Red Sister (Mark Lawrence)

Ace (2017)
Taschenbuch
496 Seiten, 8,00 EUR
ISBN: 978-1101988879

Genre: Fantasy

"Red Sister" ist in einer Übersetzung von Frank Böhmert bei FISCHER Tor als „Waffenschwestern“ erschienen.


Klappentext

At the Convent of Sweet Mercy, young girls are raised to be killers. In some few children the old bloods show, gifting rare talents that can be honed to deadly or mystic effect. But even the mistresses of sword and shadow don’t truly understand what they have purchased when Nona Grey is brought to their halls.

A bloodstained child of nine falsely accused of murder, guilty of worse, Nona is stolen from the shadow of the noose. It takes ten years to educate a Red Sister in the ways of blade and fist, but under Abbess Glass’s care there is much more to learn than the arts of death. Among her class Nona finds a new family—and new enemies.

Despite the security and isolation of the convent, Nona’s secret and violent past finds her out, drawing with it the tangled politics of a crumbling empire. Her arrival sparks old feuds to life, igniting vicious struggles within the church and even drawing the eye of the emperor himself.

Beneath a dying sun, Nona Grey must master her inner demons, then loose them on those who stand in her way.


Rezension

Die Welt von „Waffenschwestern“ wird von einer sterbenden Sonne beschienen und der dünne Korridor bewohnbaren Landes zwischen von den Polen herabkriechenden Eismassen schrumpft beständig. Reste hochentwickelnder Technologien künden von den raumfahrenden Zivilisationen, deren Nachkommen die Menschen des Korridors sind. In der Gegenwart erinnert ihre Lebensweise jedoch eher ans Mittelalter: Kaiser, Adel und Kirche ringen um die Macht. Es ist eine düstere, atmosphärische Welt, die Mark Lawrence mit seinen Schilderungen gut zum Leben zu erwecken weiß: Man kann sich geisterhafte Wälder voller Eis und Dunkelheit und Gefahren ebenso gut vorstellen wie das wohlige Gefühl, aus der Kälte in den warmen Wasserdampf des Badehauses des Konvents der Süßen Gnade zu treten. In Weltenbau und Magiesystem stecken viele innovative Details, die ich hier nicht alle beschrieben möchte.

Nona, ein neunjähriges Mädchen von einem Dorf an der Grenze zum Eis, wartet auf den Tod – sie hat den Sohn eines mächtigen Adligen schwer verletzt, um eine Freundin zu beschützen, und soll nun gehängt werden. Doch Äbtissin Glass, deren politisches Geschick immer wieder zum Staunen anregt, rettet sie und bringt sie in den Konvent der Süßen Gnade. Hier durchlaufen Nona und andere Novizinnen ein anspruchsvolles Training, dass sie darauf vorbereitet, der Kirche als gewöhnliche Nonnen, aber vielleicht auch als Kriegerinnen, Spioninnen oder Zauberinnen zu dienen. Auf den ersten Blick wirkt der Konvent abgeschieden, aber der Hass von Nonas Feinden und eine Prophezeiung, an die zu viele Menschen glauben, als dass man sie einfach ignorieren könnte, machen nicht vor seinen Mauern halt. Immer wieder gerät Nona in gefährliche Situationen, bei denen mehr auf dem Spiel steht als ihr eigenes Leben.

„Red Sister“ ist eine Schulgeschichte. Wir sehen Nona zu, wie sie, mal mit mehr, mal mit weniger Schwierigkeiten, verschiedene Fächer meistert, vor allem aber, wie sie unter den anderen Novizinnen Freundinnen und Feindinnen findet und öfter ihre Meinung über sie revidieren muss. Die Art, wie sich Grüppchen bilden, Beziehungen wachsen und sich verändern, ist gut gezeichnet, auch wenn gerade in den Gesprächen der Novizinnen eines deutlich wird: Realismus wird hier eher kleingeschrieben. Egal ob neunjähriges Mädchen oder Person in einer Situation, in der eigentlich unartikulierte Angstschreie zu erwarten wären: In diesem Buch hat jede*r zitierfähige Worte auf den Lippen. Weil sie sich aber – genau wie die Erzählpassagen – einfach so fantastisch lesen, ist es leicht, darüber hinwegzusehen. Mit den Kampfszenen verhält es sich ähnlich. Sie werden nur durch die Eigenheiten von Magie und Weltenbau davor gerettet, völlig überzeichnet zu erscheinen, aber funktionieren gleichzeitig als kathartische, bildgewaltige Explosionen extremer Gewalt sehr gut.

Nona bringt eine ganze Reihe dunkler Geheimnisse mit und entdeckt im Laufe des Buches ihr ungeahntes Potenzial für Zerstörung. Aber sie ist nicht nur eine gnadenlose Kämpferin, sondern auch eine loyale Freundin, die andere besser verstehen lernen möchte und die im Konvent ein Zuhause findet. Wie sie selbst sind auch die anderen Novizinnen und Schwestern gut gezeichnet, mit ihren eigenen Persönlichkeiten und Motiven und einem Leben, das weitergeht, wenn Nona den Raum verlässt, zum Beispiel wird deutlich, dass zwei der Schwestern ein Paar sind.

„Red Sister“ präsentiert Leser*innen eine spannende Frage nach der anderen. Magie und Welt werden nicht vollends erklärt – die Figuren selbst haben zahlreiche offene Fragen – und auch viele Charaktere, allen voran Äbtissin Glass, die Pläne hinter Plänen hinter Plänen hat, lassen sich nicht in die Karten schauen. Nonas Vorgeschichte wird Stück für Stück enthüllt, und die drei Ausblicke in die Zukunft der Figuren, die die Geschichte einrahmen, lassen rätseln, welche Erlebnisse die Novizinnen von den Frauen aus Prolog, Epilog und Zwischenspiel trennen. Wahrscheinlich gibt es die Antworten in Band zwei und drei der Trilogie, deren Auftakt „Red Sister“ ist.


Fazit

Mark Lawrence‘ lyrische Sprache und immer neue Enthüllungen über seine innovativ gebaute, sterbende Welt und die einprägsamen Figuren machen es schwer, „Red Sister“ zur Seite zu legen.


Pro und Contra

+ einprägsame Figuren mit vielen Geheimnissen
+ Freundschaft zwischen den Novizinnen
+ innovative Welt und Magie
+ spannende Wendungen und Enthüllungen
+ lyrische Sprache

- Aussetzung des Unglaubens ist hier manchmal harte Arbeit

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5


Rezension zu "Grey Sister" (Bd. 2)

Rezension zu "Holy Sister" (Bd. 3)

Rezension zu "Prince of Fools" (Red Queens War, Bd. 1)

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