäuden sind durchweg authentisch und erzeugen eine für westliche Leser exotische Atmosphäre, die von der morbiden Welt der Hexerei ergänzt wird. Shikanokos Maske wurde beispielsweise in einem obskuren Ritual erschaffen, sein Begleiter ist ein künstlicher Wolf und die Augen seines ehemaligen Meisters sind zu mächtigen magischen Gegenständen geworden. Es gibt Geister, die in Toren und Schwertern wohnen und Tiere, in denen die Geister Verstorbener weilen. Und dann sind da noch die geheimnisvollen Tengu, magische Wesen, die Shikas Söhne unterstützen oder ihnen auch schaden.

Der schlichte und präzise Schreibstil passt hervorragend zum mittelalterlich-japanischen Setting und spricht damit auch die junge Zielgruppe an. Vor allem die jüngeren Charaktere überzeugen mit Facettenreichtum, allerdings sind die Unterschiede zwischen Jugendlichen und Erwachsenen oft nicht deutlich genug spürbar. Das liegt vor allem daran, dass bereits die jungen Charaktere viel durchlebt und durchlitten haben und dadurch in Extremsituationen recht gefasst und reif handeln. Auch kann man das Älterwerden der wichtigsten Charaktere schwer nachvollziehen, da es in der zweiten Romanhälfte sehr große Zeitsprünge gibt. Dennoch lässt sich dieses Buch ebenso wie der erste Band verschlingen und hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck beim Leser.


Fazit

”Fürst des schwarzen Waldes“ ist die Geschichte der Kinder und Verbündeten Shikanokos, der sich in seinen Schmerz und seine Trauer zurückzieht und so das Reich dem Streit der Mächtigen überlässt. Der Handlungsaufbau ist für ein Jugendbuch unheimlich komplex, dennoch verschlingt man diesen Roman, der durch die exotische Atmosphäre des mittelalterlichen Japans und die morbide Hexerei ein außergewöhnliches Lesevergnügen bietet.


Pro und Contra

+ ein phantastisches, mittelalterliches Japan als Setting
+ Shikanoko übt nach wie vor eine große Faszination auf den Leser aus
+ Hina wächst zu einer starken, einfühlsamen Frau heran
+ morbide Hexerei und magische Geschöpfe
+ vielseitige Nebencharaktere
+ verschiedene Perspektiven
+ trotz komplexer Handlung verliert man nie den Überblick
+ wunderschönes Hardcover

- sehr viele Nebenhandlungen und so mancher Charakter bleibt auf der Strecke
- die letzten Kapitel werden zu schnell heruntererzählt

Wertung: sterne4

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


Rezension zu "Die Legende von Shikanoko - Herrscher der acht Inseln"

Tags: Mittelalter, Japan, Asien