Tochter des Himmels. Die Frauen von Troja, Band 3 (Emily Hauser)

hauser tochterdeshimmels

Goldmann, 2019
Originaltitel: For the Immortal (2018)
Übersetzung von Sonja Hauser
Broschiert, 432 Seiten
€ 12,00 [D] | € 12,40 [A] | CHF 17,90
ISBN 978-3-442-48504-8

Genre: Historischer Roman


Rezension

Tochter des Himmels ist der Abschlussband in Emily Hausers Trilogie Die Frauen von Troja, thematisch verbundenen Büchern, die jedoch nicht zwingend in der Reihenfolge ihrer Veröffentlichung zu lesen sind. Der erste Band, Tochter des Sturms, hat die Geschichte von Briseis und Chryseis während des Trojanischen Krieges zum Inhalt. Der zweite Band, Tochter des Meeres, erzählt von Atalante, die Jason und die Argonauten auf der Suche nach dem Goldenen Vlies begleitet. Protagonistinnen in Tochter des Himmels sind die Amazonenkönigin Hippolyta und Admete, Tochter des Königs Eurystheus und der Antimache. Admete ist eine Priesterin der Hera und begehrt den Kampfgurt Hippolytas, ein Geschenk vom Kriegsgott Ares. Eine der zwölf Arbeiten des Herkules besteht darin, Admete diesen Gurt zu beschaffen. Eurystheus schickt deshalb Herkules in das Reich der Amazonen.

Zu Beginn von Hausers Erzählung liegt Admetes Bruder Alexander, Erbe des Königs, im Sterben. Obwohl Admete Heilerin ist, kann sie ihm nicht helfen. Sie überzeugt ihren Vater, Herkules zu den Amazonen begleiten zu dürfen, in der Hoffnung, bei diesen ein Heilmittel für ihren Bruder zu finden. Auch will sie die legendären Kriegerinnen kennenlernen und etwas über ihre Mutter, die Amazone ist und bei ihrem Volk als Verräterin verhasst, erfahren. Die Amazonen sind gegenüber den Fremden voller Argwohn, aber Hippolyta heißt sie nach den Regeln der Gastfreundschaft willkommen. Von den Amazonen erfährt Admete, dass ein Goldener Apfel aus dem Garten der Hesperiden ihren Bruder heilen dürfte. Herkules und seine Männer missbrauchen die Gastfreundschaft und zwingen die Amazonen in eine mörderische Auseinandersetzung. Die Beschaffung des Goldenen Apfels wird die zwölfte Arbeit des Herkules. Die Begegnung von Griechen und Amazonen wird das Leben Hippolytas und Admetes verändern.

Tochter des Himmels wird in wechselnder Ich-Perspektive von Admete und Hippolyta erzählt, die dritte Perspektive liefert der vielstimmige Götterhimmel. Dieser Ansatz findet sich auch im ersten Band der Trilogie. In den griechischen Götter- und Heldensagen ist Admete eine Nebenfigur. Hauser hat sie nicht nur zu einer der Hauptfiguren ausgebaut, sondern auch stark motiviert. Zu Beginn scheinen die Erzählungen nicht zusammenzuhängen. Aber auf dem Erzählpfad nähern sie sich einander an. Beide Frauen sind sehr unterschiedliche Charaktere mit sehr verschiedenem Lebenshintergrund, kennen sich aber mit der Kultur der Griechen und der Amazonen aus. Hippolyta hat ein Geheimnis aus ihrer Jugend vor ihrem Volk zu verbergen.

Die männlichen Figuren, die in der Geschichte Bedeutung haben, sind negativ gezeichnet. Alkides ist der Name des Herkules, den dieser trägt, bis er seine zwölf Arbeiten vollendet hat. Er ist ein eitler Mann, der sich nach Krieg, Beute und Unsterblichkeit sehnt. Gerne nennt er sich schon frühzeitig Herkules und wird auch von Freunden so angesprochen. Er ist Admete in Freundschaft verbunden und hofft auf eine spätere Ehe mit ihr. Theseus ist ein unangenehmer Zeitgenosse, der Hippolyta zwingt, ihn als seine Frau nach Griechenland zu begleiten. Er verspricht ihr, sie wie eine Königin zu behandeln, demütigt sie aber ständig. In manchen Fassungen des Mythos ist die Beziehung zwischen Theseus und Hippolyta durch Liebe bestimmt. Hauser hat sich für die Version entschieden, in der Hippolyta seine Gefangene ist. Hinzu kommt die Entführung der zwölfjährigen Helena von Sparta durch Theseus, der gerne zwischendurch Sex mit Mädchen hat. Während im Mythos Helena von ihren Brüdern Castor und Pollux befreit wird, geschieht dies bei Hauser durch Hippolyta.

Spät in der Geschichte führt Hauser einen großen Sprung durch, der sie fünfzehn Jahre in die Zukunft führt und in den Trojanischen Krieg. Hier lässt sie Fäden zusammenlaufen, die die drei Bände auch inhaltlich zur Trilogie fügen sollen und Hippolytas Beziehung zu Achill erklären. Wie in den beiden vorhergehenden Bänden erleben wir die Götter, wie sie auf die Welt der Sterblichen herabsehen, die Menschen interessiert oder gelangweilt beobachten, sich in der Absicht einmischen, ein bestimmtes Ergebnis zu erzeugen. Die Gespräche der Götter geben einmal mehr Anlass, über den Zusammenhang von freiem Willen und Schicksal nachzudenken.

Mehrere Mythen werden von Hauser berücksichtigt, die Arbeiten des Herkules, die Geschichte Hippolytas, Abenteuer von Theseus, der Herkules auf dessen Weg begleitet, schließlich der Trojanische Krieg. Im Anhang erklärt Hauser, warum sie gerade diese Mythen miteinander verknüpft hat, diese Charaktere ausgewählt hat, dass es eine Vielzahl von Erzählungen eines Mythos gibt, unterschiedlich gestaltet, interpretiert und bewertet. Die griechische Mythologie, die uns heute bekannt ist, ist tatsächlich kein geschlossenes Erzählsystem, sondern eine Sammlung von Mythen, die in verschiedenen Fassungen existieren.


Fazit

Emily Hauser beschließt mit Tochter des Himmels ihre Trilogie Die Frauen von Troja, im Original sachlich zutreffender Golden Apple Trilogy genannt. Handlungsorientiert und bildhaft erzählt sie miteinander vermengte Mythen, in deren Zentrum die Amazone Hippolyta und die Heilerin Admete mit ihrem je eigenen Blick auf die Geschehnisse stehen.


Pro und Kontra

+ Hauser legt die Quellen für die Geschichten offen, die sie aus antiken Götter- und Heldensagen übernommen hat

o Verwendung griechischer und lateinischer Namen durcheinander

Wertung:sterne4

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5


Rezension zu Tochter des Sturms

Rezension zu Tochter des Meeres