Der Manesse Verlag trauert um den spanischen Schriftsteller Francisco Ayala, der am Dienstag in Madrid im Alter von 103 Jahren verstorben ist.
Ayala
schrieb nicht nur Romane und Erzählungen, sondern auch soziologische
Standardwerke und Literaturkritiken. Zudem übersetzte er Werke von
Rainer Maria Rilke und Thomas Mann ins Spanische. Auf Deutsch erschien
von ihm unter anderem eine Auswahl von Erzählungen unter dem Titel «Der
Kopf des Lammes» (2003) und der Roman «Wie Hunde sterben» (2006), beide
in der Manesse Bibliothek der Weltliteratur in viel gelobter deutscher
Erstübersetzung durch Erna Brandenberger. Der promovierten Hispanistin
und Germanistin war es seit der ersten persönlichen Begegnung mit
Francisco Ayala 1969/70 ein Anliegen, ihn auch im deutschen Sprachraum
bekannt zu machen: «Mit Jahrgang 1906 ist Francisco Ayala einer der
letzten maßgebenden Zeugen des 20. Jahrhunderts. Er hat das Ende der
bürgerlichen Gesellschaft und den Verfall der abendländischen
humanistischen Werte miterlebt und als Hochschullehrer (er war während
der Spanischen Republik Professor für Völkerrecht), als Wissenschaftler
(sein dreibändiger ‹Tratado de sociología› von 1947 war jahrzehntelang
Standardwerk) und als Schriftsteller kritisch begleitet – seit seinen
avantgardistischen Anfängen im Umkreis von Ortega y Gasset, dann aus
dem amerikanischen Exil und wieder in Madrid seit dem Ende der
Franco-Diktatur.»
Für
den profunden Literaturkenner und -kritiker Paul Ingendaay gehören
manche von Ayalas Erzählungen «zur besten spanischen Prosa des
Jahrhunderts» (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5.4.2004) – «Mit fünfzig
Jahren Verspätung können wir einen Schriftsteller von hohen Graden
entdecken, der zum Bestand der europäischen Moderne gehört ... Die
Eleganz und makellose Klarheit seines Stils beförderten ihn ohne Umwege
ins Regal der Klassiker.»
Seinen
späten Ruhm kommentierte Francisco Ayala zuletzt anläßlich einer
Dankesrede mit den Worten: «Ich war so unklug, mich selbst zu
überleben, und finde mich nun im Glanz dieser Hommage wieder, für die
ich dankbar bin und die mich ein wenig beschämt. Denn manch einer
könnte sagen: Was machen Sie denn immer noch hier?»