Das dunkle Wort (Sylvia Englert)

Englert Sylvia Das dunkle Wort

Knaur Verlag, 1. Auflage, März 2018
Taschenbuch, 394 Seiten,
12,99 Euro [D] 13,40 Euro [A]
ISBN-13: 978-3-42652-107-6

Genre: Fantasy


Klappentext

Er war der größte Magier seiner Generation – bis er sich zu tief in die Dunkelheit wagte. Wie weit wird er nun gehen, um seine Heimat zu retten?
Das Orchideenreich Skaidar schwebt in höchster Gefahr: An seiner nördlichen Grenze ist ein Heer aufmarschiert, das von unheimlichen Glasklingen-Kriegern begleitet wird, während gleichzeitig ein seltsamer Zauber von der Hauptstadt ausgehend immer weitere Teile des Landes zu Kristall erstarren lässt. Nur ein Mann kann jetzt noch helfen, und so schickt Idassa, oberste Magierin und Beraterin des Königs, einen verzweifelten Hilferuf an ihren ehemaligen Mentor Terwyn. Doch der sich hat geschworen, nie wieder Magie einzusetzen, seit er eine nicht wiedergutzumachende Schuld auf sich geladen hat …


Die Autorin

Sylvia Englert hat Anglistik, Amerikanistik und Germanistik studiert und schrieb als Journalistin unter anderem für die Süddeutsche Zeitung. Ihre Fantasy-Romane für Jugendliche unter dem Pseudonym Katja Brandis stehen regelmäßig auf der SPIEGEL-Bestsellerliste, nun hat sie mit Das dunkle Wort einen Roman für Erwachsene vorgelegt. Wenn sie nicht gerade um die Welt reist, lebt sie mit Mann, Sohn und drei Katzen in der Nähe von München.


Rezension

Terwyn del Crasta hat einen Eid geschworen: Nachdem seine Experimente mit der dunklen Magie zum tragischen Tod zweier geliebter Menschen führten, will er nie wieder Magie ausüben. Selbst das Gesuch einer verzweifelten Mutter, die Hilfe für ihre kranke Tochter sucht, lehnt er schweren Herzens ab. Kurz darauf wird sein selbst gesuchtes Exil in den Bergen allerdings erneut gestört, ein ehemaliger Schüler und Mitglied seines Zirkels sucht ihn auf. Denn das Königreich schwebt in großer Gefahr. Mächte aus dem Bornland haben sich gegen das Reich erhoben und mit ihnen kommt eine grausame Waffe. Vom Herzen des Orchideenreiches breitet sich eine schleichende Magie aus, die alles, was sie berührt, in Kristall verwandelt. Während sich Terwyn aufmacht, um mit seinem alten Zirkel eine Möglichkeit zu suchen, das Kristall zu stoppen, begeben sich die hilfesuchende Mutter Inyra und ihr Baby mit Inyras Neffen zur Hauptstadt – unwissend der Gefahr, die ihnen von dort aus entgegenkommt. Auch die Händlerin Rhi hat sich auf den Weg gemacht. Am Flussufer ihres Heimatortes hat sie zwei seltsame Fremde bei einem magischen Ritual beobachtet, das Hinweise auf die Hintergründe des Kristalls geben könnte. Nun sucht sie einen Magier, der ihre Beobachtungen an den König und seinen magischen Zirkel weiterleiten kann – ein schwieriges Unterfangen in einem Land, das von Panik und Unruhen zerrüttet ist. Nur, wenn Terwyn, Inyra und Rhi ihre Grenzen überwinden können sie Skaidar vor dem Untergang retten …

Sylvia Englert wählt für ihren Fantasy-Roman drei parallele Erzählstränge: Das ist zum einen Terwyn, den Wissendurst, Unachtsamkeit und Arroganz nicht nur zum Gesetzesbrecher, sondern schlussendlich zum fahrlässigen Mörder machten, Inyra, eine einfache Bürgerin, die auf der Suche nach Hilfe für ihre Tochter in die Wirren des Krieges gerät und die junge Händlerin Rhi, die ihren Handelsposten zurücklässt, um eine wichtige Nachricht zu überbringen. Während sich der Sünder in eine Reise in die Vergangenheit begibt, über seinen Zirkel wieder in Ränke des Königshofes und auch die Magie zurückfindet und nach einer magischen Lösung sucht, sind die Erzählstränge der beiden Frauen handlungsgetrieben und bodenständig: Hunger, Gewalt, der Atem des Todes im Nacken. Beide Frauen müssen so manches Unbill ertragen und benötigen Einfallsreichtum und Durchhaltevermögen, um ihren Weg zu meistern. Zudem bekommen beide von der Autorin einen fähigen Begleiter, Inyra findet diesen in ihrem Neffen und Rhi hat einen Zwergdrachen dabei, der für Unterhaltung und Abenteuer sorgt.

Was die Handlungsstränge der Frauen an Spannung liefern, bremst Terwyn in seiner Geschichte aus. Nicht nur zahlreiche Dialoge und theoretische Hintergründe zur Magie, vor allem die zahlreichen Rückblenden in Terwyns Vergangenheit stören den Lesefluss. Über Seiten hinweg erleben wir Terwyns erste Begegnung mit seiner Frau, ihre Liebesgeschichte und das tragische Ende – erfahren dabei aber wenig Neues, da das tragische Schicksal von vorneherein bekannt ist. So wirken die Zeilen nahezu wie Lückenfüller, ein kurzer Liebesroman im Fantasybuch. Einzig Terwyns Ausflüge in die Magie, die in Englers Roman aus Strömen entspringt, die die Magiewirkenden durch die Anwendung eines Wortes und Konzentration anzapfen können, sind neu und somit aufregend.

Neben der Idee der magischen Ströme bzw. der Welt, in die das dunkle Wort entführt, wartet Engler mit vielen interessanten Einfällen auf – sei es der magische Kristall, der die Welt und alles, was er berührt, verzehrt, die magischen Eigenschaften der Orchideen oder die ungewöhnliche Natur der Gegenspieler des Orchideenreiches. Auch die Szenen mit den Wasserdrachen oder Rhis Zwergdrachen lassen das Herz des Lesers höher schlagen. Das der Funke dennoch nicht komplett überspringt, mag an den Rückblenden oder Terwyns trockenem Charakter liegen. Die teilweise recht langen Kapitel ziehen sich mitunter und auch der schnörkellose, moderne Schreibstil verhindert ein Einfinden in die Charaktere und die Welt. So wirkt alles am Ende nur angerissen und nicht zu Ende gedacht, z.B. kostet die Anwendung von Magie die Lebenszeit des Anwenders. Dies ist an sich eine schöne Idee, dennoch gehen die Magiewirkenden mitunter sehr leichtfertig damit um und verwenden sie für Kleinigkeiten.


Fazit

Silvia Anglert entführt mit Das dunkle Wort die Leser in ein mystisches Reich, das von magischen Orchideen und Drachen bevölkert wird. Als das Reich von sich ausbreiteten Kristall verschlungen wird, kämpfen der Magier Terwyn, die Händlerin Rhi und die Mutter Inyra um das Überleben. Trotz spannender Handlung und gutem Konstrukt bleibt ein Gefühl von verschwendetem Potenzial, das in der Welt und in der Geschichte steckt, irgendwo zwischen Terwyns Selbstzerfleischung und seinen Romanzen. 


Pro/Contra

+ Weltengestaltung und Drachen
+ Hintergründe der Magie
+ Charaktere

o moderne, bilderarme Sprache

- fehlende Charaktertiefe

Bewertungsterne4

Charaktere: 4/5
Handlung: 4,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5