Opfermond (Elea Brandt)

Mantikore (2017)
Taschenbuch
437 Seiten, 13,95 EUR
ISBN: 978-3-945493-36-6

Genre: High Fantasy


Klappentext

Als der Assassine Varek angeheuert wird, einen Mord aufzuklären, klingt das nach einer willkommenen Abwechslung von seinem verfassten Tagewerk. Doch die einzige Zeugin, das Freudenmädchen Idra, weiß mehr, als sie preisgeben will. Um an ihre Informationen zu gelangen, geht Varek ein Bündnis mit ihr ein, das ihn schmerzhaft an bessere Zeiten erinnert. Die Spur des goldenen Skarabäus führt ihn schließlich zu einem grausamen Kult, der mehr als nur ein Blutopfer verlangt …


Rezension

In der Wüstenstadt Ghor-el-Chras gilt das Recht des Stärkeren. Niemand kann sich hier ein Leben ohne Sklaverei vorstellen. Meuchelmord ist, sofern er von den religiös legitimierten „Unbestechlichen“ verübt wird, allgemein akzeptiert. In den Elendsvierteln verkaufen verzweifelte Menschen Diebesgut, Drogen oder ihre Körper, um zu überleben. Und in den besseren Gegenden verbergen sich Abgründe hinter kultivierten Fassaden. Diese für eine bestimmte Art Fantasy recht typischen Elemente erhalten durch das Setting und die Magie, die gut zur dunklen Atmosphäre des Romans passt, eine persönliche Note.

Als im Armenviertel mehr Leichen als sonst auftauchen, reagiert zunächst niemand – bis die Sexarbeiterin Idra, die verzweifelt versucht, ihrer bitteren Armut und der Kontrolle ihres brutalen Zuhälters zu entkommen, Zeugin des Mordes an einem wohlhabenden Alchemisten wird und der „Unbestechliche“ Varek ebendiesen aufklären soll.

Lange laufen die beiden Erzählstränge parallel zueinander, und die Zusammenarbeit der beiden, von der im Klappentext die Rede ist, kommt erst spät und widerwillig zustande. Durch die Augen der pragmatischen, hinter einer harten Fassade sehr loyalen Idra, die sich trotz eines Lebens voller Demütigungen ihren Kampfgeist bewahrt hat, werden das Elend des Armenviertels und ihr Ausgeliefertsein sichtbar. Vareks Perspektive enthüllt mehr über die Umtriebe der Oberschicht, aber auch davon, wie seine Arbeit und schmerzhafte Erinnerungen, die nur durch regelmäßigen Drogenkonsum erträglich werden, ihn nach und nach zerstören.

Beide bekommen es erst allein, dann gemeinsam mit Menschen zu tun, die es aus den verschiedensten Gründen auf sie abgesehen haben, und geraten von einer gefährlichen Situation in die andere, während ihre Ermittlungen sie näher und näher an einen gefährlichen Kult führen. Hierbei haben Leser*innen manchmal einen Informationsvorsprung vor ihnen, der die eine oder andere Chance für eine spannende Enthüllung zunichtemacht. Ruhige Momente, unerwartete Wendungen, Gefahr und Rettung folgen in einem angenehmen Tempo aufeinander. Zusammen mit dem unauffälligen, flüssigen Erzählstil Elea Brandts lässt dies die Seiten geradezu wegschmelzen.

Im Verlauf der Handlung sind die Hauptfiguren immer wieder mit (manchmal sexueller) Gewalt konfrontiert, die sie als relativ selbstverständlich hinnehmen, und sie selbst haben auch nicht unbedingt die saubersten Hände. Vareks und Idras moralisch fragwürdige Handlungen werden explizit geschildert, aber sie passen zu den Figuren und den Erfahrungen, von denen diese geformt wurden. Es bleibt trotzdem einfach, mit ihnen mitzufiebern und sich um sie zu sorgen. Vareks Vergangenheit weckt Interesse und enttäuscht nicht, als sie schließlich enthüllt wird.

Wie bereits erwähnt, mutet einiges in der Charakterisierung von Schauplatz und Figuren und auch einige Handlungselemente aus mehr als nur einer Geschichte vertraut an, und hier und da wiederholen sich innerhalb des Buches Muster. Doch das ändert nichts daran, dass „Opfermond“ von Anfang bis Ende ein spannendes Leseerlebnis bietet. 


Fazit

Elea Brandt hat mit „Opfermond“ einen dunklen, actionreichen Fantasyroman geschrieben, der sich zahlreicher vertrauter Elemente bedient, aber auch eigene Ideen einbringt. Das Buch wartet mit einer Menge Spannung auf, und mit Figuren, die Leser*innen trotz ihres manchmal rücksichtslosen Vorgehens auf ihre Seite ziehen.


Pro und Contra

+ durchgehende Spannung, gutes Pacing, angenehmer Stil
+ moralisch „graue“ Hauptfiguren, die sich dennoch Interesse und Sympathie des Publikums bewahren
+ stimmiges, atmosphärisches Setting, wirkungsvolle Details
+ jede Menge gut geschriebene Action
+ überraschende Wendungen

- es werden ein paar Klischees bedient
- Informationsvorsprung der Leser*innen vor Figuren
- Motivation wichtiger Antagonist*innen überzeugt nicht so richtig

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 3,5/5

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Tags: orientalische Fantasy, Elea Brandt