Amrûn (März 2019)
Klappenbroschur, 290 Seiten, 13,00 EUR
ISBN: 978-3958693784
Genre: Fantasy / Horror
Klappentext
Sechs magische Kreise, gemacht aus dem Blut der Könige.
Auf der Suche nach Rettung für Gor gibt es nur ein Ziel: Den Seelenbrunnen. Hier muss Harmis sich Prüfungen stellen und unerwartete Entscheidungen treffen, die ganz Faar in den Abgrund reißen könnten - oder die Rettung für das Königreich bedeuten. Derweil bringt Alix den alten Kartografen Cormar nach Alaris zurück. Sie finden eine veränderte Stadt vor, der Wachsende Wald bedroht die uralten Mauern, die Bruderschaft regiert mit eiserner Hand. Unter der Stadt tobt der Kampf gegen die Meermenschen, die immer zahlreicher in die Höhlen vordringen. Hyron schließ sich dem Kampf von Juun und den Verstoßenen an, um die Heimat zu retten, aus der sie verbannt wurden.
Rezension
Seelenkrieger Gor hat im Kampf all seine Seelen verbraucht und ist so gut wie tot. Kartograf Harmis kann den Verlust seines Freundes nicht akzeptieren und reist mit dem Leblosen zum Seelenbrunnen, damit die Mönche Gor wiederbeleben. Dabei muss er nicht nur den riesigen Körper des Seelenkriegers bergauf wuchten, sondern auch Prüfungen bestehen und sechs magische, mit dem Blut von Königen gefüllten Kreisen überwinden. Während Harmis dem Wahnsinn mit jedem Schritt näherkommt, treffen sich Söldner Hyron und Vogelhändlerin Alix in der Hauptstadt Alaris. In den Straßen sind bereits erste Spuren des Wachsenden Waldes zu sehen, der mit jedem Tag näher rückt und alles auf seinem Weg in alptraumhaftes Grün verwandelt …
“Am Seelenbrunnen“ erzählt die Geschichte um Alix, Harmis und Hyron weiter und den Protagonisten ist es nicht vergönnt, gemeinsam zu kämpfen. Während Harmis am Seelenbrunnen mit finsteren Mönchen und deren wahnsinnigen Anführern konfrontiert wird, stellt sich Hyron in Alaris dem Kampf gegen die Meermenschen, die ebenso wie der Wald immer näher kommen. Doch gegen die vom Ozean veränderten Menschen kann er wenigstens das Schwert schwingen, während der Wald scheinbar unaufhaltsam ist. Alix dagegen schließt sich Harmis‘ Ziehvater Cormar an, der seine riesige Büchersammlung vor dem Wald retten will und die Flucht plant. Seit der Begegnung mit dem Blinden Wächter (in Band 2) wird sie von grausigen Visionen geplagt und auch das Mal des Ozeans lastet auf ihrem Körper und ihrer Seele.
Der Fokus liegt diesmal stark auf Harmis, der für seinen alten Freund Gor sprichwörtlich durch die Hölle geht. Am Seelenbrunnen erwartet ihn der blanke Horror, denn die Mönche helfen zwar dem Seelenkrieger, doch sie haben auch ihre Pläne mit Harmis. Ihm soll eine große Macht geschenkt werden, doch der Preis ist enorm hoch – und auch wenn die Mönche behaupten, er habe die Wahl, wird schnell klar, dass Harmis Schicksal besiegelt ist. Die Reise zum Seelenbrunnen lässt Harmis spürbar reifen: Obwohl er grausige Erfahrungen macht, wirkt er bald gefestigt und stärker. Alix dagegen, die im zweiten Band zu einer facettenreichen Figur gereift ist, verblasst im dritten Band wieder. Einziges Merkmal ihres Handlungsstrangs sind die alptraumhaften Visionen, ansonsten lässt sie sich von Nebencharakteren mitziehen.
Hyron, der vom ersten Band an viel Kontur besaß, macht das, was er am besten kann: Sich in den Kampf stürzen. Dabei muss er wieder einmal auf den neben ihm einzig verbliebenen Sohn der Schande Syuk verzichten. Der Meermensch nimmt einen anderen Weg nach Alaris und verschwindet bis zum Finale von der Bildfläche. Es wirkt fast, als könne der Autor mit dem eigentlich sehr interessanten Charakter nichts anfangen. Syuk tritt nur auf, wenn es die Handlung erfordert, und ist somit leider nur ein blasser Nebencharakter. Hyrons alte und neue Freundin Jelveedi hingegen trägt mehr zur Handlung bei und überzeugt als starke Frauenfigur.
Auch in „Am Seelenbrunnen“ wird die Inspiration durch Lovecrafts Werke deutlich. Die düstere Fantasywelt Faar versprüht eine beklemmende Atmosphäre und sieht sich zahlreichen Bedrohungen gegenüber: Der Wachsende Wald verwandelt das Land in einen wuchernden Alptraum, Menschen werden vom Mal des Ozeans grausam entstellt und von ihresgleichen gejagt und ermordet und die Bruderschaft vom Goldenen See missbraucht ihre Macht, statt Faar zu verteidigen. Christian Günther stattet seine Welt mit vielen Details aus und sein stimmungsvoller Schreibstil zieht den Leser in die Geschichte hinein. Wie im ersten Band wird die Handlung jedoch in der zweiten Hälfte zu kleinteilig, die Kapitel werden immer kürzer und Perspektivenwechsel entsprechend schneller. Das schürt zunächst Spannung, doch das Finale zieht sich zu sehr in die Länge und am Ende geht alles so schnell, dass man sich überrumpelt fühlt. Das offene Ende ist zudem im Hinblick daraus, dass noch kein Erscheinungstermin für den vierten Band steht, etwas unbefriedigend.
Fazit
“Am Seelenbrunnen“ lebt wie die Vorgängerbände von der dichten, düsteren Atmosphäre und dem Grauen alptraumhafter Kreaturen und Rituale. Je weiter die Protagonisten gehen, desto mehr Wahnsinn erwartet sie – doch sie wachsen auch über sich hinaus und trotz ihrer großen Taten wirken sie stets menschlich, fehlerhaft und dabei aufrichtig und mutig.
Pro und Contra
+ der Wahnsinn der Mönche des Seelenbrunnens
+ Harmis wächst über sich hinaus und wird spürbar stärkerbr
+ Hyron als gealterter Krieger
+ Horrorelemente á la Lovecraft
+ sehr atmosphärisch geschrieben
- Syuk und Gor kommen weiterhin zu kurz
- Alix verblasst wieder
Wertung:
Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5
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