Das Erwachen des letzten Menschen (Nikodem Skrobisz)

das erwachen des letzten menschen

Books on Demand (2018)
Taschenbuch, 56 Seiten, 4,99 EUR
ISBN: 978-3741298455

Genre: Science-Fiction-Novelle / Dystopie


Klappentext

Es ist das Jahr 2137. Die Welt ist befriedet und komplett digitalisiert. Das Regieren haben Algorithmen übernommen, das Arbeiten Roboter und die Menschheit tut nichts mehr Nennenswertes, als in ihrem Reichtum zu schwelgen und sich mit Sexrobotern, virtuellen Realitäten und Videospielen zu unterhalten. Abgesehen davon, dass die Gesellschaft in genetischmodifizierte Bürger der Klasse A und normale Bürger der Klasse B gespalten ist, scheint die Welt endlich in einer Utopie angekommen zu sein, inklusive Bedingungsloses Grundeinkommen und einer scheinbar wohlgesinnten K.I..
Zumindest sehen das so die meisten.
Edgar jedoch wird depressiv, er verweigert den Konsum von Drogen und Sex und beginnt zu grübeln und seine Gedanken in einem Tagebuch festzuhalten. Er hat das Gefühl, dass irgendetwas in seinem Leben fehlt. Etwas, das von keiner Maschine oder einem materiellen Gut befriedigt werden kann. Bald realisiert er, dass das, was er sucht, der Sinn des Lebens ist.


Rezension

Auch wenn Edgar nur ein Bürger der Klasse B ist, führt er ein sorgenfreies Leben, in dem sich eine Künstliche Intelligenz, das Programm genannt, um alles kümmert. Sein Körper wird mit Nahrung, Medikamenten und Drogen versorgt und für sein Bedürfnis nach Nähe und Sex steht ihm ein weiblicher Android zur Verfügung. Wenn er etwas erleben will, erforscht er Dungeons oder segelt auf Seen in der virtuellen Realität. Alles könnte perfekt sein. Doch Edgar ist unglücklich. Er will seine Medikamente nicht mehr nehmen. Sein Leben, in dem er sich um nichts kümmern muss, außer um seine Unterhaltung, quält ihn. Es ist sinnlos. Und als Edgar das erkennt, bricht die Welt über ihm zusammen …

“Das Erwachen des letzten Menschen“ ist eine dystopische SF-Novelle, die der Frage nach dem Sinn des Lebens nachgeht und zwar ohne religiöse Ansätze. Edgar erzählt seine Geschichte in Form von Tagebucheinträgen, die er auf Papier schreibt – etwas, das es in seiner perfekten Welt eigentlich nicht mehr gibt. Seine Wohnung hat er schon ewig nicht mehr verlassen und andere Menschen trifft er nur in der virtuellen Welt, nicht in der Realität. Nicht einmal seine Verwandten trifft er persönlich. Das Programm kümmert sich um alles und versorgt die Bürger der Klasse B mit allem, was ein Mensch braucht, während die Bürger der Klasse A zu gottgleichen Unsterblichen aufgestiegen sind, die die Welt gestalten, genannt Deus novus. Edgar tangiert das nicht, er ist nicht neidisch auf diese gentechnisch modifizierten, besseren Menschen. Schließlich erscheint ihm ihre Existenz genauso sinnlos wie seine.

Auf seiner Suche nach einem Sinn findet Edgar Gefallen an Zerstörung, doch in seiner Welt gibt es nichts, was er kaputtmachen kann. Erst lehnt er Medikamente und Drogen ab, dann stürzt er sich regelrecht in sie hinein, um etwas Wahres zu finden, an dem er sich aufrichten kann. Am Ende gelangt er zu einer Erkenntnis, die man ihm zwischenzeitlich nicht zugetraut hat. Die Novelle beschränkt sich auf Edgars Sinnsuche, auf seine teils wirren und teils philosophischen Gedankengänge. Der Text liest sich gut weg, da das düstere Setting schnell fasziniert. Leider erfährt man in der Kürze der Novelle viel zu wenig über diese perfekte, sinnentleerte Zukunft. Die Welt bleibt ein blasses Konstrukt und wer viel Science Fiction liest, wird viel aus anderen Werken entdecken. Die SF-Elemente dienen nur als Hintergrund für den philosophischen Gedankengang.

Nikodem Skrobisz nimmt Bezug auf die Informationstechnologie und stellt interessante Vergleiche an, doch auch hier bleibt er zu vage. Das Konzept des Programms, das die Menschheit verwaltet, scheint nicht zu Ende gedacht. Über den Deus novus, die neue Menschenart, erfährt man fast gar nichts, da er für die Handlung keine Rolle spielt. Allerdings weiß der Autor zu überraschen, was er durch eine bizarre Wendung wieder zu Nichte macht. Die Handlung holpert zum Schluss und auch wenn Edgars Einsicht nachvollziehbar ist, fühlt es sich am Ende an, als würde etwas fehlen. Die Novelle eignet sich dabei vor allem für Leser, die am philosophischen Grundthema interessiert sind. Für SF-Fans bietet sie dagegen zu wenig.


Fazit

“Das Erwachen des letzten Menschen“ ist eine Warnung davor, sich durch technologischen Fortschritt in puren Hedonismus zurückzuziehen. Die perfekte Welt wird zum Martyrium, wenn der Mensch nicht an ihrer Gestaltung mitwirkt. Die Novelle lässt Raum für eigene Gedanken und funktioniert als philosophisches Gedankenspiel gut. Aber wirklich erlebbar ist die Geschichte für den Leser nicht, dazu ist der Text in seiner Kürze zu vage.


Pro und Contra

+ Frage nach dem Sinn des Lebens in einer hochtechnisierten Welt
+ gelungene Überraschungen im Handlungsverlauf
+ Dystopie in einer scheinbar perfekten Welt
+ Edgars Erkenntnisse sind gut nachvollziehbar

- vermag in der Kürze nicht gänzlich zu überzeugen
- SF-Elemente dienen nur als Gerüst

Wertung: sterne3.5

Handlung: 3/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3/5