Das Siegel von Rapgar (Alexey Pehov)

Verlag: Piper (April 2018)
Broschiert: 592 Seiten; 17 €
ISBN-13: 978-3492702737

Genre: Mysterythriller/ Fantasy


Klappentext

Ein gnadenloser Wettlauf gegen die Zeit

Rätselhafte Verbrechen erschüttern die altehrwürdige Stadt Rapgar. Till er´Cartya, Nachfahr einer alten Magierfamilie, wird zu Unrecht beschuldigt, den Schwiegersohn des Stadtfürsten erstochen zu haben. Auf der Suche nach dem wahren Täter lernt Till die junge Erin kennen, die von finsteren Gestalten bedroht wird. Plötzlich ist auch Tills Leben in Gefahr – denn er und Erin entdecken Hinweise auf eine dunkle Verschwörung, die ganz Rapgar ins Verderben stürzen könnte...


Rezension

Till er´Cartya, ein Luxer und damit etwas magisch begabt, kehrt nach längerer Zeit mit dem Zug nach Rapgar zurück. Jene Stadt in der er sich einst in den oberen Kreisen bewegte und recht oberflächlich gelebt hatte. Bis zu dem Tag, als er des Mordes verurteilt wurde. Nun ist er halbwegs rehabilitiert und hofft irgendwann den wahren Täter zu fassen. Dann kommt eine unbekannte Schöne, die sich mit dem Namen Erin vorstellt, in sein Abteil und ab da überschlagen sich die Ereignisse. Männer dringen in Tills Abteil ein und kurze Zeit darauf fliegt einer von ihnen aus dem Fenster und das Chaos herrscht. Erin verschwindet und verliert ein Tuch, welches Till aufbewahrt. So in den Fokus der Ordnungshüter gekommen, gerät Till bald sogar in den Verdacht, der Düsterschlächter zu sein. Jener tötet scheinbar wahllos in der ganzen Stadt. Auf der Suche nach Erin kommt Till dem Serienmörder immer näher und entdeckt ungeheuerliches.

Wie so häufig gibt der Klappentext eines Romans einen falschen Eindruck wieder. Denn nur im weitesten Sinne wird die Handlung von Das Siegel von Rapgar wiedergegeben. Till und Erin arbeiten nicht von Anfang an zusammen und es wird auch erst sehr spät klar, dass eine Verschwörung im Gange ist. Stattdessen erhält der Leser zunächst einen waschechten Krimi, bei dem die Frage im Raum steht, wer Erin und der Düsterschlächter überhaupt sind. Erst mit Fortschreiten der Handlung und dem Lösen des ein oder anderen Rätsels wird klar, was hinter allem steckt. Und das bezogen sowohl auf die aktuellen Ereignisse als auch die in der Vergangenheit. Alexey Pehov verknüpft die einzelnen Handlungsstränge gegen Ende sehr gekonnt und nimmt sich ausreichend Zeit Charaktere, Handlung und die Welt, die nah am Steampunkt ist, aufzubauen. Das tut dem Roman gut und lässt ihn sehr lebendig wirken.
Denn wenn Alexey Pehov eines kann, dann immer wieder neue Welten erschaffen, in denen sich der Leser sofort heimisch fühlt, obwohl er all die Wesen und Begriffe, die genannt werden, gar nicht kennt. Das ist umso erstaunlicher, als das Alexey Pehov sich meistens auch nicht die Mühe macht, seine Wesen vorzustellen und zu erklären. Er tut so, als ob dies alles Allgemeinwissen wäre und erzählt einfach seine Geschichte. In die Handlung und in Gesprächen flechtet er alle nötigen Informationen unbemerkt und organisch ein und auf diese Weise bindet er den Leser in das Geschehen ein und stellt ihm gleichzeitig die Welt vor, in der sich die Protagonisten bewegen. Bei Das Siegel von Rapgar ist genau dies auch wieder der Fall. Am Anfang weiß der Leser gar nichts über Luxer und Co. Aber je mehr sich die Geschichte entfaltet, desto mehr entsteht ein Bild der Welt, welches fast genauso viel Spaß macht zu entdecken, wie das Lösen des Rätsels welches sich Till er`Cartya stellt.
Dazu kommt der gewohnt bissige Humor des Autors, der vor allem in den Gesprächen zwischen Charakteren zum Tragen kommt. Die Charaktere arbeitet Pehov wie gewohnt sehr gut aus, selbst die Nebenfiguren beschreibt er sehr genau und erweckt sie zum Leben. Dadurch wird der Leser in die Geschichte hineingezogen und auch wenn Das Siegel von Rapgar nicht vor Spannung birst, will man wissen, wie es mit den Charakteren weitergeht, was sie erleben und was sie erdulden müssen. Bis das Tempo anzieht dauert es und doch tut dies dem Roman keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Nach kurzer Zeit hat man den Eindruck, Till und all seine Freunde und Feinde wären alte Bekannte, die einfach lange Zeit abwesend waren. Im Übrigen legt Pehov es nicht darauf an, dass seine Charaktere sympathisch wirken. Till er`Cartya ist genau genommen ein ehemaliger Snob, der jetzt nur noch eines will, Vergeltung üben, an dem, der ihn reingelegt hat, ansonsten ist ihm fast alles andere egal. Erin ist auch nicht diejenige, die den Leser für sich einnimmt und so könnte man weitermachen und dennoch liegen sie einem am Ende alle irgendwie am Herzen, da sie einfach in der Welt Rapgars nicht anders sein können.
Ein ganz großer Pluspunkt von Das Siegel von Rapgar ist, dass es mal nicht um eine Katastrophe geht, die alles vernichten wird oder um Weltherrschaftspläne, sondern genaugenommen, „nur“ um einen Terroranschlag, der zwar verheerende Auswirkungen haben könnte, allerdings mehr in politischer als in anderer Hinsicht.
Inhaltlich überzeugt der Roman und wird dazu von Pehovs Schreibstil unterstützt, der recht locker und leicht ist und ihm auf diese Weise eine gewisse Geschwindigkeit verleiht, die den Leser durch Das Siegel von Rapgar trägt. Insgesamt gesehen, ist es vielleicht nicht Pehovs bester Roman, aber auf jeden Fall ein sehr gut geschriebener und unterhaltsamer, der mal nicht Auftakt zu einer Reihe, sondern abgeschlossen ist. Obwohl das ein oder andere Türchen für eine Fortsetzung offensteht.


Fazit

Mit Das Siegel von Rapgar erzählt Alexey Pehov einen Thriller in einer fantastischen Welt, die eine Mischung aus Steampunk und 19. Jahrhundert ist. Die Abenteuer Till er`Cartyas sind spannend und aufregend. Der sarkastische Grundton seines Hauptprotagonisten und die gut ausgearbeiteten Charaktere machen den Roman zu einer Pflichtlektüre für alle, die etwas andere Fantasy suchen.


Pro & Contra

+ Welt
+ keine Reihe, sondern abgeschlossen
+ Till er`Cartyas Sicht der Dinge
+ Auflösung

0 manchmal zu viele unbekannte Wesen und Dinge, die nicht erklärt werden

Bewertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4,5/5


Interview mit Alexey Pehov (August 2017)

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