Kira Licht (10.04.2019)

Interview mit Kira Licht

kira licht 2019Literatopia: Hallo, Kira! In Kürze erscheint der Auftakt Deiner neuen Götterfantasy „Gold und Schatten“ – was erwartet die Leser?

Kira Licht: Hallo Judith! Vielen Dank für die Einladung. In „Gold und Schatten“ erwartet die Leser eine spannende Reise in die Welt der griechischen Mythologie. Schauplatz ist Paris in der heutigen Zeit, was natürlich ein Aufeinanderprallen der Kulturen bedeutet. Uralte Götter, die wie selbstverständlich Handys benutzen oder Kosmetikimperien leiten, hier gibt es jede Menge Zündstoff und Raum für amüsante Szenarien. Und es gibt noch eine zuckersüße Liebesgeschichte on top. Eben ein typischer Romantasy-Schmöker.

Literatopia: Livia verliebt sich Hals über Kopf in Maél. Was hat er an sich, dass sie ihm sofort verfällt? Und wie geht sie damit um, dass er immer wieder auf Abstand geht?

Kira Licht: Maél ist groß, sportlich und ihn umgibt die Aura eines Anführers. Das sind alles Attribute, die auf die meisten Frauen anziehend wirken. Maél hat eine sehr fürsorgliche Art, die Livias Herz im Sturm erobert. Zusammen mit seinem Humor, seiner Schlagfertigkeit und einer großen Portion Selbstbewusstsein schafft er es, Livia sofort für sich zu gewinnen.

Die beiden umkreisen einander, ohne dass einer den ersten großen Schritt macht. Nicht nur Maél geht immer wieder auf Abstand, auch Livia zieht sich zurück. Einmal will sie den Kontakt sogar ganz abbrechen. Es macht sie traurig, dass Maél, selbst nachdem sie sich besser kennengelernt haben, immer noch Geheimnisse vor ihr zu haben scheint. Geheimnisse, die sie vermutlich sogar selbst betreffen. Sie spürt, dass es ihn quält, dass er ihr nicht alles erzählen kann. Sie reagiert tolerant, doch irgendwann will sie einen Schlussstrich ziehen, um sich selbst zu schützen. Hier ist der große Herzschmerz natürlich vorprogrammiert. Allerdings ist es in „Gold und Schatten“ nicht so, dass nur die Protagonistin leidet und der Protagonist die große Freiheit sucht. Auch Maél leidet darunter, dass er Livia nicht alles erzählen kann, was er gerne möchte. Er will eigentlich keine Geheimnisse vor ihr haben, noch will er sich interessant dadurch machen, dass er besonders unnahbar wirkt.

Literatopia: Livia kann die Stimmen von Pflanzen hören – was erzählen die ihr? Wie kann Livia diese Begabung für sich nutzen?

Kira Licht: Zunächst ist Livia genervt, dass Pflanzen zu ihr sprechen. Die meisten beschweren sich nämlich einfach nur über irgendetwas. Livia soll sie gießen, ihnen Schatten verschaffen oder sie umtopfen. Sind die Pflanzen einmal beleidigt, sprechen sie gar nicht mehr mit Livia, obwohl diese sie inständig darum bittet. Pflanzen können richtige kleine Diven sein und Livia muss den Umgang mit ihnen erst noch lernen. Wie sie ihre Begabung für sich nutzen kann, lernt Livia erst relativ am Ende von Teil 1 und ich möchte hier nicht spoilern. So viel sei nur gesagt: Auch hier bedarf es viel Diplomatie und Überredungskünste.

Literatopia: „Gold und Schatten“ ist von der griechischen Mythologie inspiriert. Wie frei warst Du in der Interpretation der alten Sagen?

Kira Licht: Ich bewege mich relativ nah an den Originalen. Hin und wieder musste ein Attribut der Geschichte zum Opfer fallen oder die eine oder andere Liebesbeziehung wird verschwiegen, aber im Großen und Ganzen war es mir wichtig, dass meine Götter authentisch bleiben.

Literatopia: Griechische Mythologie und Paris – wie bist Du zu dieser Kombination gekommen? Was fasziniert Dich an der Stadt der Liebe?

Kira Licht: Ich liebe Paris. Ich habe die Stadt schon oft besucht und da ich mich insbesondere für Kunst interessiere, ist diese Stadt natürlich perfekt. Zu einer Kombination haben mich vor allem die Katakomben inspiriert. Sie wirken tatsächlich wie das Reich des Todes. Irgendwann habe ich mir überlegt: Wenn die Götter in Paris wohnen würden, dann würden die Götter der Unterwelt garantiert die Katakomben total super finden. Die Idee, die griechische Mythologie nach Paris zu verpflanzen, war geboren.

Literatopia: Du hast die Katakomben unter Paris zu Recherchezwecken besucht. Wie ist es dort unten?

Kira Licht: Es ist wirklich so, wie man sich eine Unterwelt vorstellt. Die Luft riecht, ja schmeckt sogar anders. Man kann die Knochen riechen, sie haben einen ganz speziellen Geruch. Es ist unheimlich, weil viele der normalen Umgebungs-geräusche mit einem Schlag ausgeblendet werden. Natürlich unterhalten sich die Besucher, machen Fotos, Kleidung raschelt, jemand kämpft mit den Tücken der Technik an seinem Fotoapparat. Aber ansonsten ist da nichts. Kein Wind rauscht, die normalen Straßengeräusche lässt man hinter sich, es zwitschert nirgendwo ein Vogel. Gleichzeitig ist das Gefühl, von so vielen Jahrhunderten Geschichte umgeben zu sein, so intensiv, dass es einen völlig für sich einnimmt. Wer keine Angst vor Totenschädeln und Dunkelheit hat, fühlt sich dort richtig wohl. Mir hat es sehr gut gefallen.

Literatopia: Im Mai erscheint Dein Jugendroman „Sunset Beach – Liebe einen Sommer lang“. Warum spielt die Geschichte in Kalifornien? Ist der Südwesten der USA schlicht die perfekte Kulisse für ein sommerlich-leichtes Jugendbuch?

Kira Licht: Auch hier wollte ich wieder ein Setting benutzen, das ich selbst schon besucht habe. Ich war bereits dreimal in Kalifornien und habe dort ausgiebig Urlaub gemacht. Wir haben die vielen kleinen Küstenstädte besucht, in Santa Barbara Eis auf der Promenade gegessen und sind im vornehmen Beverly Hills die Einkaufsstraße hinabspaziert. Wir haben sogar Montecito besucht, damit ich einen besseren Eindruck der Gegend bekomme, um möglichst realistisch darüber zu schreiben. Das Wetter ist einfach herrlich und ja, du hast recht, es ist die perfekte Kulisse für eine sommerliche Liebesgeschichte. Das Leben findet dort eher draußen statt, einfach, weil es von früh morgens bis spät abends angenehm warm ist. Und was gibt es Romantischeres, als einen Strandspaziergang bei lauem Lüftchen, während die Sonne langsam im Meer versinkt?

Literatopia: Was reizt Abby an dem verschlossenen Leo so, dass er sie auf die Palme bringt? Und was gefällt Leo an Abby?

Kira Licht: Zunächst mal: Der Roman wird als „lockere Sommerlektüre für zwischendurch“ beworben, doch das Buch behandelt auch ernste Themen. Leo muss die Schule wechseln, weil er vor einigen Wochen seinen Vater bei einem Verkehrsunfall verloren und seine Mutter sehr schnell wieder geheiratet hat. Seine Schwester Allegra ist seitdem depressiv und auch seine Mutter läuft vor diesem Verlust davon, indem sie sich in die Ehe mit einem neuen Mann stürzt. Leo versucht krampfhaft, seine Familie irgendwie zusammen zu halten und gleichzeitig die eigene Trauer zu verarbeiten.

Abby hingegen sieht sich mit dem Problem konfrontiert, dass ihre Eltern wie automatisch davon ausgehen, dass sie die elterliche Firma übernehmen wird. Doch sie möchte etwas ganz anderes studieren, etwas Ungewöhnliches und etwas, das den Eltern garantiert nicht gefallen wird. Auch ihre Freunde sehen in ihr nur das blonde Beach Babe, dem alles so zufällt. Nun, da das letzte Schuljahr anbricht, kämpft Abby mit sich, ob sie dieses sehr anspruchsvolle Studium intellektuell und emotional wirklich packt. Sie hat viele Freunde und doch hat sie niemanden, dem sie sich wirklich anvertrauen kann. Sie muss eine schwerwiegende Entscheidung für ihre Zukunft treffen, und sich nicht nur dem Protest ihrer Eltern, sondern auch dem Unverständnis ihrer Freunde stellen.

Der Roman hat deutlich mehr Tiefgang als der Klappentext suggeriert. Einerseits ist das vielleicht ganz gut, denn wenn man wenig erwartet ist man vielleicht erfreut, wenn man mehr bekommt. Andererseits könnte ich mir vorstellen, dass Leser auch enttäuscht sind, wenn sie nach einer lockeren Sommerlektüre greifen wollen und in „Sunset Beach“ eine Geschichte finden, die mehr als nur an der Oberfläche kratzt.

Leo ist introvertiert und grüblerisch veranlagt. Menschen, die ihn nicht kennen, halten ihn deshalb oft für arrogant. Leo hatte keine Lust auf diesen Umzug nach Kalifornien und auch seinen neuen Stiefvater kann er nicht besonders gut leiden. Er will das letzte Schuljahr in Kalifornien einfach hinter sich bringen und dann zurück an die Ostküste ziehen. Er will keine neuen Freunde finden und erst recht will er kein Mädchen in sein Herz lassen. Er reagiert so verschlossen, weil er diese rationale Entscheidung vor seine wahren Gefühle stellt. Er will es nicht zulassen, dass er Abby mag. Das hat er so entschieden. Aber ob er das wirklich schafft, ist eine ganz andere Sache.

Leo gefällt an Abby vor allem, dass sie alles so positiv sieht. Leo ist durch ein Tal der Trauer gegangen und noch immer quälen ihn die Sorgen um seine Familie. An Abbys Seite entdeckt er eine gewisse Leichtigkeit wieder. Es ist heilsam und wichtig, auch mal eine gute Zeit zu haben, ohne dass man das, was im Leben wichtig ist, aus den Augen verliert. Und genau das zeigt Abby Leo.

Literatopia: Du bist in Deutschland und Japan aufgewachsen – wie hast Du Dich gefühlt zwischen zwei Kulturen? Und hat die Zeit in Japan das Schreiben beeinflusst?

Kira Licht: Die Zeit kurz nach dem Umzug war natürlich ein Kulturschock. Man geht durch die Straßen und kann plötzlich kaum noch etwas lesen. Wir hatten zwar vorher alle etwas Japanisch gelernt, aber so gut waren wir dann doch noch nicht. Auch das Essen war eine Riesenumstellung. Zwar gab es zu der Zeit schon amerikanische Supermärkte, die sogar deutsche Produkte führten, aber gerade in der Schule bekamen wir mittags immer nur japanisches Essen. Das war schon eine heftige Umstellung, weil eigentlich alles nach Fisch schmeckt.

Doch in so jungen Jahren, ich war elf Jahre alt, adaptiert man neue Gegebenheiten einfach schnell. In kürzester Zeit waren wir verrückt auf das japanische Mittagessen und haben unsere Mom sogar gebeten, selbst japanisch kochen zu lernen. Auch mit der Sprache ging es dann relativ flott. Die Japaner sind Ausländern gegenüber wahnsinnig freundlich und sehr hilfsbereit. Ich habe nie eine schlechte Erfahrung gemacht, im Gegenteil, ich habe mich immer willkommen gefühlt.

Die Japaner sind sehr diszipliniert und Effizienz beim Arbeiten steht für sie an höchster Stelle. Ich glaube, mein generalstabsmäßig durchgeplanter Tagesablauf spiegelt meine Erfahrungen hier wider. Ich habe drei Schreibphrasen pro Tag. Dazwischen gehe ich mit dem Hund, koche oder beschäftige mich mit anderen Haushaltsdingen. Die Zeiten sind klar festgelegt, außer es kommt ein wichtiger Termin dazwischen, wie zum Beispiel der Gang zum Tierarzt oder wenn meine Oma mich dringend braucht. Ich nenne mich nicht gerne diszipliniert, weil das immer so nach Zwang klingt. Ich fühle mich sehr wohl in diesem Tagesplan und wenn nötig, bin ich eben flexibel.

Literatopia: Die Liebe zum Buch wurde Dir von Deinen Eltern und Großeltern vererbt. Was hat man Dir als Kind vorgelesen? Welche Bücher haben Dich geprägt?

Kira Licht: Als Kind hat man mir die klassischen Kinderbücher vorgelesen. Die Geschichten von Astrid Lindgren habe ich immer sehr geliebt. Außerdem habe ich eine Schwäche für Weihnachtsgeschichten. Wir hatten zwei große Kartons nur mit Weihnachtsbüchern, die im Advent vom Dachboden geholt wurden. Auf diese Zeit habe ich mich immer am meisten gefreut. Am meisten geprägt haben mich die Bücher, die ich gelesen habe, als wir nach Japan übergesiedelt sind. Dort an Lesestoff zu kommen war recht schwer. Also habe ich die Bücher gelesen, die meine Eltern mitgenommen haben. Von meiner Mutter habe ich besonders die Bücher von Margaret Atwood geliebt, obwohl ich rückblickend wohl noch etwas zu jung für diese Art von Lektüre war. Alice Munro, Doris Lessing, das war nicht unbedingt leichte Kost für einen „knapp, soeben Teenie“.

Mein Vater ist ein riesen Science-Fiction-Fan und besitzt hunderte dieser schmalen schwarzen Bücher von Heyne aus den Achtzigern. Isaac Asimov, Frank Herbert, Robert A. Heinlein… was habe ich sie geliebt. Ich war irgendwas zwischen zwölf und vierzehn Jahre alt und tief beeindruckt. Ich glaube, die Mischung dieser zwei unterschiedlichen “Geschmäcker“ meiner Eltern hat mich sehr geprägt. Auf einem unserer Heimurlaube habe ich mir dann die „Darkover“- Serie von Marion Zimmer Bradley gekauft. „Herrin der Stürme“ hat mir besonders gut gefallen und noch heute mag ich Geschichten, die an dieses Thema erinnern, wie zum Beispiel „Stormheart“ von Cora Carmack.

Literatopia: Was liest Du heute gerne? Hast Du aktuell ein Lieblingsbuch?

Kira Licht: Ich gestehe, ich bin sehr wankelmütig und verschenke mein Herz sehr freigiebig an neue Geschichten. Zurzeit bin ich schwer verliebt in die „Krähen“-Dilogie von Leigh Bardugo.

Literatopia: Herzlichen Dank für das Interview!

Kira Licht: Ich danke dir, liebe Judith. Das hat Spaß gemacht!


Autorenfoto: Copyright by Kira Licht

Rezension zu "Gold und Schatten - Das erste Buch der Götter"


Dieses Interview wurde von Judith Madera für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.